Antiziganismusbeauftragter Mehmet Daimagüler: „Das ist ein tiefer Schmerz“
Tag der Sinti und Roma Der Völkermord an den Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten ist noch immer nicht aufgearbeitet. Mehmet Daimagüler, Beauftragter für Antiziganismus, erklärt im Interview, was sich ändern muss
Das Denkmal für die von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma
Foto: Imago / epd
Unter den Nationalsozialisten wurden Sinti*zze und Roma*nija verfolgt. Noch immer ist die Anerkennung dieses Völkermords in Deutschland halbherzig, Entschädigungen gibt es kaum und Antiziganismus ist gesellschaftlich weitverbreitet. Mehmet Daimagüler vertrat als Anwalt die Opfer des NSU vor Gericht. Seit 2022 ist er Deutschlands erster Beauftragter für Antiziganismus.
der Freitag: Herr Daimagüler, der Anlass für unser Gespräch ist der 8. April. Weltweit feiern Roma an diesem Tag. Was werden Sie als Deutschlands erster Beauftragter für Antiziganismus am 8. April tun?
Mehmet Daimagüler: Wahrscheinlich werde ich den ganzen Tag auf Instagram verbringen und die Berichte von den verschiedenen Veranstaltungen verfolgen. Ich bin seit ein paar Tagen auf I
hte von den verschiedenen Veranstaltungen verfolgen. Ich bin seit ein paar Tagen auf Instagram und sehe, wie viel vorbereitet wird. Der 8. April ist ja kein Gedenktag. Gedenktage drehen sich um die Vergangenheit, was auch wichtig ist. Am 8. April wird vor allem die Kultur gefeiert. Die Minderheit feiert sich und andere feiern mit. Und diese Feiern sind so unterschiedlich, dass so viel Kreativität und Vielfalt drin ist. Toll.Wenn wir über Roma*nija über Sinti*zze in Deutschland sprechen, dann müssen wir leider auch über Diskriminierungen und Antiziganismus sprechen. Können Sie denn sagen, in welchen Bereichen sich dieser im Alltag zeigt?Die Antwort wäre wahrscheinlich sehr viel kürzer, wenn ich sagen würde, wie die Frage lauten würde: „In welchen Bereichen, zeigt sich nicht?“ Wir müssen leider feststellen, dass Antiziganismus sich durch alle Gesellschaftsschichten und durch alle Kontexte zieht. Ausgrenzung wird gefördert an den Schulen, den Arbeitsagenturen und überall da, wo der Mensch auf den Staat stößt. Natürlich Polizei und Justiz. Aber wir haben eben auch den ganz alltäglichen, den in Anführungsstrichen normalen Antiziganismus, der noch nicht mal als rassistisch eingeordnet wird, von der Mehrheit.Warum tut sich diese Gesellschaft so schwer, Antiziganismus im Alltag zu sehen, zu erkennen und sich gegebenenfalls auch einzumischen?Zwei Dinge: Warum mischen sich die Menschen nicht ein? Weil wir in einem Land leben, wo sich die Leute zwar einmischen, wenn sich jemand an der Supermarktkasse vordrängeln will. Aber nur dort. Nein, wir sind keine „einmischende Gesellschaft“. Und so zu tun, als seien wir es, hilft auch nicht weiter. Antiziganismus im Alltag zu sehen, würde in vielen Fällen auch bedeuten, den eigenen Antiziganismus wahrnehmen zu müssen.Daneben ist ein großer Treiber für diese Art von Rassismus die Isoliertheit der Opfergruppe und die mangelnde Solidarität. Hier geht es um Menschen, die sich oft nicht wehren können. Dieses Denken hatte ich häufig übrigens bei Fällen von Polizeigewalt. Polizisten, die bei Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft in der Regel nicht zuschlagen, denken: hier kann man es machen. Dieses nicht wehren Können ist eine Folge von Alltagsrassismus und Staatsgewalt, der wiederum den Rassismus verfestigt und verstärkt.Sie sprachen gerade die Fälle von Polizeigewalt an. Das Bundeskriminalamt (BKA) und der Zentralrat der Sinti und Roma haben zu Anfang des Jahres angekündigt, besser zusammenarbeiten zu wollen. Glauben Sie denn, dass diese Zusammenarbeit, zumindest was die Arbeit der Polizeibehörden angeht, Besserung bringen wird?Es ist erst einmal ein wichtiges Zeichen, diese Zusammenarbeit zwischen dem BKA und dem Zentralrat der Sinti und Roma. Das BKA ist keine x-beliebige Behörde. Was das BKA macht, wird sehr wahrgenommen in den Landeskriminalämtern, auch im Ausland. Ich glaube, dass wir aber erst am Anfang eines Prozesses stehen, den wir weiterverfolgen und intensivieren müssen. Und dazu gehört dann eben auch ein Innenblick der Polizeibehörden.Glauben Sie, dass sich dadurch in den Polizeibehörden konkret etwas ändert?Erfreulich wäre schon, wenn wir hören würden, dass mehr Polizeipräsidien in den einzelnen Ländern entschieden gegen antiziganistisch motivierte Straftaten vorgehen. Aber diese Behördem müssen auch einen Blick nach Innen vornehmen und fragen: Wie viel unserer eigenen Praxis ist eigentlich antiziganistisch motiviert oder fördern Antiziganismus? Und das ist dann der schmerzhafte Teil der Entwicklung. Aber ich glaube, wir brauchen diese Art von Schmerz, diese Art von Katharsis.2022 hat das Bundesinnenministerium 145 antiziganistische Straftaten verzeichnet. Das ist der höchste Wert seit sechs Jahren. Wie hoch ist die Dunkelziffer hierbei und warum gibt es diesen Anstieg?Wir haben zum einen eine Community, die stärker bereit ist, sich nicht alles gefallen zu lassen. Wir haben Organisationen, die sich unheimlich engagieren, und wir haben wahrscheinlich auch gestiegene Zahlen. Aber der wichtigste Aspekt ist das, was Sie angesprochen haben, nämlich die Frage nach dem Dunkelfeld der Straftaten.Was meinen Sie denn, wie hoch diese Zahl ist?Ich hatte in einem Jahr als Anwalt, Dutzende von Menschen aus der Minderheit, die Opfer von Hasskriminalität geworden waren. Und ich bin einer von über 100.000 Rechtsanwälten in Deutschland. Wenn ich schon alleine auf solche Zahlen komme, also einigen Dutzend in einem Jahr, dann glaube ich nicht, dass ich ein Drittel aller Fälle in Deutschland behandelt habe. Dieses Dunkelfeld muss auf allen Feldern bekämpft werden.Klar, aber wie?Indem wir Organisationen wie MIA, die Meldestelle und Inforamtionstelle für Antiziganismus, substanziell und dauerhaft stärken. Die können communitybasiert Fälle aufgreifen und Zahlen erfassen, die möglicherweise anders sind als die der Polizei. Hieraus können wir dann eine politische Aufgabe destillieren. Das Andere ist: das Dunkelfeld bekämpfen. Dazu brauchen wir zum einen auch gesetzliche Änderungen. Als Beispiel der Paragraph 46 im Strafgesetzbuch. Seit dem NSU- Untersuchungsausschuss im Bundestag steht bei der Strafzumessung auch die Tatmotivation wie Rassismus. Dann wurde vor zwei Jahren der entsprechende Paragraph um den Begriff antisemitisch ergänzt. Was ich auch für wichtig halte, weil das auch eine wichtige Signalwirkung hat. Antiziganismus steht bis jetzt nicht bei der Strafzumessung. Ich habe dem Rechtsausschuss des Bundestags gegenüber angeregt, ob das nicht entsprechend geändert werden müsste.Und?Gemischte Signale. Schauen Sie, so eine Gesetzesänderung im Strafgesetzbuch geht nicht hopplahopp. Ich habe ein gewisses Verständnis, dass alle Seiten gehört werden. Und ich glaube, dass die Argumente für eine Änderung am Ende überzeugend sind.Seit knapp über einem Jahr sind Sie jetzt Beauftragter der Bundesregierung gegen Antiziganismus. Was hatten Sie für Vorstellungen, als Sie das Amt antraten?Jedenfalls nicht umfassend die richtigen. Ich habe unterschätzt, wie viel Aufwand es bedeutet, solch eine Stelle aufzubauen. Zu kurz gekommen ist in der Zeit die inhaltliche Arbeit. Ich hätte gedacht, dass ich, was das Inhaltliche angeht, ein halbes Jahr weiter wäre, als ich heute bin.Was war oder ist denn die größte Herausforderung?Für mich persönlich? Die größte Herausforderung war der Wechsel von der Freiheit eines Rechtsanwalts, der ja im Grunde nur seinen Mandantinnen und Mandanten verpflichtet ist, hin zu einem Teil eines Staatsapparats. Insbesondere dann, wenn man die letzten Jahre immer wieder diesen Staatsapparat kritisiert hat. Aber jetzt bin ich Teil dieses Staates, und dieser mentale Wechsel führt hier und dort zu einer gewissen kognitiven Dissonanz.Aber Sie haben auch schon Spaß an Ihrem Amt, oder?Was ich wirklich als einen echten Gewinn ansehe, sind die vielen Gespräche, mit der Community. Ich bin viel gereist und ich habe so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt, die eins eint: diese Energie, dieser Wille, sich nicht unterkriegen zu lassen. Der Austausch mit der. Community bereitet mir echte Freude.Welche Projekte hat Sie besonders überrascht?Es gibt große Player wie den Zentralrat der Sinti und Roma, eine wichtige Institution mit Romani Rose als legendäre Gestalt an der Spitze. Aber es gibt Initiativen, die eine Ausdifferenzierung der Gesellschaft darstellen, wie das Soziologen nennen, die vielleicht bei den großen Organisationen bislang keine Rolle spielten. Also Queer Roma zum Beispiel, die eben beides erfahren. Ausgrenzung durch die Mehrheitsgesellschaft, aber auch Diskriminierungserfahrungen als Schwule oder Lesben in der eigenen Community.Ich kann mir vorstellen, dadurch, dass sie nicht aus der Community kommen, war das wahrscheinlich nicht sehr einfach, diese Zugänge zu erhalten?Das war ja die erste Frage, die ich hatte. Ob es nicht besser wäre, dass das jemand aus der Community macht. Aber da hatten sich eben die großen Selbstorganisationen ausgesprochen, dass jemand, der nicht aus der Community kommt, sie machen soll, was ja auch woanders nicht der Fall ist. Diese Rolle ist eine andere. Sie ist ein Scharnier zwischen Staat und Community. Und möglicherweise zucken einige zusammen, wenn sie hören, dass ich mich selber als Teil der Mehrheitsgesellschaft benenne. Was für mich oft auch eine komische Rolle ist. Und es gab durchaus Kritik. In der Zeit zwischen Berufung und Job habe ich mich mit Kritikerinnen getroffen. Und ich verstehe: Das ist nicht persönlich gemeint. Ich verstehe die Skepsis. Ich bin nicht der erste staatliche Vertreter, der bei den Communitys aufkreuzt. Häufig wurden Versprechungen mit einem paternalistischen Ansatz gemacht. Dass da Skepsis gegenüber staatlichen Vertretern geäußert wird, halte ich für vollkommen naheliegend und legitim. Und mir ist klar, dass ich das Vertrauen erarbeiten muss.Zehren Sie aus ihren eigenen Erfahrungen, als Mensch mit türkischen Wurzeln, der in Deutschland aufgewachsen ist, und auch als Anwalt der Opferfamilien des NSU?Ja und nein. Ich kenne Rassismus natürlich. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn ein Lehrer sagt, „Du kannst nichts, du bist nichts wert“. Nein, weil ich glaube, dass jeder Schmerz spezifisch ist. Ja, weil als türkischstämmiger Mensch, der in Deutschland so seine Erfahrungen gemacht hat, gerade in der Kindheit und Jugend, weiß ich, wie sich Rassismus anfühlt. Aber ich weiß nicht, wie sich Rassismus anfühlt, wenn man einem Rassismus ausgesetzt wird, obwohl man Teil des Landes ist, seit Jahrhunderten.Und wenn man in diesem Land lebt, sich als Teil des Landes sieht und weiß, das eigene Land hat versucht, das ganze Volk auszulöschen.Und dann aber auch weiß, dass der Soundtrack, der nach Auschwitz führte, die ganzen Stereotypen, die ganzen Lügen über die Minderheit, nie aufgehört haben. Dieser Soundtrack läuft ja mal lauter, mal leiser weiter. Dieser Schmerz ist ein Schmerz, den ich nicht habe. Dieses Gefühl kenne ich nicht und deswegen wäre es für mich total anmaßend zu sagen, „Ich weiß, wie ihr euch fühlt.“Sie planen noch in diesem Jahr eine Wahrheits und Versöhnungskommission zur Verfolgung von Sinti*zze und Roma*nja in der NS-Zeit. Was wollen Sie mit dieser Kommission erreichen?Zwei Dinge. Zum Einen: Ich möchte, dass das NS-Unrecht umfassend anerkannt wird, ohne Wenn und Aber. Das Zweite: Es geht um die Untersuchung vor allem dessen, was nach 1945 passiert ist. Die Unabhängige Kommission Antiziganismus hat diese Zeit „die zweite Verfolgung“ genannt. Diese zweite Verfolgung hat nachwirkende Folgen.Lassen Sie mich nur zwei, drei Beispiele nennen für diese Verfolgung: Der Völkermord wurde erst 1982 und das auch eher formelhaft durch den Bundeskanzler Helmut Schmidt anerkannt.Die Verfolgung der Sinti und Roma in der NS-Zeit erfolgte überwiegend durch die Polizei, durch lokale Polizeibehörden wie auch durch das Reichskriminalamt. Und diese Polizisten wurden nicht beschuldigt, wurden nicht angeklagt, wurden nicht verurteilt, sondern sie haben stattdessen Karriere gemacht und Bücher geschrieben über das Z*-Problem und wie man das sicherheitspolitisch lösen kann. Und das ist schon sehr infam. Eine infame Täter-Opfer-Umkehr. Dieses Narrativ von den kriminellen Z* hat nicht nur zur Straflosigkeit der Mörder geführt, sondern hat dazu geführt, dass die Community insgesamt kriminalisiert wurde. Und diese Kriminalisierung wirkt bis heute nach.Und das Zweite?Die Unabhängige Kommission Antiziganismus spricht von der „Zweiten Verfolgung“ nach 1945. Die Kriminalisierung der Überlebenden.Das Abdrängen der Menschen an den gesellschaftlichen Rand. Die Vorenthaltung von Bildungschancen. Die nicht oder mangelhaft erfolgte „Wiedergutmachung“, um einige Beispiele zu nennen. Alle diese Maßnahmen staatlichen Rassismus haben Folgen für die Betroffenen, psychische Beeinträchtigungen, Verlust von Eigentum. Die Unabhängige Kommission hat vorgeschlagen, dass eine Wahrheitskommission alles dies aufarbeitet und Vorschläge macht, wie die anhaltenden Wirkungen der Zweiten Verfolgung abgebaut werden könnten. Deswegen ist mir diese Kommission so wichtig.Warum gibt es diese Form der Wiedergutmachung Ihrer Ansicht nach noch nicht?Das habe mich oft gefragt, warum. Also die spezifischen Gründe, warum uns Deutschen die Anerkennung des Völkermords an den Sinti und Roma so schwerfällt. Und da ist natürlich der übliche Rassismus gegen Sinti und Roma im Raum. Ich glaube, auf einer staatlichen Ebene geht es auch um Geld. Wenn man wirklich den Völkermord anerkennt, muss man möglicherweise den Kreis der Berechtigten erweitern. Das sind nicht nur die Menschen, die in Deutschland leben, sondern vor allem in Osteuropa, auf dem Balkan. Das kostet alles Geld. Und es macht keinen Sinn, nicht darüber zu reden. Das sind keine Almosen. Sondern eine Schuld, die wir einer Minderheit gegenüber haben, die beglichen werden.Dieses zynische Spiel haben wir auch an anderer Stelle beobachten können: Nach dem Völkermord an den Nama und den Herero herrschte ein ohrenbetäubendes Schweigen auf deutscher Seite. Jahrzehnte später wurde ein wenig bedauert. Dann dauerte es noch einmal Jahre und Jahrzehnte, bevor dem offiziellen Deutschland das Wort Völkermord über die Lippen kam. Und in all dieser Zeit verstarben Überlebende, ohne auch nur mit einem Cent entschädigt zu werden oder auch nur ein Wort des Bedauerns gehört zu haben. Am Ende wurde dann mit Namibia ein Abkommen über eine lächerlich kleine Entschädigung getroffen, die über Jahrzehnte ausgezahlt werden soll und die möglicherweise mit der Entwicklungshilfe verrechnet wird. Jede Verweigerung einer Kompensation ist für eine Demokratie eine Schande. Sich der historischen Verantwortung zu entziehen, um Geld zu sparen, finde ich besonders beschämend.Aber lassen Sie mich noch ein weiteres Beispiel anführen...Bitte.Menschen kamen aus den Konzentrationslagern mit nichts außer den Kleidern am Leibe wieder zurück an ihre Wohnorte. Und sie gingen zu den örtlichen Rathäusern, um deutsche Ausweispapiere zu bekommen. Ihnen wurde die Herausgabe von Geburtsurkunden und Pässen verweigert, mit der Begründung Z* könnten keine Deutschen sein. Auf einer Veranstaltung vor einigen Wochen war ich in Köln. Da kommen junge Menschen zu mir und sagen, sie seien staatenlos, weil den Großeltern und Urgroßeltern der Pass weggenommen worden sei.Wissen Sie denn, wie viele Menschen diese Staatenlosigkeit betrifft?Es gibt man keine konkreten Zahlen, nur Schätzungen.Ihre erste Auslandsreise führte sie in die Ukraine, gleich nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine.Ich traf Überlebende, die aus der Ostukraine geflohen waren. Alte Menschen in einem Raum, mit zehn, 15 Menschen. Mir war wirklich wichtig, dass ich die Hand dieser Frauen küsse und mich entschuldige und um Verzeihung bitte. Ich hatte das dringende Bedürfnis, dies zu tun. Ich weiß, wenn ich es nicht tue, werden diese Menschen wahrscheinlich keine weiteren innerstaatlichen Vertreter aus Deutschland jemals sehen. Wir sprachen über Hilfen für Überlebende und einige der Holocaustüberlebenden bekommen Hilfen aus Deutschland über die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft in Form von Medikamenten und Lebensmitteln. Aber es sind nicht alle und es ist nicht strukturell. Ich bin der Ansicht, dass wir einen Sonderfonds brauchen, um beides zu tun: für die Schäden, die wir angerichtet haben, geradezustehen, aber auch den noch lebenden Überlebenden des Holocaust zu helfen. Für mich zählt auch die Zeit nach Auschwitz dazu.In welcher Form laufen weitere Hilfen für die Roma in der Ukraine?Über die allgemeine zivile Hilfe. Im Großen und Ganzen habe ich große Zweifel daran, dass von der zivilen Hilfe, die aus Europa fließt, wirklich der entsprechende Anteil bei den Roma ankommt. Nach meiner Reise in die Ukraine habe ich dem Kanzleramt, aber auch dem Auswärtigen Amt empfohlen, direkte Hilfsmöglichkeiten zu praktizieren. Über die Hilfsorganisationen vor Ort, aber auch Organisationen, die hier sind und ihre Kontakte haben.Schauen wir in die Zukunft: Was wollen Sie noch in Ihrem Amt erreichen?Einen jährlichen Austausch der gesamten Community mit der Politik, geplant ist das zum ersten Mal im Oktober. Eine etablierte Bund-Länder-Kommission, die lokale, also kommunale Partizipationsstrukturen vorantreiben soll. Angefangen damit, dass wir in allen Bundesländern Antiziganismus-Beauftragte haben und dass wir in den großen Kommunen sicherstellen, dass es ein Gremium gibt, wo die Community gehört wird. Und dass auch die Polizeipräsidien, jedenfalls die großen, sich überlegen sollten, ob sie nicht entsprechende Antiziganismus-Beauftragte einstellen. Wenn wir das alles erreicht haben, ist schon viel erreicht worden. Und am Ende der Periode, wenn die Kommission die ersten Ergebnisse vorlegen kann, bin ich happy.