Nach den Anschlägen in Paris vom 13.11.2015 hat die Tageszeitung Le Monde die Toten portraitiert und ihnen online ein Denkmal errichtet: "Weil wir uns geweigert haben, sie auf eine Zahl, 130, oder einen Zustand, dem der "Opfer" zu reduzieren, haben wir ihnen ein Gesicht geben, ihre Geschichte erzählen wollen aus der Sicht derer, die sie kannten und liebten." Die beiden Autorinnen Aline Leclerc und Sylvie Kauffmann schreiben dazu, das Ziel der Terroristen seien Orte gewesen, "wo sich Juden, Christen oder Muslime, Männer oder Frauen mischten. Orte wo man zusammen zu leben wusste".
Zahlen, Verdinglichung und das Zusammenleben unmöglich machen: Wenn ich Terrorismus an diesen Vorgaben messe, werde ich schnell bei ganz anderen Leuten fündig. Bei Jürgen Fritz etwa. Oder bei David Berger. Der freie Autor Fritz ist Verfasser des Artikels "Warum Sie mit psychopathologisch gestörten Gutmenschen nicht diskutieren sollten", der am 6.1. als Gastbeitrag im Webzine Tichys Einblick veröffentlicht wurde. Verantwortet wird es von Roland Tichy, dessen Karrierehöhepunkt war, von 2007 bis 2014 Chefredakteur der Wirtschaftswoche gewesen zu sein.
Der Rest wäre bereits Geschichte: Am 7.1. großes Raunen in der Öffentlichkeit wegen der Veröffentlichung, am 8.1. Rücknahme des Artikels ("Wir bedauern und bitten um Entschuldigung"), dann immer noch großes Raunen Richtung Roland Tichy ("Das hat aber nicht zur Ruhe geführt. Stattdessen erhielt ich Morddrohungen."), am 9.1. Rücktritt Tichys als Verantwortlicher von XING Klartext ("das neue Format für Debatten über Wirtschaft, Beruf und Karriere"). XING ist dem eigenen Verständnis zufolge eine "Online-Plattform für das Social-Networking neuer und bestehender Business-Kontakte".
Nur zwei hat es bei dem Ganzen nicht getroffen, sie treiben mit der "Story" fröhlich weiter ihr Unwesen: Fritz und Berger.
(wie es weitergeht, schreiben die Ausrufer; klick)
[Editnote, 16.01.2017, 10:00 Uhr: Heute Morgen wurde der ursprünglich eingestellte Beitrag von der Redaktion freigeschaltet und ist nun vollständig bei freitag. de zu erreichen unter -> https://www.freitag.de/autoren/ed2murrow/totalitaere-traeumen-von-der-psychiatrie]
Liebe Leserinnen und Leser, der vollständige Wortlaut des Beitrags befindet sich seit Freitag in der Moderationsschleife der Redaktion. Mit welchen Schlüsselbegriffen die Aufmerksamkeit des betreffenden Algorithmus' ausgelöst wurde, weiß ich naturgemäß nicht. Aber ich muss davon ausgehen, dass eine eventuelle Freischaltung erst am Montag erfolgen würde. Das ist mir angesichts des Vorgangs zu lang. Daher bitte ich um Verständnis, dass ich zum ersten Mal in über 7 Jahren direkt zur Lektüre auf meinen persönlichen Blog weiterleite. e2m
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