Ein Verlobungsring steckt an ihrem Finger, eine Menschenmenge jubelt ihr zu, und eine Tiara ziert ihre hochtoupierte blonde Mähne: Barbara (Gemma Arterton) wurde soeben zur „Miss Blackpool“ gekürt und hat damit den Höhepunkt dessen erreicht, was ihre Heimatstadt einer jungen Frau im Jahr 1964 zu bieten hat. Doch statt weiter brav in die Kamera des anzüglich daherredenden Fotografen zu lächeln und sich auf ihre Auftritte bei Supermarkteröffnungen zu freuen, setzt sich Barbara kurzentschlossen in den nächsten Zug nach London, um im Showgeschäft durchzustarten – sie will ihrem Vorbild Lucille Ball nacheifern.
Die amerikanische Schauspielerin Lucille Ball avancierte in den 1950ern mit ihrer Sitcom I Love Lucy zum Comedy-Star und etablier
y-Star und etablierte sich in den 1960ern als erfolgreiche Film- und Serienproduzentin. Ein britisches Pendant gab es damals noch nicht. Schriftsteller Nick Hornby, bekannt für Gegenwartsbetrachtungen über Popkulturelles und Beziehungen, füllte die historische Lücke mit der fiktiven Hauptfigur seines 2014 erschienenen Romans Funny Girl. Diesen hat Oliver Parker (Ernst sein ist alles) nun unter dem leicht abgewandelten Titel Funny Woman in einer Serie adaptiert.Wie der Roman schildert Funny Woman zunächst Barbaras harte Anfänge in London: Da sie über keinerlei Kontakte ins Showgeschäft verfügt, schlägt sie sich vorerst als Verkäuferin in der Hutabteilung eines edlen Kaufhauses durch. Die Bezahlung ist so dürftig, dass sie dankbar ins winzige Ein-Zimmer-Apartment ihrer Kollegin Marjorie (Alexa Davies) einzieht. Über ernüchternde und traumatisierende Umwege gelangt Barbara schließlich an den bissigen Agenten Brian Debenham (kaum zu erkennen unter der alternden Maske: Rupert Everett) und dessen Assistentin und Ehefrau Patsy (Morwenna Banks, die auch die Drehbücher für diese Serie schrieb). Brian legt Barbara den seiner Ansicht nach weniger provinziell klingenden Künstlernamen Sophie Straw nahe. Nichtsdestotrotz rasselt sie aufgrund ihres zu wenig „poshen“ Äußeren und ihres mit der Arbeiterklasse assoziierten Dialekts durch sämtliche Vorsprechen für kleine Theaterrollen. Erst als sie auf die Comedy-Truppe um den Produzenten Dennis Mahindra (Arsher Ali) trifft, wird ihr komödiantisches Talent erkannt. Obgleich Gemma Artertons sympathische Darbietung als arglose, aber keinesfalls unkluge Barbara der Serie bis hierhin schon einige Anziehungskraft verleiht, ist es ein Gewinn, dass die Serie den Fokus von der Emanzipationsgeschichte um Barbara auf gesamtgesellschaftliche Betrachtungen ausweitet.So zeigen die weiteren Folgen den rasanten Aufstieg der von Dennis produzierten TV-Sitcom „Jim & Barbara“, in der Barbara die aus der Arbeiterschicht stammende Gattin von Upperclass-Jim mimt. Der Humor ist von der Gegensätzlichkeit dieses jungen Paars geprägt, wobei Dennis und seine Koautoren Bill (Matthew Beard) und Tony (Leo Bill) in der Show zunehmend Kritik an Klassismus, Rassismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit in der britischen Gesellschaft üben wollen. Erschwert wird ihnen dieses Ansinnen von Ted Sargent (Alistair Petrie), dem grimmigen Unterhaltungschef des fiktiven Senders TVC, der gern und häufig auf den gedruckten moralischen Leitfaden für die Sendungsgestaltung verweist. Witz und Charme gibt es in dieser ereignisreichen Aufstiegsgeschichte einer jungen Frau inmitten der gesellschaftlichen Umbrüche der Swinging Sixties zuhauf. Dabei sticht vor allem die besondere Dynamik zwischen Barbara und ihrem Team bei der Sitcom-Produktion hervor, während man über gelegentlich eingestreute alberne, aber unlustige Slapstick-Montagen galant hinwegsehen kann.Unübersehbar ist hingegen, dass es Funny Woman an Erzählrhythmus mangelt: Sich zum Ende hin überschlagende Figurenentwicklungen, plötzlich geraffte und zu rasch abgehandelte Erzählstränge deuten darauf hin, dass bei der Konzeption dieser Serie nicht feststand, ob man sich letztlich mit einer Miniserie begnügen muss. Das Ende macht daher nur leise Hoffnung auf eine Fortsetzung und wird passenderweise von Cass Elliots Song Make Your Own Kind of Music begleitet – auf dass Funny Woman im Fall weiterer Staffeln zu den hübschen Eigenheiten den besseren Takt findet.Placeholder infobox-1