Lars von Triers Sex-Epos „Nymphomaniac“: Die Rhetorektion

Kino Der erste Teil von Lars von Triers Sex-Epos „Nymphomaniac“ zeigt, dass die sexuelle Unersättlichkeit selbst Metapher für endloses Erzählen ist
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 08/2014
Die junge Joe (Stacy Martin, rechts) mit ihrer Freundin im Zug auf Männerjagd
Die junge Joe (Stacy Martin, rechts) mit ihrer Freundin im Zug auf Männerjagd

Foto: Concorde Filmverleih

Zur Fliege an der Wand kehrt der Blick immer wieder zurück. Die Fliege ist freilich keine Fliege, oder nur im übertragenen Sinn: ein Köder fürs Fliegenfischen und als solcher ein beweglicher Fixpunkt, um den die Geschichte von Joe (Charlotte Gainsbourg) zu kreisen beginnt. Seligman (Stellan Skarsgård) hat Joe auf der Straße gefunden, auf dem Boden, Blut im Gesicht, ein Körper als Rätsel. Nun liegt sie im Bett, Seligman sitzt davor, an der Wand besagte Fliege als Köder. Damit ist die Erzählsituation eingerichtet. Die talking cure kann beginnen.

Joe erzählt von ihren Geschichten mit Männern, von ihrer Lust am Sex mit allen und jedem. Seligman hört ihr zu, fragt nach, entwickelt Thesen, findet Vergleiche, ist eine Enyklopädi