Man traut sich wieder was bei den Sozialdemokraten. Nach Beschluss des Wahlprogramms am 14. April hat deren Kanzlerkandidat knapp einen Monat später die ersten drei Mitglieder seines „Kompetenzteams“ vorgestellt. Neben dem Namen Thomas Oppermann, der bekanntermaßen dem konservativen Seeheimer Kreis angehört und wenig an dieser Stelle überrascht, sind auch zwei wirkliche Hingucker dabei.
Da wäre zum Beispiel die Design-Professorin Gesche Joost. Sie hätte in einer von Steinbrück geführten Regierung das Thema Netzpolitik inne. Außerdem ist sie die erste Schattenministerin, die vorgestellt wird. Die Hälfte des Wahlkampfteams soll aus Frauen bestehen. Die SPD hält hier, was sie inhaltlich ausmacht und verspricht. Doch die frappierend größere Symbolik hat die Berufung des Bundesvorsitzenden der IG BAU, Klaus Wiesehügel. Er soll das Ressort Arbeit und Soziales übernehmen. Der gebürtige Mülheimer ist richtig an dieser Stelle. Ein Gewerkschafter, der während und nach seiner Abgeordnetenzeit einer der schärfsten Kritiker von Gerhard Schröder und seiner Reformpolitik war und die Rente mit 67 voller Überzeugung bekämpfte, gehört in eine Sozialdemokratische Partei, der Hartz 4 und die Agenda schon lange ein Klotz am Bein sind.
Doch gibt der mutmaßliche Kanzler in spe offen seine Motive für diese Nominierung zu. Man will einen „gestandenen Vertreter aus dem Gewerkschaftslager“, so Steinbrück, der die Arbeitnehmerschaft erreicht. Man unterstützt also die inhaltlichen Profile der eigenen Repräsentanten weniger, als man sie erträgt. Immerhin ist der Spitzenkandidat gekürt und neben ihm soll sich niemand „ungebührend in den Vordergrund drängeln“, wie die Zeit schreibt. Viele sind nunmal hartnäckig in Bezug auf den einmal eingeschlagenen Weg - wenige in Bezug auf das Ziel, so lehrt uns Nietzsche. Die SDP will mit Bekanntgabe der ersten Namen gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: die links orientierten, die bürgerlich-liberalen und die intellektuellen Impulsgeber sollen sich in gleicher Weise von ein und der selben Partei angesprochen fühlen. Nur so würde man Wahlen gewinnen. Doch in erster Linie verwässert man so die eignen Ziele. Tatsächlich kann die älteste parlamentarisch vertretene Partei im Deutschland des 21. Jahrhunderts nur Wahlen gewinnen, wenn sie sich ihres Ursprungs bewusst wird. Denn was das einstige Alleinstellungsmerkmal, die Emanzipation der Arbeiterschaft angeht, hat man bei den Sozialdemokraten eine Menge aufzuholen. Einen zweiten Schritt hat man mit der Ernennung des Minister-Trios zumindest schon mal angedeutet. Bleibt die Aussicht, dass weitere folgen, denn je dürrer die Zeit, desto grüner die Hoffnung.
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