Die akkreditierten Medien dürfen sich freuen: Sie dürfen am kommenden Montag die Gerichtsverhandlung gegen den nationalsozialistischen Untergrund von einem Presseplatz aus beobachten. Doch nun ist journalistische Moral gefragt, denn renommierte deutsche Blätter wie die Welt, die TAZ oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung haben den kürzeren gezogen und dürfen nicht vor Ort sein. Auch wenn das per se Schwachsinn ist, sollten solche Fragen eher hintergründlich behandelt werden. Immerhin geht es um die Aufarbeitung schrecklicher Ereignisse. Und in Wirklichkeit ist die Abwesenheit manches deutschen Mediums im Kern auch nicht das Problem des Akkreditierungsverfahrens.
Die zentrale Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Wieso hat man den ausländischen Pressevertretern nicht von vorne herein mehr Chancen eingeräumt, jenes Verfahren zu verfolgen, das die Ermordung von acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer anklagt? Man glaubt einen großzügigen Schritt auf die Medienvertreter und -Vertreterinnen im Ausland gemacht zu haben, als man ihnen bei 15 Plätzen die Aussicht auf Teilnahme anbot. Hingegen umfasst die Gruppe auf deutsch publizierender Medien 35 Presseplätze. Doch abgesehen von dieser ungerechten Zuweisung, ist das Verfahren auch handwerklich schlecht. Felix Werdermann, Politikredakteur dieser Zeitschrift, hat Recht, wenn er schreibt, dass weder das vom Bundesverfassungsgericht kritisierte Windhundprinzip noch das Losverfahren der Sache gerecht werden. Weiter heißt es, dass die Reichweite des einzelnen Mediums die entscheidende Rolle spielen müsse. Dieser Aspekt wurde bei der Verlosung der Plätze leider völlig außer Acht gelassen.
Wenn also die Medien die bellenden Wachhunde einer Demokratie sind, dann hätte man hier auf Ephraim Kishon hören müssen und diese Form der Journalisten - Akkreditierung ablehnen dürfen. Doch Hunde, die bellen, beißen nicht.
Stattdessen fahren wir Deutschen mal wieder gut damit, uns im Fall der Zwickauer Zelle zu viktimisieren und anzunehmen, wir hätten ein größeres Recht zur Teilnahme als ausländische Berichterstatter. Edmund Stoiber hat mal gesagt, es müsse Schluss damit sein, „die Bundesrepublik Deutschland des Jahres 2007 auf eine moralische Anklagebank zu setzen.“ Mal davon abgesehen, dass ich den Satz auch damals nicht hätte unterschreiben können, ist er heute fast ein Paradoxon. Denn es geht schließlich um einen politischen Prozess. Nicht wegen der politischen Motivation der Täter, sondern aufgrund des katastrophalen Versagens der deutschen Justiz. Das macht uns zu Mitschuldigen, die eher auf die Anklage- als auf die Zuschauerbank gehören.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.