Aufgefasst und abgebissen, die 18.KW bis Freitag in Italien

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Eigentlich gibt es nicht wirklich etwas zu berichten. Nun gut, ja, ein Minister ist in Rom zurückgetreten, Claudio Scajola heißt er, viele Ämter hatte er in verschiedenen Regierungen unter Silvio Berlusconi inne. Jetzt war er der für wirtschaftliche Entwicklung. Die er allzu wörtlich genommen hat, nämlich die eigene.

Ihm wurde nachgewiesen, und zwar durch Zeitungen wie La Repubblica, dass er richtig viel Geld angenommen hat aus Richtung von geschäftlichen Verbindungen, die maßgeblich die öffentlichen und damit sehr privaten Arbeiten der letzten paar Jahre in Italien bestimmt haben: Schwimmmeisterschaften in Rom, G8-Gipfel zuerst mit Bauten auf Sardinien, dann in l’Aquila, Wiederaufbau dieser Stadt nach dem Erdbeben und ein paar Kleinigkeiten mehr.

Mit dem Geld hat er sich eine Wohnung von 180 qm gekauft. Mit Blick auf das Kolosseum, was derzeit in Rom als Zeichen der Distinktion gilt: Unverbaute Aussicht auf die Schlachtstätte von Mensch und Tier, die ihren Namen von der Kolossalstatue des Nero haben soll, die einmal dort gestanden habe. Oder auch nur als Traum einer eigenen domus aurea. Wer die Abgase des Verkehrs von der Via dei Fori Imperiali her kennt, weiß, dass das wirklich nur ein Traum sein kann und zwar kein guter.

Scajola war schon einmal zurückgetreten, 2002, damals war er Innenminister gewesen. Er hatte den in dem Jahr ermordeten Arbeitsrechtler Professor Enzo Biagi der Universität Bologna, dem er trotz Todesdrohungen die Polizeieskorte verweigerte, vor Journalisten als „lästigen Menschen“ bezeichnet, der nur „die Erneuerung eines Beratervertrages wollte“. Wörtlich titulierte er ihn postum als „rompicoglioni“, was auf der hiesigen Plattform kraft AGB zur sofortigen Suspendierung führen dürfte. Zur Aufklärung des Mordes trug Scajola nichts bei, Biagi sei den sog. Neuen Roten Brigaden zum Opfer gefallen. Genauso wenig wie er bei der Aufklärung der Polizeiübergriffe anlässlich des G8 2001 in Genua behilflich war. So sieht Italiens Exekutive unter Herrn Berlusconi aus, der auch hier und jetzt wieder „Komplott“ ruft.

Zeitungen haben ein langes Gedächtnis, das online-Publikum auch. Damit es keine Missverständnisse darüber gibt, warum Italien heute, u.a. wirtschaftlich, als unsicherer Kantonist gilt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

ed2murrow

e2m aka Marian Schraube "zurück zu den wurzeln", sagte das trüffelschwein, bevor es den schuss hörte

ed2murrow

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden