Begonnen hat es mit einem kleinen Schriftwechsel über zwei Medien hinweg. Dort die FAZ, die vermittels einer fleißigen polyvalenten Mitarbeiterin den Freitag und die sich darin tummelnden Blogger wenig schmeichelhaft unter die Lupe genommen hatte; hier die Community, die „in passender Münze“ herausgegeben hat, „mokant“ im Ton, den Frankfurtern mal eben zu- und angemessen. Das wäre es dann schon gewesen.
Wenn nicht Michael Seemann, Blogger bei der FAZ –deswegen auch sehr bekannt- unter der Rubrik „CTRL-Verlust“, nun eingedampft worden wäre. Wer das ist und was Seemann schreibt, liest man am besten bei carta.info als „Clash der publizistischen Kulturen: mspro und FAZ.net“ nach. Den Hergang seines Hinauswurfs kann sich der Blogger unter dem Titel „FAZ“ selbst nicht erklären. Uns darf er es nicht, weil Verlag/Redaktion/wer-auch- immer ihm einen Maulkorb derart umgehängt hat, dass aus der Korrespondenz nicht zitiert werden dürfe. Das ist immer so: Bei außerordentlichen fristlosen Kündigungen, und nichts anderes ist das hier, werden Chefs immer sehr schmallippig. Denn ab „Kündigung“ oder dem entsprechenden Realakt könnte jedes weitere Wort vor einem Gericht als eines zu viel gewertet werden und zur Wiedereinstellung führen. Die Art, wie Seemann hier abserviert wurde, erinnert jedenfalls im Ton sehr an die polyvalente Mitarbeiterin weiter oben. Die Frage, ob „das, im Gegensatz zur Bloggerei, die Zukunft des Journalismus“ sei, wurde damit schneller als gedacht beantwortet.
Ob Seemann nun ein guter Blogger ist/war, weil ihm die Huld abhanden gekommen ist, kann der Verfasser dieser Zeilen nicht beurteilen. Seine Leseprioritäten liegen woanders und vor allem nicht bei der FAZ. Die Äußerungen von carta auch in der Analyse sind plausibel, und mehr gäbe es dazu nicht zu sagen. Außer, dass wegen des Procedere Michael Seemann jeden Respekt und vor allem Solidarität verdient.
Und wenn da nicht noch ein Zweifel bestünde: In dem eingangs erwähnten kleinen Schriftwechsel wurde ein Satz justament aus CTRL-Verlust zitiert („Und ich verliere täglich die Kontrolle darüber“)als Beleg dafür, dass bei FAZ eigentlich auch einiges der Interpretation zugänglich sei. Wurde da, unbewusst und unwillentlich, eine weiche Flanke des Mutterschiffs aller Tagespublikationen berührt, just in dem Augenblick, als dieses sich angeschickt hatte, einen Minenleger aufs Korn zu nehmen? Wurde da ein Fingerzeig auf fehlende Law & Order im Innenbereich wahrgenommen, wo man doch gerne nach außen immer sauber erscheinen mag?
Aber nein, ganz sicher nicht, Hirngespinst und reine Selbstbespiegelung. Was bleibt, ist der bittere Geschmack, dass Blogger Ramschware sind, die gerade dann, wenn sie gut, eine Gefahr fürs Establishment sind. Und deswegen abgesägt werden. Es sei denn, man bloggt beim Freitag und schreibt über „Das Bauhaus der grünen Idee“. Danke Columbus, und danke Jakob Augstein.
[editiert 19:25, letzter Absatz: Etablissement durch Establishment ersetzt]
Kommentare 13
Danke e2m.
Ein paar Fakten und persönliche Worte über das Bloggen bei der FAZ
bit.ly/bHGQDS
per @freitag_bkmk
Der Don hat vor einiger Zeit schon mal so ein Ding abgelassen "Warum ich bei FAZ schreibe ...." oder so ähnlich. Seltsam, dass ich es nicht mehr finde. Und dass justament (24.06.) dann übers Klauen geschrieben wird, wenn es Thema einer Kündigung ist. So einen Anwalt hätte sich Emmely auch nicht unbedingt gewünscht. Niggemeier kann das aber besser einordnen als ich und hat es vor allem schon getan.
www.stefan-niggemeier.de/blog/don-alphonso-will-kein-dreckschwein-sein/
Und damit verlasse ich diese Welt des ich-hab-mehr-leser-als-du von einem Journalisten, der mit Blogger-Sein kokettiert. Vor allem ist der Don nicht mein MacGuffin, sondern Zugpferd für was ganz anderes.
An der Stelle will ich nicht verfehlen, auch Magda zu danken: Für das, was sie schreibt, wie sie es schreibt und dafür, dass sie da ist! Thx Madge Matsch :)
Fonsi ist Fonsi bleibt Fonsi.
Immer das selbe blabla.
Ein erhellender Beitrag!
Über die Konsequenzen, was Widerspruch bewirken kann, philosophierte schon Lichtenberg, jener Genius, der die "Sudelbücher" schrieb.
Gewissen Menschen ist ein Mann von Kopf ein fataleres Geschöpf als ein deklarierter Schurke.
Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu sengen.
Weitermachen!
Man kann sich ja seine Gedanken auch in eine weitere Richtung machen:
www.sueddeutsche.de/kultur/sarkozy-und-die-medien-der-schatten-intendant-1.574567
da die aufklärung in vollem gange ist... sieht es atm so aus:
der bekamt kürzlich ne mail, in der nicht zum ersten mal, darauf hingewiesen wurde, dass man auf die bildrechte zu achten hat. bei dem aktuellen beitrag gabs nen vertstoß, daraufhin wurde der beitrag off genommen. in einer kommunikation zwischen beiden parteien stellte die redaktion klar, dass sie den beitrag auch ohne bilder nicht online wünscht.
hat ihn nicht interessiert, weil er sich irgendwas zusammendachte. beitrag neu reingestellt, blog offline.
seine reaktion darauf konnte eigentlich nur prozellan zerschlagen:
twitter.com/mspro/status/16933243952
denn hier behauptet er etwas, was ja vom werdegang her weder passt noch wahr ist.
bei carta gibt es eine stellungnahme der FAZ. allerdings wird deren server grad etwas überrannt.^^
@carta_:
bit.ly/cQB6j2
“Kein systematischer Konflikt”: Stellungnahme der F.A.Z. zur Causa Ctrl-Verlust
mfg
mh
Wir erinnern uns: Da gab es mal einen ZDF-Intendanten, der musste gehen, weil er einem mittlerweile abkömmlichen Ministerpräsidenten aus einem Bundesland in dem man "bocksbaanisch und fuchdisch nie ohne Grund" wird, nicht in den Kram gepasst hat.
Wo es einen deutschen Weg gibt, da gibt es auch einen selbsternannten Ordnungshüter - und hier gilt allemal: Nichts ist so schwer zu verteidigen wie die Freiheit, die bereits durch Notstandsgesetze, Vorratsdatenspeicherung, Nacktscanner, Bewegungsprofile und großen Lauschangriff eingschränkt wurde.
Bleiben wir also sperrig. Denn beizeiten quer zu handeln erspart vielleicht die Revolution.
@ mh
Da wird viel hineininterpretiert werden können. Etwa: Gab es eine Anweisung, dass gelöschte Blogs unter Redigierung der beanstandeten Teile (hier: Bilder) wieder eingestellt werden durften, oder erst nach Rücksprache? Ist die Wiederholung des Lizenzhinweises vom 21.6. eine, die schon in dieser Form getätigt war oder nur ein Verweis auf die ohnehin bestehenden AGB?
Das von FAZ ist erwartungsgemäß glatt wie ein Babypo frisch nach dem Bad und ebenso parfümiert. Nicht anders zu erwarten. Kein Dementi aber, und DAS finde ich bezeichnend, zu den bei Carta angesprochenen grundsätzlichen Erwägungen Richtung Blog. Da paßt die vorliegende Causa hinein.
da er dort ein freier mitarbeiter war, das ist der status, dürften die agb kaum interessieren, sondern vielmehr der vertrag. der mann hat geld bekommen für das was er tut.
dass man rechtlich alles mögliche hinterfragen und beballern kann ist mir auch klar. schlussendlich zählt dann aber doch noch was ist, wenn man denn nicht gerade die stategie fährt kosten und zeitaufwand höher zu treiben als den fall, um eine einigung zu erzielen. ^^
du arbeitest dich da gerade an der FAZ ab, aus welchem grund auch immer. fakt ist, die darstellung der FAZ weicht nicht von der des mspr0 ab. die sind nahezu identisch .. in dem sinne kann man sich da auch eine meinung bilden.
und in der sind die fehler da mE hauptsächlich nicht bei der FAZ erfolgt. dass die ne schrottige form der kommunikation haben, habe ich derweil wahrgenommen .. aber das hilft ja nix. der fall ist eindeutiger als die empörten glauben machen wollen.
mfg
mh
Abarbeiten ist gut, mh: Ich führe fort, was auf sonderbare Weise, und das meine ich ganz unironisch, auf Worte in einem Artikel und einem Blog zurück geht. Wie das Leben so spielt.
So wie es angelegt ist, dürfte es keine Einigung geben, denn es würde ein zu starkes Nachgeben beider Seiten bedingen.
Richtig ist, dass das objektive Gerüst der Nachricht von beiden Seiten ähnlich dargestellt wird. Aber oft kommt es auf die Nuancierungen an, wie bei Emmely. Und da hat man sich mE. zu Recht empört. Hier wäre es die Frage, wie es dazu kam, dass Seemann ohne weiteres den Blog noch einmal veröffentlichte, nachdem er die Fotos entfernt hatte. Er ist ein erfahrener Blogger und dieser Automatismus spräche dafür, dass das eben so gehandhabt wurde. Bis zu diesem Moment.
Das mit den AGB war mein Fehler, danke für den Hinweis.
nein, werter ed. da gab es keinen automatismus, den man aus der vergangenheit heraus hätte begründen können... es war an dieser stelle die grundsätzliche versuboptimalisierung des lebens eines menschen sein, der noch nichtmal die verträge kennt, die er unterzeichnet hat.
da mag man nachsichtig sein können, ob der naivität. er hat einfach nur gedacht, eigenem bekunden nach, dass der schirrmacher ihm ja mündlich gesagt hat, dass er in seinem blog schreiben könne was er wolle ... er also auch nicht auf die redaktion hören müsse, die im klipp und klar sagte, dass er den beitrag auch ohne bilder nicht online stellen solle.
ganz simpel... aber natürlich wirst du auch hier in den nuancen noch etwas finden, was deine nun gewollt negative meinung zu unterstützen vermag.
ich halte diesen fall einfach nicht dafür geeignet, die FAZ zu bashen. das ist ein ganz normaler vorgang, der einfach nur an dynamik gewonnen hat .. kommt im realen arbeitsleben ständig vor. nur nicht so öffentlich.
und ich bleib dabei .. es war einfach dämlich, trotz besseren wissens diesen tweet rauszusenden. der typ ist in seiner gedankenwelt da einfach gefangen gewesen .. das muss er nun einsehen und schauen wie er aus der nummer rauskommt.
mfg
mh