Psychologie: „Individuelle Resilienz ist keine Lösung für gesellschaftliche Probleme“

Interview Wer die eigene Resilienz stärkt, ist weniger erschöpft und anfällig für Krisen. Die Soziologin Stefanie Graefe hält es allerdings für problematisch, wenn auf Überlastung mit Psychologie-Workshops reagiert wird. Ein Gespräch
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 16/2023
Unzählige Menschen reagieren mit Erschöpfung auf ihre Arbeits- und Lebensbedingungen
Unzählige Menschen reagieren mit Erschöpfung auf ihre Arbeits- und Lebensbedingungen

Foto: Unsplash; fotostudioneukoelln.de (unten)

Krisenfestigkeit ist in Zeiten von Erschöpfung ein gefragtes Konzept. Das Modewort lautet: Resilienz. Wenn ein Krankenhaus dem überlasteten Personal aber Trainings anbietet, statt mehr Pflegekräfte einzustellen, dann kommt die individuelle Anpassungsfähigkeit schnell an ihre Grenzen, meint die Soziologin Stefanie Graefe.

der Freitag: Frau Graefe, Sie haben sich mit Arbeitsbedingungen und der daraus resultierenden Erschöpfung befasst. Warum?

Mich hat interessiert, wie es kommt, dass so viele Menschen mit Erschöpfung auf ihre Arbeits- und Lebensbedingungen reagieren. Die Gründe sind vielfältig, sie reichen von Arbeitsverdichtung, entgrenzten Arbeitszeiten, Multitasking, schlechtem Betriebsklima bis hin zu unsicheren Beschäftigungsverhältnissen.