Energiewende - aber bitte mit Mut!

Regenerative Energien Von Seiten der CDU/CSU, aber auch von der FDP ist immer wieder zu hören, dass die Energiewende vor allem die Ärmeren belasten wird; das ist falsch und pure Heuchelei

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Heuchlerisch deswegen, da diese Parteien plötzlich ihr soziales Gewissen entdecken, obwohl sie in Wirklichkeit der Kohle-, Öl- und Gaslobby gefällig sein wollen.

Falsch ist es darüberhinaus, weil es ein machbares Szenario gibt, welches die meisten Menschen garnicht bzw. wenig und vor allem die Reichen finanziell belastet.

Die Kernelemente dieses Szenarios

– wobei ich differenziere, a) was der Einzelne sofort tun kann und b) wo der Staat bzw. die Politik gefordert ist:

  1. Freiwillig max. 120 km/h mit einen PKW auf Autobahnen fahren! Bei 120 km/h ließen sich jährlich rund drei Millionen Tonnen CO2 einsparen. Ein Tempolimit bedeutet mehr Sicherheit, denn es verringert die Unfallgefahr und mildert die Folgen im Falle eines Unfalls. So ließen sich jährlich hunderte Tote und Schwerverletzte auf Autobahnen vermeiden.
  2. Wenn es möglich und machbar für den Einzelnen ist, öffentliche Verkehrsmittel benutzen! Wenn immer mehr Menschen ihr Auto stehen lassen und stattdessen mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, lassen sich Emissionen erheblich reduzieren. Ein durchschnittlicher Autofahrer erzeugt vier- bis fünfmal so viel Kohlendioxid und andere Treibhausgasemissionen wie der Fahrgast z.B. eines Busses.

Dank dem öffentlichen Verkehr sinkt die Anzahl der Verletzten und Toten im Straßenverkehr. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, läuft wesentlich weniger Gefahr, im Verkehr zu Schaden zu kommen, als Autofahrer. Für Autofahrer ist die Verletzungsgefahr achtmal und für Motorradfahrer 144 Mal höher als für Fahrgäste z. B. von Bussen. Der ÖPNV erfordert wesentlich weniger Fläche als der Autoverkehr und verbessert somit die Mobilität in Städten. Vorbei die leidige Parkplatzsuche und Schluss mit Staus – und die Nerven werden geschont.

3. Auf gar keinen Fall einen SUV fahren bzw. kaufen; denn Geländewagen sind extrem umweltfeindlich. Statt windschlüpfrig und leicht, sind SUVs ausladend und schwer. Das treibt Verbrauchs- und CO2-Werte nach oben. Auch für die Mobilität in den Städten sind Geländewagen so ziemlich das Letzte. Hoch sitzen für mehr Überblick mag ja ein beglückendes Gefühl sein. Aber wenn alle hoch sitzen, sieht niemand besser. Das ist Wettrüsten im Straßenverkehr statt Miteinander. Anstelle eines Kontakts auf Augenhöhe – auch zu Radfahrern und Fußgängern – stehen Geländewagen für Überlegenheit und Abschottung. SUVs stehen für die nicht mehr tolerable Inbesitznahme des öffentlichen Raums durch das Automobil: Nicht Fahrspuren und Parkplätze sind zu eng, sondern die Autos zu groß - sie sind die heutigen Dinos!

Wer ein großes Auto - mit großer Sitz- bzw. Ladefläche - der vielen (!) Kinder wegen oder berufsbedingt (Warentransport) - dringend braucht, der kann durchaus auch ein sparsames Auto kaufen! Z.B. einen Toyota Prius, ein sehr sparsames "Großraumfahrzeug" – mit Hybridantrieb. Dieses Fahrzeug hat Platz für eine dritte Sitzreihe. Wer die wegklappt, dem bleibt ein Kofferraumvolumen zwischen 505 und 1.750 Liter. Kernstück des Fahrzeugs bleibt aber der Antrieb. Ein Benzinmotor (99 PS) und ein Elektromotor werden zu 136 PS Systemleistung kombiniert. Der Elektroantrieb ist allerdings nur dann tolerierbar, wenn er mit regenerativ erzeugtem Strom (Wind, Sonne, Wasserkraft) gespeist wird und Nickel-Hybritspeicher verwendet werden; denn sie sind umweltfreundlicher als viele andere Zellchemien (z. B. Nickel-Cadmium-Batterien): Es werden keine giftigen Schwermetalle wie Cadmium, Blei und Quecksilber verwendet. Nickel kann recycelt werden. Bei einer antriebskombinierten Fahrt beträgt der Benzin-Verbrauch 4,6 Liter auf 100 Kilometer. Die ökologisch optimale Perspektive liegt allerdings in wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen, die weder CO2 noch NOX oder SO2 freisetzen!

4. Wer berufsbedingt pendeln muss, und es noch keine zumutbare Alternative (Bahn, Bus) gibt, und auch kein großes Auto braucht, wie w.o. angesprochen, sollte freiwillig die vorgeschlagenen max. 120 km/h einhalten, einen extrem sparsamen Kleinwagen nutzen ( unter 4 L/100 km) und auch am Arbeitsort häufig übernachten, um Pendelfahrten zwischen Heim- und Arbeitsort einzusparen. - Auch gilt natürlich: optimal ist ein wasserstoffbetriebenes Klein-Fahrzeug.

5. Den Politiker*innen ordentlich Druck machen, damit die dringend notwendige Energiewende - die weit über die Verkehrswende hinausgeht - endlich wirkungsvoll angegangen wird. Druck machen kann man/frau z.B. durch die (finanzielle) Unterstützung von Gruppierungen bzw. Verbänden, die diese Wende einfordern: durch Petitionen, Aktivitäten und Aufklärungskampagnen - wie z.B. Greenpeace, WWF, Oxfam, LobbyControl und Campact .-

Was sind die Kernelemente dieser politisch einzufordernten und gestalteten Energiewende?

  • Der Ausbau von Nahverkehrszügen oder Bussen, die es in vielen Regionen überhaupt nicht mehr gibt, weil sie von der Bahn-AG wegrationalisiert wurden: ein Fünftel des Streckennetzes wurde stillgelegt, notwendige Unterhaltungs-Investitionen sind unterblieben und die Ticketpreise sind trotzdem gestiegen. Zur notwendigen Bahnreform gehört auch der verstärkte Ausbau des Güterverkehrs; denn Brummi-Kolonnen blockieren die Autobahn, belasten das Klima, während die Bahn immer wieder radikale Kürzungen in ihrer Gütersparte vorgenommen hat.
  • Die Privatisierung öffentlicher Fahr-Dienste muss rückgängig gemacht werden; denn dies hat in den letzten Jahren den Busverkehr mit seinen Busverbindungen in vielen ländlichen Regionen fast zum Verschwinden gebracht.
  • Freihandelsabkommen - aktuell mit den Mercosur-Staaten – treiben die globalen Transportemissionen in immer neue Rekordhöhen. UN-Klimaexperten schätzen, dass etwa ein Viertel aller klimaschädlichen Emissionen heute auf die globalen Warenströme zurückgehen. Solange wir Nahrungsmittel, die auch hier bei uns wachsen, über Tausende Kilometer Entfernung hierher transportieren und solange unzählige Industriegüter nur deshalb in riesigen schmutzigen Containerschiffen quer von einem Kontinent zum anderen schippern, weil dadurch Konzerne Lohnkosten drücken und Standards unterlaufen können. Das kann und muss überwunden werden!
  • Wir brauchen wieder eine gut unterstützte Solar- und Windenergieindustrie - und staatliche Milliardeninvestitionen in die weitere Erforschung grüner Technologien!
  • Für den schnelleren Ausstieg aus den fossilen Energien braucht es staatliche Umstiegshilfen für die Betriebe und Arbeiter.
  • Der vollständige Umstieg auf die regenerativen Energien (Wasser, Wind, Sonne, Biomasse und Wasserstoff) sollte ernsthaft auf 2035 projektiert werden!
  • Zur Finanzierung dieser gigantischen staatlichen Leistungen braucht es: die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, eine funktionierende Börsenumsatzsteuer, die Reduzierung der Militärausgaben, die Überwindung der "schwarzen-Null-Politik". Und dazu braucht es Politiker*innen mit Rückgrat und Mut, die gemeinsam mit den jungen Menschen dafür kämpft, dass unsere Welt nicht den Profitinteressen Weniger geopfert wird.
  • Was bleibt uns Vielen noch zu tun?
  • Nur noch Parteien wählen - sowohl auf Kommunal- als auch auf der Landes- und Bundesebene -, die diese Energiewendepolitik auch faktisch betreiben. Und dabei gilt: Versprechungen zählen nicht, sondern Handlungen, denn "an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen", heißt es in der Bibel!
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Erich Becker

Buch- und Theater-Autor

Erich Becker

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