Alles von der Stange: Alice (Dakota Johnson) und Robin (Rebel Wilson)
Foto: Barry Wetcher/WARNER BROS. AND METRO-GOLDWYN-MAYER
Lucy schüttet einen Haufen Erdnüsse auf den Tresen und erklärt uns die Single-Welt: Die Hälfte kommt nicht infrage, das sind die Frauen (nichts für sie); dann die verheirateten Männer (auch nicht, okay), dann die zu alten, zu jungen, zu wenig smarten und zu wenig attraktiven, der Haufen wird kleiner und kleiner, am Ende bleibt eine Nuss, und nicht mal die. Aussichtslos ist die Suche nach Mr. Right, und es sind die Algorithmen der Dating-Sites, auf denen Lucy surft, die ihr das vor Augen geführt haben: Das perfekte Match gibt es nicht, wenn man die Menge der möglichen Partner als Warenwelt und die Partner selbst als Eigenschaftskataloge nimmt.
Auf der anderen Seite des Tresens: Bartender Tom, er nimmt die Hälfte der Nüsse, die die Frauen repr
rauen repräsentiert, und verspeist sie mit einem Haps. Später führt er Alice, die Protagonistin des Films, durch seine Wohnung, eine perfekte Maschine zur Vertreibung der Frau, mit der er gerade einen One-Night-Stand hatte. Frühstück machen: unmöglich. Keine Zutat dafür, der Wasserhahn dicht. Das Leben als sich durch die Welt vögelnder Single also allemal: leicht. Jedenfalls für den Mann.Aber nehmen wir Robin. Immer aufgekratzt, immer Party. Sie ist im Typenreigen von How to Be Single die fröhliche Dicke. Outriert, stets einen Aufreißer-Tipp für Alice parat. Oder einen zur Schamhaarexstirpation, denn wer sich auf den Single-Marktplatz begibt, steht unter dem Druck geltender Norm. Robin und Alice lernen sich kennen am Arbeitsplatz, in einer noblen Anwaltskanzlei in Manhattan. Alice ist mehr der romantische Typ. Sie hat nach dem Studienabschluss (Wesleyan, feine Adresse) ihr College-Sweetheart verlassen. Beziehungsweise: Sie braucht mal eine Pause. Er nimmt das tragisch. Und recht schnell wieder nicht. Zur Party mit der Neuen lädt er Alice als „meine Cousine“. Küsschen.Bleibt Meg, die ältere Schwester von Alice. Karrierefrau, Ärztin, aber da fehlt doch was: ein Mann. Und: ein eigenes Kind. Das besorgt sie sich aus der Samenspenderpalette (Schwede, blond, keine Krebsgeschichten in der Familie); und dann kreuzt noch der Mann auf, dabei hat sie gar keinen gesucht. Vielmehr: nicht gewusst, dass sie suchte. Denn natürlich suchen sie alle. Wie man Single ist: eigentlich besser gar nicht.„Vier Monate später“Zugrunde liegt dem Film ein Roman von Liz Tuccillo, die Story Editor im Team von Sex and the City war. Der Roman ging allerdings noch anders, da war die Heldin auf einem von Yahoo gesponserten Trip als Boulevardethnografin in der Welt unterwegs, um über das Leben der Single-Frauen zwischen Peking und Sydney vergleichend zu forschen. Scheint auch schrecklich zu sein, Ausweitung der Klischeezone hinaus übers saturierte New Yorker Mittelschichtmilieu, in dem nun der Film spielt, der sich aber nicht für fünf Cent für irgendeine Wirklichkeit interessiert. Apropos Realität: Zweimal sieht man kurz eine Bar, gleich neben der von One-Night-Stand-Tom, sie heißt „Deconstruction“. Google sagt, die gibt es nicht wirklich. Ich habe mir immerhin eine kleine Weile des lähmenden Films mit der Frage vertrieben, ob ein Derrida-geschulter Set-Designer hier ein Zeichen wofür oder wogegen setzen wollte.How to Be Single hat Dakota Johnson, Rebel Wilson, Leslie Mann und Alison Brie. Die tun, was sie können, Komödienhandwerk: okay. Hilft aber nichts. Sonst fehlt nämlich alles. Der Film hat keinen Charme, keinen Witz, kein Interesse an seinen Figuren, an ihrem Glück oder Unglück; und so können sie nicht sagen und zeigen, was sie leiden, was sie ersehnen, was sie füreinander sein könnten, wären sie mehr als nur die schmale Idee einer handlich ausgedachten Figur, die etwas illustriert, das gerne eine Wahrheit über das Single-Sein wäre, dabei aber nur Ersatz von Ersatz ist. Jeder Dating-Plattform-Algorithmus ist subtiler, als es die Hirne und Herzen der für How to Be Single Verantwortlichen sind.Wahrscheinlich sollte man Algorithmen im Vergleich mit Hollywood-Drehbuchautoren wie diesen (Abby Kohn, Marc Silverstein, Dana Fox) sowieso nicht unterschätzen. Bei denen läuft alles auf eine blöde Pointe hinaus, eine in falsche Toleranz verpackte knallharte Norm fürs Zusammenwollen und Zusammenleben, einen Schmerz, der keiner ist, einen Verlust, über den man mit ein bisschen Party hinwegkommt, ein Begehren, das eine Szene später gestillt ist durch Sex, von dem man buchstäblich niemals was sieht.Wobei das mit dem Verlust nicht ganz stimmt. Nur lernt man David, der durch den Tod der Ehefrau tief verwundet ist, kaum kennen, im Zweifel kommt ein Insert dazwischen: „Vier Monate später“. Das richtige Leben, das muss man mal sagen, ist zwar auch im Schmerz komödienfähig, aber es ist darin niemals einfach „vier Monate später“.So flieht das Buch immer nur von einer Idee zur andern, aus Angst vor der Entfaltung eines echten Gedankens, vor der Entwicklung eines Gefühls. Frauen sind nur das Publikum, das man abholen will, indem man so tut, als ob von ihnen erzählt würde. Kein Ringen um Einsicht, nichts Zartes und nichts Hartes. Und Christian Ditter (Vorstadtkrokodile, Wickie auf großer Fahrt) als Regisseur kleidet das alles in Bilder und Kompositionen von der Stange, da lernt man im Vergleich jemanden wie Judd Apatow erst recht zu schätzen, der nicht so tut, als baute er in seiner Mise en-Scène etwas anderes als Container, in denen seine Darstellerinnen dann aber viele Freiheiten haben, zur Improvisation, dazu auch, auf die Kamera nicht weiter zu achten. Durch How to Be Single weht kein Luftzug. Er ist in seiner Mediokrität einfach tot.Placeholder infobox-1
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