Es ist schön anzusehen, wenn sich Frau von der Leyen hinaus auf das Eis traut und nach eigenem Gewissen Position bezieht. Letztes Mal hat sich unsere heutige Verteidigungsministerin offen für die Frauenquote ausgesprochen. Das war mutig. Waffen an die Kurden im Irak liefern zu wollen ist hingegen kein Ausdruck politischer Waghalsigkeit. Besonders in Zeiten, in denen die Sozialdemokraten eine solche Entscheidung nicht nur mittragen würden, sondern eigens formulieren: „Humanitäre Hilfe für alle, die Schutz brauchen und die Hilfe gewähren, ist eine Selbstverständlichkeit, aber wir müssen schauen, ob wir nicht mehr tun können und mehr tun müssen“, wird Frank Walter Steinmeier in der Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert. Nun steht die Forderung im Raum den Amerikanern zu folgen und militärische Ausrüstung nach Vorderasien zu exportieren. Es war lediglich eine Frage der Zeit bis Gauck´s Verlangen nach mehr Pflichtgefühl der Bundesrepublik auf Sympathie und Gehör stößt.
Die USA fühlt sich seit dem Sturz von Saddam im Jahr 2003 für das Land verantwortlich. Klaus-Dieter Frankenberger ruft uns die Worte des damaligen Außenministers der Vereinigten Staaten, Colin Powell, der Bush genau auf diese Verantwortung aufmerksam machte, zurück ins Gedächtnis: „You own it.“ Heute wie damals brennt es einem auf den Lippen das Land der unbegrenzten Möglichkeiten an ihre eigenen Grenzen zu erinnern. Die einzige Verantwortung für den Irak liegt bei seinen Bürgern. Wer glaubt mit Waffen aus dem Westen dem Land Frieden im Krieg gegen die salafistische Terrororganisation IS zu bringen, hat dessen Wirkung nicht verstanden: „Geschütze verstehen nur den Krieg zu schützen“, hat der deutsche Journalist Manfred Hinrich einst gesagt. Und die deutsche Rüstungsindustrie jubelt. Den dritte Platz auf der Rangliste weltweiter Waffenexporte kriegt man schließlich nicht geschenkt. Nun gab es immer eine wählbare Alternative zur Kriegspolitik der vergangenen Jahre, die den Ausbruch aus dem Mainstream politisch zu nutzen wusste: Die Linke. Doch in diesem Konflikt ist auf die Friedenspolitik dieser Partei wohl keinen Verlass mehr. Das Bild der letzten pazifistischen Anti-Kriegs Partei zerbröckelt an der Rhetorik, die mit linker Friedenspädagogik nicht mehr viel gemein hat. Gregor Gysi, schillernde Figur der deutschen Linken, befürwortet die Unterstützung der Kurden um „größeres Unheil zu verhindern“, wie ihn die taz zitiert. Diese Stellungnahme hat viel Unverständnis bei seinen Genossen hervorgerufen. Politik. Macht. Einsam. Es brauchte wohl kaum diesen Stern Artikel um dem Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei dies bewusst zu machen. Möglicherweise opfert er sich ja gerne für unser Land, seine Partei und seine Überzeugungen. Diese Art von Politikern ist zwar leider viel zu selten in unseren Breiten, doch sei die Frage gestattet wann jemals die Aufstockung des Waffenarsenals eine militärische Auseinandersetzung geschmälert hat? Wenn das Karl-Liebknecht-Haus sich nicht treu bleibt, verspielt es sein Alleinstellungsmerkmal und somit seine Wählerschaft sowie seine Bedeutung für die parlamentarische Debatte in Berlin.
Fakt ist: Amerika hätte sich bereits vor elf Jahren aus dem Irak raushalten sollen, was unter Umständen die aktuelle Lage verhindert hätte. Dies bleibt Spekulation. Und Deutschland wäre gut beraten dieser Nation die politische Gefolgschaft in Sachen Irak erneut zu verweigern. Die Aktie der Rheinmetall AG dürfte gerne der Preis für eine solche Politik sein.
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