Gehen Sie, Herr Rajoy!

Madrid Die freie und auszugsweise Übersetzung eines Kommentars von Jesus Cacho aus vozpopuli, der, wie ich meine, sehr gut die derzeitige Stimmung vieler Spanier wiedergibt.

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Gehen Sie, Herr Rajoy!

So unglaublich es klingt, Rajoy legt das Ergebnis der Wahlen als Triumph aus. Und ignoriert, dass die Volkspartei 63 Parlamentssitze und mehr als 3,6 Millionen Stimmen verloren hat. Gehen Sie, Herr Rajoy!

Aber unser Mann klammert sich unbekümmert an die Macht, und niemand wagt es ihm zu zu flüstern: vielleicht lag es nicht an Pedro Sanchez, an Pablo Iglesias, an Albert Rivera, oder gar an Artur Mas, vielleicht lag es ja an Ihnen. Vielleicht ist es Ihre Schuld, dass sich die größte absolute Mehrheit, die das spanische Volk jemals einem Ministerpräsidenten beschert hat, in Nichts aufgelöst hat. Eine Mehrheit, die die Spanier dem Regierungschef anvertrauten, in der Hoffnung er würde damit eine dreifache Krise lösen: eine wirtschaftliche, eine politische und eine ethische.

Aber der Herr fordert mit versteinertem Gesicht eine Regierung, natürlich unter seiner Führung, mit „breiter parlamentarischer Unterstützung“ um „auf Basis eines breiten Konsens die Reformen durchführen zu können, die Spanien braucht“. Jetzt fallen Ihnen plötzlich die Reformen ein, die Spanien so dringend braucht? Jetzt, nachdem Sie aus der vierjährigen Siesta im flaumigen Bett der absoluten Mehrheit aufgewacht sind, weil diese durch Ihre totale politische Unflexilibität den Bach runtergegangen ist? Gehen Sie, Herr Rajoy!

Rajoy bleiben nur noch zwei Möglichkeiten; Ihm gelingt die Investitur als Ministerpräsident einer Minderheitsregierung, oder, was wahrscheinlicher ist, er geht als alter neuer Kandidat der Rechten in die Neuwahlen im Mai. Hier bin ich wieder und nichts ist passiert. Gehen Sie, Herr Rajoy!

Mitglieder der Volkspartei betonen immer wieder, dass Rajoy eisern entschlossen ist die Regierung zu bilden, „Komme was wolle“. Hört, hört: "Komme was wolle". Aber, als jemand der schon vieles erlebt hat, kann ich mir nicht erklären, wie ein Herr der konservativen Rechten daran festhalten kann, mit so einer schwachen Fraktion zu regieren. Wie will er die Haushaltskonsolidierung durchsetzen, oder weitere Strukturreformen, oder die Refinanzierung der öffentlichen Schulden? Was passiert, Herr Rajoy, wenn die Herren von der Wallstreet und aus London am 11. Januar aus dem Urlaub zurückkehren, und einen Blick auf die Ergebnisse der spanischen Wahlen am 20. Dezember werfen? Gehen Sie Herr Rajoy!

Werden Sie mit der Linken weitere Sozialausgaben paktieren, um an der Macht zu bleiben? Sind Sie bereit den öffentlichen Haushalt zu ruinieren? Sei es wie es sei, Sie müssen gehen, Sie können nicht der Pfropfen bleiben, der ein ganzes Land blockiert, und verhindert, dass sich die Volkspartei erneuert, durch eine neue liberale und laizistische Rechte, die der Korruption den Kampf ansagt, die Gesetze achtet und sich für Reformen einsetzt. Sie, sind das Problem und nicht die Lösung des Problems.

Sicher, niemand in Ihrer Partei würde es wagen Ihnen das zu sagen,weil dort die Angst regiert. Aber Sie sollten dennoch wissen, dass 95 % der Mitglieder Ihrer Partei überzeugt sind, dass die Volkspartei mit einem anderen Kandidaten bei den Wahlen wesentlich besser abgeschnitten hätte. Dass sie meinen, Sie treiben die Wähler den Linken in die Hände.

Und dass Sie, falls Sie bei Neuwahlen im Mai auf einer Kandidatur bestehen sollten, die gesamte Partei mit sich in den Abgrund reißen werden, gespalten und zerfleddert, wenn der Kit der Macht bröselt. Gehen Sie, Herr Rajoy. Denn „niemals sollte ein ganzes Volk nur wegen eines Mannes sterben“ sagte einmal der Dichter Espriu.

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