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Linksbündig Rot-grün "entschädigt" regierungstreue Homosexuellen-Vereine für NS-Unrecht

Zum diesjährigen Christopher-Street-Day am 24. Juli wird die Bundesregierung der lesbisch-schwulen Community ein unerwartetes Geschenk machen: eine Stiftung öffentlichen Rechts, die, so der erst vor ein paar Tagen bekannt gewordene Gesetzentwurf vom 4. Juni 2002, "im Sinne eines kollektiven Ausgleichs das von den Nationalsozialisten an den Homosexuellen verübte Unrecht" anerkennt und die homosexuelle Bürger- und Menschenrechtsarbeit fördern soll. Als Zweck der Stiftung gibt die Bundestags-Drucksache 14/9218 an, "homosexuelles Leben im Gebiet der Bundesrepublik zu Deutschland wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen, die nationalsozialistische Verfolgung homosexueller in Erinnerung zu halten ... Menschenrechtsarbeit im Ausland zu unterstützen sowie das Gedenken an Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen." Nach dem von den Nazis vertriebenen jüdischen Arzt und Sexualforscher (1868-1935) soll die Stiftung benannt sein; kosten lässt sich die Bundesregierung das ganze Projekt 15 Millionen Euro.
Eine gute Sache also? Ungewöhnlich schnell und ohne jede öffentliche Diskussion - schon gar nicht in der Lesben- und Schwulenszene - sollte der Entwurf das Parlament passieren. Die Abstimmungsprozesse im Vorfeld atmeten, wie schon beim blamablen Ende des "Reformprojekts" Homo-Ehe, einen merkwürdigen Geist von Heimlichkeit. Der Vorgang ist damit symptomatisch für die vielgepriesene "moderne" Gleichstellungspolitik à la Rot-grün, nicht zuletzt wegen des Ausschlusses zahlreicher betroffener (allerdings regierungskritischer) Gruppen und wachsender Selbstbedienungsmentalität von Homopolitikern der Koalition im Hinblick auf ihre eigenen Verbände. Denn "ausgeglichen" werden mit dieser Stiftung nicht etwa individuelle Haft, Folter, Hunger und der Versuch der Vernichtung durch Arbeit, wie sie tatsächlichen homosexuellen NS-Opfern wiederfuhr, sondern "die Zerschlagung der schwulen und lesbischen Infrastruktur". Faktisch erkennt die Koalition mit ihrem Stiftungsgesetz zwar an, dass legitime Ansprüche wirklicher NS-Opfer an den Rechtsnachfolger des "Dritten Reiches" weiter offen sind, überführt aber zugleich deren einst privaten, von den Nazis requirierten, teils "arisierten" Besitz wie Lokale, Verlage oder Teile von Nachlässen kurzerhand in kollektives Eigentum beziehungsweise in die Verfügungsgewalt von Gruppen, denen kein einziges NS-Opfer angehört und deren älteste erst weit nach 1945 gegründet wurde.
Entsprechend fragwürdig ist die Liste der neun per Gesetz fürs Stiftungskuratorium vorgesehenen Vereine. Während die wirklichen Opfer dieser Schlussstrichpolitik Dank Rot-grün endgültig leer ausgehen, verfolgen die Vereine ein politisches oder wirtschaftliches Eigeninteresse, das nichts mit dem "Ausgleich" für die NS-Verfolgung zu tun hat. Die Sexualwissenschaft findet sich in der sich mit dem Namen eines Sexualwissenschaftlers schmückenden Stiftung hingegen überhaupt nicht wieder, Historiker sind eher eine Randerscheinung. Der berechtigte Unmut der Szene über diese ausgemachte Kungelei reicht von scharfer Ablehnung bis hin zu deutlicher Kritik selbst jener Organisationen, die die Stiftung als solche unterstützen.
So musste der Landesverband des nordrhein-westfälischen Lesben- und Schwulenverbands (LSVD), Heimatverband des grünen Abgeordneten Volker Beck, vor wenigen Wochen Insolvenz anmelden, nachdem der Landesrechnungshof die Zweckentfremdung von Geldern moniert und deren Rückzahlung verlangt hatte. Jahrelang hatte der Verein Strukturen und politische Arbeit nur mit Zuwendungen der rot-grünen Landesregierung finanzieren können. Doch während die Kölner Bezirksregierung den Bürgerrechts-Verband inzwischen von weiteren Zahlungen kategorisch ausschloss, soll nun ausgerechnet dessen Überleben mit gleich zwei Sitzen im Kuratorium gesichert werden. Denn das Kuratorium wiederum wird über die Vergabe von Mitteln für jene vom LSVD betriebene homosexuelle Bürgerrechtsarbeit entscheiden. Das Wort von der Korruption ist in der Diskussion längst gefallen.
Immerhin hat die derzeitige Bundesregierung bewiesen, dass sie aus Fehlern ihrer Vorgänger bei der Finanzierung von Wahlkämpfen gelernt hat: Wer NS-Opfern geraubtes Geld gleich per Gesetz an die eigenen Lobbyvereine überweist, kann sich das Brimborium um Schweizer Schwarzgeldkonten und angebliche Erbschaften im Ausland verstorbener jüdischer Bürger sparen.

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