Kampagne aus der Luxussuite

Spanien Gnadenlos nutzt die Rechte im Land die Corona-Pandemie, um gegen die Regierung unter Pedro Sánchez zu hetzen
Isabel Ayuso regiert in Madrid in Koalition mit der Partei Ciudadanos, gestützt auf die Stimmen der faschistischen Partei Vox
Isabel Ayuso regiert in Madrid in Koalition mit der Partei Ciudadanos, gestützt auf die Stimmen der faschistischen Partei Vox

Foto: Community of Madrid/ Getty Images

In dem in Spanien herrschenden Umfeld von Korruption und politischer Agonie bringt das Coronavirus bizarre und europaweit einmalige Blüten hervor. Durch die spanischen Medien geht dieser Tage, dass Isabel Ayuso – aus der Rechtspartei PP kommende Präsidentin der Comunidad de Madrid (die autonome Region des Großraums Madrid) – seit zwei Monaten kostenlos zwei Suiten eines Madrider Luxushotels bewohnt, um sich vor dem Virus zu schützen. Ihr Gönner ist ein gewisser Kiko Sarasola, Besitzer einer Hotelkette, gegen den die Staatsanwaltschaft gerade vier Jahre Haft wegen Steuerbetrugs beantragt hat. Gleichzeitig tauchen verwaltungsinterne Dokumente auf, die diesen Altruismus verständlich machen. Danach soll die gleiche Regierung von Isabel Ayuso mit Kiko die Nutzung seiner leerstehenden Hotels für die Unterbringung coronagefährdeter Senioren vereinbart haben – natürlich gegen lukrative Verträge. Die Regierung Ayuso hat diese Information umgehend mit einem Verwaltungsirrtum entschuldigt.

Von ihren Luxussuiten aus führt Ayuso einen gnadenlosen Krieg gegen Spaniens Premierminister Pedro Sánchez und dessen Regierung. Ayuso stellt dabei sogar noch ihren Parteichef Pablo Casado in den Schatten. Im Stil von Donald Trump erfindet sie ständig neue Gründe, die Schuld für die fast 9.000 Coronavirus-Toten in ihrem Territorium (von insgesamt 28.000 in Spanien), davon 6.000 in Altenheimen, andern zuzuschieben, in erster Linie der Regierung von Pedro Sánchez. So behauptete sie schon im März, dessen Regierung hätte den Zoll angewiesen, die Auslieferung von Millionen von Schutzmasken aus China für Madrid zu blockieren. Einige Tage zuvor suchte sie Schuldige für das Verschwinden von Schutzausrüstung im Wert von 23 Millionen Euro, die sie direkt in China gekauft zu haben behauptete.

Für Ciudadanos wird es ungemütlich

Man muss dazu wissen, dass Ayuso in Madrid in Koalition mit der rechtsliberalen Partei Ciudadanos regiert, gestützt auf die Stimmen der faschistischen Partei Vox. Diese hat ihren obszönen Kampf gegen die „sozialkommunistische“ und „kriminelle“ Regierung von Pedro Sánchez derart auf die Spitze getrieben, dass es für Ciudadanos inzwischen ziemlich ungemütlich wird und die Partei neuerdings versucht, sich von ihren rechten bzw. faschistischen Weggefährten etwas abzusetzen. Erstes Ergebnis: Auf der Suche nach einer Mehrheit für eine erneute Verlängerung des Ausnahmezustands, angesichts der Verweigerung des PP, hat Pedro Sánchez die Zustimmung von Ciudadanos ausgehandelt. Wie Ciudadanos tags darauf frohlockte, war die Gegenleistung von Pedro Sánchez angeblich der Verzicht auf weitere Verhandlungen mit den katalanischen Unabhängigkeitspolitikern über die Zukunft Kataloniens. Das wurde zwar von Pedro Sánchez dementiert, aber der Effekt ist jetzt bereits, dass die katalanische Unabhängigkeitspartei „Republikanische Linke“ (ERC), deren Stimmenthaltung Pedro Sánchez sein Amt verdankt, verlauten ließ, mit diesen, ihren neuen rechtsliberalen Freunden, könne Sánchez‘ Regierung die Hoffnung auf ERC-Stimmen zu einem längst überfälligen neuen Haushalt begraben. Ohne diesen Haushalt sind die Tage von Pedro Sánchez aber gezählt.

Gleichzeitig führt die rechte und faschistische Opposition ihren Kampf zum Sturz der Regierung Sánchez weiter hoch, und deren Zustimmungswerte sinken: Im Madrider High-Society-Viertel Salamanca ziehen chic gekleidete Damen und Herren – von der faschistischen Partei Vox aufgerufen – durch die Prachtstrasse Castellana, auf Töpfe und Pfannen schlagend („Cacerolada“), vor den wohlwollenden Augen der Polizei und die geltenden Schutzbestimmungen provokativ missachtend. Sie fordern die umgehende Aufhebung des Alarmzustands – bei immer noch über 30 Toten täglich. Dafür opfern sie sogar ihr Wochenende in den Madrider Bergen.

Auch ohne diesen Druck ist das „fortschrittliche“ Pogramm des sozialen Wandels, mit dem die Sozialisten zu den Wahlen angetreten waren und das den Pakt mit der Linkspartei Podemos ermöglicht hatte, praktisch in der Versenkung verschwunden und der Angststarre angesichts einer bevorstehenden „brutalen“ Wirtschaftskrise gewichen.

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