Was du heute kannst besorgen

Frauenquote Die Abstimmung über die Frauenquote ist durch geschicktes Taktieren unserer Kanzlerin gescheitert. Ein schwacher Kompromiss schuf in letzter Minute Abhilfe.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Der deutsche Journalist Ludwig Börne hat mal gesagt: „Das Geheimnis der Macht besteht darin, zu wissen, dass andere noch feiger sind als wir.“ Dies zeigt gut, was die Regierungschefin gedacht haben muss, als sie vor dem 18. April versuchte, die Befürworter der Frauenquote auf ihre Seite zu ziehen. Eine Seite, die den längst überfälligen Schritt in Richtung Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ablehnt. Wie es dort hinter den Kulissen zugegangen ist, darüber kann man wohl nur spekulieren. Doch spätestens seit dem eiskalten Rausschmiss des damaligen Bundesumweltministers Norbert Röttgen wissen wir ja, wie unnachsichtig die CDU Chefin werden kann, wenn es darum geht, ihre Macht zu sichern. So kann man sagen, dass Frau Merkel wie eine Getriebene dem liberalen Koalitionspartner nach dem Mund redet, denn nichts fürchtet man bei den Christdemokraten zur Zeit mehr, als einen Koalitionsstreit so kurz vor der Wahl. Sie weiß, dass man auf Dauer um eine solche Entscheidung, wie sie am Donnerstag in Berlin abgelehnt wurde, nicht herumkommt. Auch weil manche unserer europäischen Nachbarn uns in Bezug auf Genderquoten mal wieder einen Schritt voraus sind. Vorreiter sind hier Norwegen, Frankreich, Spanien und Island. Doch weiß sie auch, dass sie im Jahr 2020, wenn nach Beschluss des CDU Vorstands eine 30 Prozent Quote für Frauen in Aufsichtsräten eingeführt werden soll, nicht mehr Amtsinhaberin ist. Nach mir die Sintflut. Und die Frage des Tages bleibt die selbe wie vorher: Wer ist Angela Merkel und wieso kennen wir sie nach fast acht Jahren Regierungszeit noch so schlecht? Sie hat oftmals die Konservativen in ihrer Partei durch Kursänderungen verärgert. Der französische Politologe und Journalist Jean-Paul-Picaper hat in seinem Artikel „Zwischen Ultraliberaler und Kommunistin“ die Außenwirkung jener Frau beschrieben, über die man sich im In- und Ausland einfach nicht einig wird. Nun hat sie Kante gezeigt. Endlich, sollte man meinen. Doch ist das Ergebnis ein ernüchterndes. Gleichstellung von Mann und Frau ist den Christdemokraten anscheinend einen Tick zu modern. Sie werden es bereuen, denn wie heißt es so schön: Was du heute kannst besorgen...

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Dorian Baganz

Redakteur „Politik“, „Wirtschaft“, „Grünes Wissen“

Dorian Baganz, geboren 1993 in Duisburg, studierte Politik und Geschichte in London, Berlin sowie in Oslo. 2019 war er als Lokalreporter für die Süddeutsche Zeitung im Umland von München tätig. Seit 2022 ist er Redakteur beim Freitag und schreibt dort vornehmlich über Klimathemen und soziale Umbrüche. Gemeinsam mit Pepe Egger baute er ab 2022 das Nachhaltigkeitsressort „Grünes Wissen“ auf. Dort veröffentlicht er längere Reportagen, u.a. über geplante Gasbohrungen vor Borkum oder ein Wasserstoffprojekt in der Nordsee.

Dorian Baganz

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden