"Ein Klima der Angst ..."

Medien/USA Glenn Greenwald, eine Schmierenkampagne und der Zustand des Journalismus in den USA

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Nicht nur Edward Snowden ist dort, wo er eben ist und damit auf der Flucht. Auch Glenn Greenwald, einer der wichtigen Autoren des Londoner The Guardian zu den Enthüllungen des Ex-NSA-Mannes, bekommt langsam aber sicher zu spüren, was es bedeutet, einen Job zu tun: als Journalist.

In einem Artikel vom vergangenen Mittwoch sah sich Greenwald veranlasst, umgehend gegen Anwürfe anzutreten, die erkennbar auf eine persönliche Diskreditierung abzielen. Die New York Daily News hatten wenige Stunden zuvor mit dem Titel aufgemacht, Greenwald sei in der Vergangenheit als Anwalt in pornografische Geschäfte verwickelt gewesen und dafür angeklagt worden. Auch die New York Times interessiere sich zunehmend für die Biographie, vor allem die Studentenzeit von Greenwald. Die Attacke fügt sich nahtlos ein in eine „Debatte“ in den USA, ob der Journalist wegen der gleichen Punkte angeklagt werden sollte wie Julian Assange mit Blick auf dessen Leaks.

Der springende Punkt ist: Als Journalist kann Greenwald mehr als die Meinungs- die Pressefreiheit in Anspruch nehmen und damit die Kontrollfunktion gegenüber der Tätigkeit der Exekutive, mag diese noch so sehr eine Geheimhaltung „im nationalen Interesse“ fordern oder durchsetzen wollen. Solche zunehmend peremptorisch formulierten Wünsche zu befolgen, steht im völlig freien Ermessen der Publikationen.

Etwas anderes würde sich aber zumindest in der Resonanz des fehlinformierten Publikums ergeben, wenn der Autor als schmutzig und ohnehin mit Illegalität vertraut dargestellt wird. Die Inanspruchnahme eines verfassungsrechtlich garantierten Rechts erschiene als dubioses Alibi einer noch dubioseren Figur. Warum aber geben sich Journalisten selbst zu solchen Kampagnen überhaupt her?

Auf diesen Punkt kommt Greenwald auch in einem Beitrag zur Socialism Conference 2013 in Chicago zu sprechen, der er vergangenen Freitag per Skype zugeschaltet war. Neben einer sehr ausführlichen Schilderung, wie das Vertrauensverhältnis zu Snowden aufgebaut wurde (und wie dieser den gewiss nicht zart besaiteten Journalisten inspiriert hat), geht Greenwald auf das ein, was Enthüllungsjournalismus ist. Oder besser war, denn:

Eines der Dinge, die in den vergangenen drei oder vier Jahren am meisten erschrecken, ist dieses Klima der Angst, das gerade in den Kreisen Platz gegriffen hat, deren Aufgabe es wäre, die Regierung zu fordern. Sie ist unter den investigativen Journalisten zu finden einschließlich derer, die zu den geschütztesten Marken gehören wie die New York Times und andere. Die wirklichen investigativen Journalisten, die echte Nachforschungen anstellen, sie sind vor der US-Regierung erstarrt. Und ihre Quellen sind es noch viel mehr.“

Die in den USA seit beinahe einem Jahrzehnt tätige und bekannte Blogplattform Firedoglake (FDL) hat den Beitrag ab Minute 12:05 in voller Länge transkribiert. Ihr ist auch zu entnehmen, dass Greenwald demnächst mit Details zu einer neuen Technologie der NSA aufwarten wird, mit der die Agentur in die Lage versetzt wird, jeden Tag annähernd eine Milliarde Handyanrufe „in ihre Speicher umzuleiten“.

Wer dorthin klicken will, übers Glasfaserkabel im Atlantik ... e2m

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Geschrieben von

ed2murrow

e2m aka Marian Schraube "zurück zu den wurzeln", sagte das trüffelschwein, bevor es den schuss hörte

ed2murrow

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