Grüß Gott, Ihr Ewiggestrigen

Einwanderung Die xenophoben Ausfälle der CSU sind keine Ausrutscher, das ist Haltung. Die westdeutsche Willkommenskultur sollte als Paradigma für die gesamte Bundesrepublik dienen.

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Wenn Roberto Blanco als „wunderbarer Neger“ bezeichnet und ein Mann in einem Flüchtlingsheim seiner Hoffnung beraubt wird, ist die CSU auf Deutschland Tournee. Restlos ausverkauft ist jedoch nur die Empathie der Christsozialen. Schon im Januar dieses Jahres konnte man auf SPIEGEL ONLINE lesen: „Kanzlerin Merkel kritisiert Pegida, die AfD verteidigt Pegida, die CSU klingt nach Pegida“. Wenn also Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei Frank Plasberg das böse N-Wort aus den Tiefen einer glücklicherweise verstaubten Rhetorikkiste herauskramt, kann man das ruhig als Freudschen Versprecher betrachten und nicht als bloßen Ausrutscher. Hinter dem Gesagten steckt nämlich eine Ideologie. Die „Stellt euch nicht so an!“ - Ideologie. In der taz konnte man dazu lesen: „Weshalb droht Menschen, die nicht von angeblich oder ernsthaft schlimmen Wörtern lassen wollen, der soziale Tod? Ist es böse, wenn einer das N-Wort sagt? Oder wenn einer von Behinderten und nicht von mobil Eingeschränkten spricht“. Die Antwort ist leicht: Ja.

Die CSU ist eine autoritäre Partei

In autoritären Gebilden gibt es eindeutige Hierarchien mit klar zu erkennenden Konfliktmustern. Jan Weyland beschreibt in seinem Buch „Theorie des Faschismus - Kritik der Gesellschaft“ das Dasein eines konformistischen Rebells: „Der ambivalente Wunsch, der Autorität anzugehören und sich ihr gleichzeitig zu unterwerfen, führt gemäß der damaligen Auffassung weiterhin dazu, dass das schwache Ich seine Aggressionen gegen Fremdgruppen richten muss, weil es nicht in der Lage ist, sie gegen Autoritäten der eigenen Gruppe zu richten.“ Die Unions - Schwester ist eine autoritäre Partei. Und sie rebelliert. Aber nicht gegen ihren Vorsitzenden. Auch nicht gegen Steuerbetrüger, Nepotismus oder Plagiatoren. Die CSU begehrt gegen die Schwachen und Randgruppen auf. Damit macht man sich in Bayern auch kaum Feinde. Folglich ist es in den Augen der bayrischen Sozialministerin, Emilia Müller, auch völlig in Ordnung gewesen, einem Kosovaren in einem Flüchtlingsheim zu sagen: „Sie wissen aber, dass Sie zurück müssen?“ Wenigstens gibt sie am Ende des Gespräches noch Hilfestellung und erläutert: „Die Situation im Kosovo ist schwierig. Der Staat muss mehr tun.“ Das ist natürlich ein brandheißer Tipp für den konsternierten Flüchtling von der Balkanhalbinsel. Manchmal kommt der Zynismus auch ganz und gar ungeschminkt daher und versteckt sich lediglich hinter einem süffisanten Grinsen.


Die westdeutsche Willkommenskultur als Vorbild

Die ostdeutschen Politiker wehren sich gegen die Behauptung, Fremdenfeindlichkeit wäre vor allem ein Problem in ihren Ländern. Auch die Kanzlerin will einen „Ost - West - Konflikt“ vermeiden. Und dank der bayrischen Hybris ist Selbstkritik im Freistaat sowieso exkludiert. Doch der wahre Konflikt besteht nicht in Form eines Disputs zwischen den Ländern, sondern ist ein Kampf der Ideologien. Ein Kampf der Antonyme links und rechts. Gut gegen böse. In Heidenau, Nauen oder Tröglitz gibt es keine Hoffnung. Wenn die Politik hier versagt, indem sie die Schwachen marginalisiert, lodert die Flamme der Ausländerfeindlichkeit bedrohlich auf. Demgegenüber steht eine westdeutsche Willkommenskultur. Wenn die Politik hier versagt, nehmen es viele Bürger einfach selber in die Hand und organisieren sich ehrenamtlich. Konkret: Die Initiative „Willkommen in Mülheim“ engagiert sich für die Menschen, die bei uns Schutz suchen. Zu dieser Hilfe zählt ein kostenloses Warenhaus für Flüchtlinge, aber auch Direkttransporte von Spenden in die Krisengebiete im Irak und in Syrien sowie „gemeinsame Veranstaltungen zum besseren gegenseitigen Kennenlernen um Berührungsängste abzubauen“, wie es auf der Homepage heißt. Wir brauchen diese egalitäre Arbeit. Wir brauchen Utopien. Was wir nicht brauchen, sind Rücksichtslosigkeit und Kaltherzigkeit. Davon gibt es schließlich schon genug.


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Geschrieben von

Dorian Baganz

Redakteur „Politik“, „Wirtschaft“, „Grünes Wissen“

Dorian Baganz, geboren 1993 in Duisburg, studierte Politik und Geschichte in London, Berlin sowie in Oslo. 2019 war er als Lokalreporter für die Süddeutsche Zeitung im Umland von München tätig. Seit 2022 ist er Redakteur beim Freitag und schreibt dort vornehmlich über Klimathemen und soziale Umbrüche. Gemeinsam mit Pepe Egger baute er ab 2022 das Nachhaltigkeitsressort „Grünes Wissen“ auf. Dort veröffentlicht er längere Reportagen, u.a. über geplante Gasbohrungen vor Borkum oder ein Wasserstoffprojekt in der Nordsee.

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