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Gegenüber von Oma's Apotheke wart ich auf eine Freundin, das falsch gesetzte Apostroph bringt mich nicht aus dem Gleichgewicht. Ja, sie hat einige Eingänge weiter einen Termin, nein nicht beim Arzt. Stündchen, sagte sie.

Danke, nein, Frühstück hatt ich schon. SZ gelesen: PID. Immer diese Abkürzungen. Kaffee, ja, gut, Kaffee. Im Fenster das Lokal von Mälzer liegt mir so fern, das ist nicht wahr.

Ich blätter um. Jeder, der zuerst vor gewisse dieser Bilder tritt, wird fast zurückprallen vor dem Ausbund an körperlicher Häßlichkeit. Das Gesicht zeigt tiefe Furchen, eine weit zurückfliehende Stirn und ein kraftlos hängendes Kinn. Ja, schön, nurweiterso. Ein Rausch der Geschwindigkeit durchweht die Wagenszenen; auf einem der Blöcke aus Hermopolis rast das Pferdegespann in eine ungeheure freie Fläche hinein, nichts hält die rasende Bewegung auf, und dazu dreht eines der Pferde noch den Kopf in die ungewöhnliche Frontalansicht. Eine neue Ästhetik? Die Kunst häßlich, gar krankhaft? Ach nur die alte Leier. Nervöse Dekadenz?

Freundin ist früher zurück als gedacht. Ja, Riga, sagt sie, ein Dreh. Schöne Stadt, sagt sie, Riga. Ja, sage ich, das gibt es, in den Zentren hat sich's der Luxus eingerichtet, die stets geschäftigen Herrschaften, ich kenn das von Warschau, sag ich. Ja, sagt sie, krass, und welche feiern Karneval in Rio: die Anderson, Jude Law, wassprächedagegen.

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Geschrieben von

Dreizehn

Lebe in einem Winkel der Stadt, lese, schreibe gelegentlich.

Dreizehn

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