Die Zeitschrift Cicero fühlt sich ermutigt, sich hinter das amerikanische Staatsoberhaupt und seine überwachungsstaatlichen Methoden zu stellen. Man würde ihn hier „zu Unrecht“ verurteilen. Und Moral sei in Wirklichkeit auch nur „die Macht der Machtlosen.“ Der Kern dieser Aussage ist aber eher traurig als wahr. Und wenn man solche Artikel mit Verstand liest, erkennt man zwischen den Zeilen noch eine weitere Botschaft: Wer viel richtig macht, darf viel falsch machen. Auch wenn der erste Afroamerikaner in diesem Amt wichtige innenpolitische Reformen auf die Agenda gebracht hat, ist er für viele Fehltritte im Kampf gegen den Terrorismus verantwortlich. Das mit dem Argument „viel richtig gemacht“ unter den Tisch zu kehren ist heikel. Dieses Denken entlastet auch hierzulande immer wieder Leute wie Uli Hoeneß oder Thomas de Maiziere. Doch in dieser Woche wird Obama sich erklären müssen. „Global Hawk“, Prism, Guantanamo etc. sind Ausdruck der Entwicklung Amerikas zu einem autoritären Staat. Der Sicherheitsexperte Prof. Armin Krishnan stellt fest, dass sich dieser Lauf der Dinge unter dem jetzigen Regierungschef nicht verändert hat, weil man die US- Rüstungsindustie als wichtigste Wachstumsbranche fördern will.
Der Friedensnobelpreisträger wird schon wissen, weshalb sein Land sich mehr und mehr zum asiatischen Großraum hingezogen fühlt und sich von uns abwendet. Europa ist anstrengend. Hier gibt es Gesetzte, die Menschen- und Bürgerrechte verteidigen und nicht zur Unterwerfung der Ungerechtigkeit dienen. Es mag naiv klingen zu glauben, dass die Situation in Europa eine bessere ist, doch legt der Artikel 2. des Vertrags über die Europäische Union fest: „Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.“
Die Praxis zeigt - es handelt sich hier nicht um hohle Phrasen, sondern um demokratische Grundsätze. Vielleicht würde den USA eine Institution vom Charakter eines Europarates ganz gut tun. Doch guter Rat ist hier teuer, denn wer in Verdacht gerät dieser Nation die Souveränität streitig zu machen, wird schnell als Gegenspieler aufgefasst. John F. Kennedy‘s „Ich bin ein Berliner“ haben wir von seinem ebenfalls demokratischen Nachfolger in diesen Tagen also nicht zu erwarten. Die Zeiten sind vorbei.
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