Everybody is Rating - Die Körbchengröße Europas

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Wie ein Riesen-BH zwängen sogenannte private Rating-Agenturen wirtschaftlich anfällige Staaten wie Griechenland, Portugal und Spanien ein. Es werden lustig Rates in Form von Buchstaben verteilt, die eher an opulente Körbchengrößen erinnern: Triple A und Double D. Die derzeit führende Rating Agentur „Standard and Poors“ zeigt schon mit dem eigenen Namen, wo der Hammer hängt. Vermeintlich unabhängig und total objektiv werden Staaten in den Bankrott katapultiert und Spekulanten erfreut. Pferderennen und Toto sind out, heute wettet man auf Länder. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann die erste Show „Wetten Dass – Die Staatsedition“ ausgestrahlt oder bei „Oddset“ neben Fußball und Eishockey eine Rubrik „Staatsbankrotte“ eröffnet wird.

In diesen Tagen kommt die tatsächliche Macht ans Licht. Und das kann nur Angst einjagen.Fernab von Gesetzen senken oder heben die Julius Cäsars der Gegenwart ihre imaginären Daumen und diktieren Tod oder Leben. Ave „Standard and Poors“, die Totgeweihten grüßen Dich! Nur das Verhältnis zwischen Rating-Agentur und Spekulant, offiziell natürlich gar nicht vorhanden, dümpelt lieber weiter im trüben Wasser.Wie kann es sein, dass „Standard und Poors“ vor einiger Zeit Fonds, die riskanter waren alsBungee-Jumping ohne Bungee, mit der bestmöglichen Beurteilung „AAA“ aufpimpte und sie ein paar Monate später zu Ramsch degradierte? Die Hedge-Fond-Milliardäre fanden es super, die Regierungen schauen zu. Mit Griechenland geschieht derzeit nichts anderes.

Ist die Politik nur noch ein Wurmfortsatzeines total entgrenzten Systems, so dass zukünftige Staatmänner in Spe durch Eingreifen um den bereits versprochenen Aufsichtsratsposten bei Gazprom oder der Deutschen Bank bangen?

Rating hat viele Facetten und ist ein fester Bestandteil im Alltag. Viele Leben setzen sich aus Ratingcodes und Punkten zusammen. Das fängt schon bei Deutschlands Doof-TV an. Formate wie „Germany's next Topmodel“ und „Deutschland sucht den Superstar“ basieren auf Ratings, denen sich die Teilnehmer jedoch noch freiwillig aussetzten. Solange man nicht ungefragt von Dieter Bohlen „geratet“undzusammengeschrien wird, ist dies noch die harmloseste Variante. Es folgen unzählige Formate wie "Deutschlands beste One-Hit-Wonder, Schmusehits, Frisuren, Haushaltsunfälle und Kittelschürzen".

Reif für den Beruf wird das europäische Humankapital dann im Assessment-Center mittels Profilierungsskalen in den Konzern gehievt oder aus der Karriere geschossen. Wird selbiger Konzernjedoch von einer Rating-Agentur abgewertet und werden Aktionäre deshalb sauer, kann dies natürlich auch Einfluss auf die frisch eingestellten Beschäftigten haben. Hurtig wird wieder geratet. Wer soll gehen? Die Punkteverteilung geht weiter: Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstatus, Qualifikation, Schuhgröße, Lieblingsessen- Alles wird akribisch in Punkten erfasst.

Zum Schluss bleiben einige Fragen. Wie wird man Rater?Ist das ein Lehrberuf? Dann könnte man ein eigenes Ratingbüro eröffnen und effektiv raten bis die Schwarte kracht:Lehrer, Nachbarn, Vorgesetzte, Menschen, das Kompetenzteam im Bundestag und Leute, die einen einfach auf den Zeiger gehen. Das wichtigste wäre ein Rating derRating-Agenturen: ein klares DDD!

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