50 Ways to leave your Ehemann: „Manchmal wollen Männer Rache“
Interview Autofiktional, aber saulustig: Jacinta Nandi wollte ein lustiges Buch über das Ende ihrer Ehe schreiben. Mit „50 Ways to leave your Ehemann“ ist ihr das gelungen – trotz tragischer Umstände
Und dann steht da auch noch ein Mann über dir und schreit dich an
Foto: Teva Cosic
Jacinta Nandi, indisch-britisch-deutsche Autorin, ist eine präzise Beobachterin absurder Alltäglichkeiten des weiblichen Daseins. Ihr Buch 50 Ways to leave your Ehemann befasst sich humorvoll und trotzdem bierernst mit den schönen und schlimmen Seiten vom Leben als Alleinerziehende. Im Freitag schrieb sie zuletzt über die Queen.
der Freitag: Jacinta, dein Buch über das Leben als frischgebackene Alleinerziehende beginnt mit dem Tod deiner Mutter, die an den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung verstirbt. Ein sehr aktueller, aber auch trauriger Abschied von der Mutter, die du geliebt und bewundert hast. War das geplant?
Jacinta Nandi: Nein. Ich wollte ein sehr lustiges Buch darüber schreiben, wie leicht es doch ist, einen Mann zu verlassen. Und wie viele Vorteil
iges Buch darüber schreiben, wie leicht es doch ist, einen Mann zu verlassen. Und wie viele Vorteile es hat, dieses Single-Mom-Leben. Ich glaube, ich hatte die Idee schon, bevor ich den Kindesvater verlassen habe. Jetzt ist es autobiografischer geworden und trauriger.War das Schreiben über das Leben als Alleinerziehende auch ein Weg, um mit deiner neuen Situation klarzukommen?Ich vermute schon, dass ich versucht habe, mein Leben erträglicher zu gestalten, indem ich es erträglicher darstelle.Neben diesen sehr lustigen, sarkastischen und leicht wirkenden Betrachtungen als alleinerziehende Frau beschreibst du auch die Gefährlichkeit des Trennungsprozesses für die Frauen. Familienanwältinnen und Studien bestätigen, dass es vor allem in den Trennungsphasen heterosexueller Beziehungen gefährlich ist – für die Frau.Ja, manchmal wollen Männer Rache.Diese Rache wird nicht gesehen, oder? Nicht von den Familiengerichten, nicht bei Beratungen und auch nicht im nahen Umfeld der Frauen.Ich neige fast dazu, zu sagen, dass – und ich weiß, viele Leute werden nicht mit mir einverstanden sein, auch nicht manche Feministinnen – wir wegkommen müssen vom Unterhalt. Stattdessen müsste das Kindergeld erhöht werden, für alle, aber für Alleinerziehende noch mehr. Denn sonst hat man wütende Ex-Männer, die dir das Leben schwer machen und dich im schlimmsten Fall vernichten wollen. In Deutschland denken viele gutverdienende Männer, dass sie so hohen Unterhalt wie in den USA zahlen. Aber das stimmt ja nicht. Es ist eine große Lüge, dass wir in Deutschland Gleichberechtigung in der Ehe haben und nach der Ehe.Vielleicht ist das Leben mit der Lüge schöner?Wenn du sagst, ich mache die ganze Hausarbeit und er schreit mich an, dann bist du nicht gleichberechtigt. Aber wenn du schweigst, bist du eine tolle Frau. Und wir haben in Deutschland und vor allem im Osten so eine Art Trümmerfrauen-Feminismus, wo die Frau alles packt. Ich will nicht über Ostdeutschland lästern, weil ich finde, sie haben vieles richtig gemacht, aber dieses „Bei uns gab es keinen Sexismus, wir haben einfach zehn Stunden in der Fabrik gearbeitet, die Kinder waren in der Kinderkrippe, und dann sind wir nach Hause gekommen, haben die Wohnung geputzt und waren frei“, das ist doch Schwachsinn! Vielleicht ist es ein bisschen unfair, wie die ostdeutschen Frauen über die westdeutschen Frauen sagen: Ihr seid doch selbst schuld an eurer Unterdrückung. Und wie alle gemeinsam dann über Hausfrauen lästern, vor allem über die migrantischen, das macht es nicht einfacher für den Feminismus.Würdest du Frauen, die nicht gleichberechtigt in ihrer Beziehung leben, zur Trennung raten?Es gibt viele Frauen in Cishetero-Beziehungen, die sich alleinerziehend fühlen. Das ist die zentrale Frage meines Buches: Ist es besser, tatsächlich alleinerziehend oder fast alleinerziehend zu sein?Hast du eine Antwort darauf?Nein. Als ich die Idee für das Buch hatte, dachte ich, dass es empowernd sein soll. Eigentlich ist es besser, dass du weggehst, wenn du unglücklich bist, aber leicht ist es nicht. Und es ist nicht leicht, wenn der Partner Gewalt ausübt und dich bestrafen will.Wie würdest du denn deinen Feminismus bezeichnen?Ich bin ein bisschen von allem: Girlboss, schlechte Feministin, ostdeutsche Trümmerfrau, manchmal bin ich „white feminist“. Nur TERF will ich nicht sein.Dem Prozess von Amber Heard gegen Johnny Depp widmest du einen beträchtlichen Teil deines Buchs. Warum?In der Zeit, in der ich noch unsicher war, was dieser Prozess bedeutet, war ich überrascht von der Frauenfeindlichkeit Heard gegenüber. Je mehr man sich mit dem Fall beschäftigt, desto krasser und unfairer ist es. Wir vergessen, wie frauenfeindlich unsere Gesellschaft ist.Die Ich-Erzählerin im Buch verliert am Ende sogar langjährige Freundschaften, weil sie sich in den sozialen Medien für Amber Heard einsetzt.Die Leute, die glauben, dass Amber Heard gelogen hat, die würden auch sagen, dass du lügst. Und was ist das dann für eine Freundschaft? Ich finde es pervers, wenn Leute sagen, man interessiere sich nur für Amber Heard, weil sie weiß und reich ist. Wenn nicht mal sie sagen darf „Ich bin ein Opfer“, wenn der Täter reich und berühmt und mächtig ist, was bedeutet das dann? Den Satz „Ich bin ein Opfer“ soll man sagen dürfen. Wobei: Nicht mal das hatte sie gesagt. Sie ist eine öffentliche Figur, die Missbrauch repräsentiert. Und sogar das hat ihren machtvollen Ex so wütend gemacht!In Bezug auf Amber Heard gibt es diesen einen Satz im Buch: Keine Frau ist frei im Patriarchat. Auch wenn die Ich-Erzählerin oft darüber nachdenkt, was für Freiheiten das selbst gewählte Alleinsein bringt – am Ende bedeutet es doch, dass Frauen nicht frei sind.Wie soll das auch gehen? Eine Frau ist eine Sklavin. Muttersein ist Sklavinsein. Ich denke, es ist auch eine große Lüge, dass wir die Schwachen lieben und die Stärkeren hassen. Wir lieben die Stärkeren und wir hassen die Schwachen dafür, dass sie schwach sind.Gilt das auch für uns Frauen, Mütter, Alleinerziehende?Es gibt manchmal viel Solidarität unter Frauen, oder? Aber nicht nur. Denn schwächere Menschen greifen sich eben auch an.Und was ist mit den Männern?Die sollen mein Buch kaufen und sich fragen, wie kann ich heute einer alleinerziehenden Frau helfen. Wenn sie sich Allies nennen, dann frage ich sie eben, ob sie für mich babysitten wollen. Das klappt sogar manchmal!Placeholder authorbio-1
×
Artikel verschenken
Mit einem Digital-Abo des Freitag können Sie pro Monat fünf Artikel verschenken.
Die Texte sind für die Beschenkten kostenlos.
Mehr Infos erhalten Sie
hier.
Aktuell sind Sie nicht eingeloggt.
Wenn Sie diesen Artikel verschenken wollen, müssen Sie sich entweder einloggen oder ein Digital-Abo abschließen.