"Im Iran haben hunderttausende Anhänger des offiziell unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mussawi demonstriert." Achwass. Dochsofiele. Mussjaperfektorganisiertwerdensowas. Sospontanwiedaskommasaufenaufsylt?
Fünftausend waren auf Sylt? Gut, in Teheran sind mehr, die Regie führen, Kompliment. Absolut perfekt organisiert, dazu gehört schon was. Hunderttausende? Meine Güte, das gibt doch Anlass sich zu wundern.
Da war zweifellos eine ganze Reihe von Netzprofis an der Arbeit, hervorragend geschult, die nicht nur twitter professionell händeln. Andere, die blogs betreiben und in blogs Fraktionen bilden, gewiss schon länger, und sich ihre communities gezogen haben, ihre Netze gelegt. Klar, sowas braucht's.
Sie werden Unzufriedenheit schüren, den Zustand der Menschenrechte beklagen, Rechte der Frauen und religiöse Freiheit einfordern, je wie's opportun ist, und müssen bekanntlich weder ihre Namen nennen noch ihre Herkunft nachweisen. Halt Irrwege eröffnen, fakes und falsche Fuffzjer feilhalten - wir befinden uns in der Praxisphase des Programms Destabilisierung des Iran und verfolgen zur Zeit offenbar die Resultate langfristiger subversiver Netz-Aktivitäten: "die schwersten Unruhen seit dreißig Jahren" (Nachrichten DLF, 13.00 Uhr).
Vor wenigen Tagen erst wurde berichtet, welch außerordentlich hohen Rang das Internet unter Obama einnehmen wird und vermutlich in den Aktivitäten der israelischen Regierung längst hat. Oder glaubt einer, die werden sich auf die faule Haut legen.
Ein Sieger steht nicht fest und wird wohl auch nicht zu ermitteln sein. Das Ziel des Angreifers ist mit der Destabilisierung, deutsch: dem Kaputtschlagen, der iranischen Gesellschaftsstruktur erreicht. Brandrodung. Schon reden die Nachrichtensprecher von "autonomen" Demonstrationszügen.
Für die These einer informationellen Kriegführung spricht auch, dass in Teheran nun die Arbeit ausländischer Journalisten unterbunden wird. Vermutlich eine in der Logik des Angegriffenen sinnvolle Reaktion.
Schwer zu verstehen, weshalb wir bzw. unsere Journalisten die gewählten Vertreter eines anderen Landes nicht als solche respektieren, sondern nach Kräften bemüht sind, Konflikte in diesen Ländern noch zu schüren. Wie brav, artig, kriecherisch traten, wir erinnern uns, dieselben Journalisten auf, als Zweifel an den USA-Resultaten aufkamen. Vertrauen in die deutschen Medien entsteht dadurch nicht.
Ich verteidige nicht die Verhältnisse im Iran. Aber wir gelten auch gern für tolerante Leute, nicht wahr?
Außerdem gibt es weit mehr Anlass, sich den verwahrlosten Verhältnissen im eigenen Land zuzuwenden und die analytischen und kämpferischen Energien den hiesigen Mißständen zu widmen. Da jammern und wehklagen sie über Ungerechtigkeit hinter den dreizehn Meeren, indes sie die eigene Not schweigend ertragen.
Kommentare 9
Mal abwarten, wie es bei uns im Herbst aussieht?
Ein Horrorszenario:
CDU und FDP bringen es zusammen mit 40% der Wählerstimmen bei einer Wahlbeteiligung von gut 60% in einer Koalition auf die einfache Mehrheit.
Die SPD schafft gerade die 5-%-Hürde.
Aber es gibt eine Opposition im Lande: Linke jeder Couleur (geht das? Eigentlich sind doch die Linken rot!) demonstrieren, weil sie Wahlmanipulation befürchten, oder weil sie einfach die demokratische Legitimation der Regierung anzweifeln.
So, und dann wollen wir mal sehen, wie unsere demokratische gwählte Regierung reagiert?
Ich wäre nicht überascht, wenn die Bundeswehr im Innern eingesetzt würde - zur Stabilisierung der Lage. Aus Sportstadien werden Konzentrationslager (ach nei, Entschuldigung: Behelfsunterkünfte für noch nicht ganz rechtskräftig verurteilte Straftäter ...
Die iranische Regierunghat doch bislang ziemlich besonnen reagiert.
eswäre wirklich interessant zu wissen, wie die deutsche regierung reagieren würde, wenn eine massendemonstration, wer auch immer die drahtzieher von "hundert tausenden" demonstranten sind, in der deutschen hauptstadt regierungsgebäuden belagern und gegen den staat wüten würden. nur als kleine inspiration, war jemand bei heiligendamm (G8 treffen 2007) dabei? :-)
!957 ist schon einmal gezeigt worden, wie deutsche Regierungen reagieren, wenn es massenhafte Demonstrationen und Protestaktionen des Volkes gibt: Damals rief man die sozialistischen "Brüder" (vor allem die SU) zu Hilfe.
Und auch damals gab es Mutmaßungen, daß der sog. Volkaufstand nicht ganz von allein vom Himmel fiel ...
Und die USA haben auch schon mal gezeigt, wie der demokratische Staat reagiert, wenn Bürger protestieren. Gut, das waren ja nur Studenten, damals in den sechziger Jahren, und dazu noch Hippies ...
Du meintest doch 53? Oder?
In der neuen LMD, leider nicht online zu lesen, schreibt Mathias Greffrath:"die Politikwissenschaftler Claus Offe und Jens Beckert (prognostizieren) einen 'unspektakulär verlaufenden Niedergangs- und Verrottungsprozess' der gesellschaftlichen Ordnungsstrukturen, eine schwere Fiskalkrise und dadurch weiter geschwächte Handlungsmöglichkeiten des Staates, der 'unbotmäßige Akteure' dann wohl nur noch polizeilich zur Räson bringen könnte und vielleicht nicht mal das..."
Klar. Ich meinte auch 19...
Ich sollte vielleicht auch mal etwas langsamer tippen, aber dann kommt man ja leider nicht mehr hinterher ...
Wenn Ihr über 53 und die Zeit davor mal was erfahren wollt, lest den Roman Rummelplatz von Werner Bräunig.
Ich habe Stefan Heym, 5 Tage im Juni gelesen. Das fand ich auch ganz aufschlussreich.
Lassuns mal nichts an die Wände malen. Im Herbst fallen die Blätter und Weihnachten braten wir ne Gans. So wird's sein.
Danke, outnumber, für Deinen blog von Sonntag. Sehr nützlich, das Geschehen im Zusammenhang zu lesen.
Mich beschäftigt noch diese Desinformationskampagnenoffensive. Man muss sich das mal reinziehen. Sollten auch mal die Leute tun, die sich vorzugsweise eines seriösen Sprachgebrauchs befleißigen. Ich hab damit nix gegen seriösen Sprachgebrauch gesagt. Kannjawerwill.
Zurück. Da sitzen also Leute an ihren Geräten und beschäftigen sich damit, wie sie Informationen so bündeln, drehen, knüpfen, häkeln, verflechten, dass Feindbilder entstehen und Gruppen der Bevölkerung aufgeschreckt, mobilisiert, hysterisiert, gegen andere Gruppen aufgehetzt werden, und die ganze Chose ist total gelungen, wenn niemand darauf gekommen ist, dass er für fremde Zwecke instrumentalisiert wurde. Vorzugsweise genutzt werden Hilfsmittel wie twitter, facebook. Die Drahtzieher geben sich gern auch als blogger aus. Hochbezahlte, kaltblütige Spezialisten, mit allen Wassern gewaschen.
Danke für eure Geduld. Mir hilft's immer, wenn ich mir die Dinge konkret ausmale. Da verliert sogar die dicke Merkel ein wenig von dem Schrecken, den sie gemeinhin verbreitet.