Politisches Roulette in Spanien

Madrid/Barcelona Doch keine Neuwahlen in Katalonien. Neue Polit-Strategie der spanischen Sozialisten schon wieder über den Haufen geworfen. Mariano Rajoy kann wieder hoffen.

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Weiß seine Partei wieder hinter sich: Pedro Sanchez, Parteichef der PSOE
Weiß seine Partei wieder hinter sich: Pedro Sanchez, Parteichef der PSOE

Foto: Jorge Guerrero/AFP/Getty Images

Der katalonische Ministerpräsident Artur Mas, von der Partei junts pel si, tritt zurück. Stattdessen soll sein Parteifreund, der Bürgermeister von Girona, Carles Puigdemont, neuer Ministerpräsident werden, den dann auch die CUP unterstützt.

Verkehrte Welt: In Barcelona formiert sich eine neue Regierung, die die katalanische Unabhängigkeit will und in Madrid frohlockt der geschäftsführende Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP), der strikt gegen eine Unabhängigkeit Kataloniens ist. Er rechnet sich jetzt doch wieder Chancen aus, dass die PSOE seine Investitur, zumindest nicht verhindert.

Und die PSOE steht vor einem Scherbenhaufen. Erst sollte Parteichef Pedro Sanchez entthront werden, dann schworen sich die Sozialisten, aufgrund anstehender Neuwahlen in Katalonien, doch wieder auf Sanchez ein, und jetzt?

Das Problem sind 17 Stimmen der katalanischen Formation Esquerra y Convergencia, die Sanchez bräuchte, um im Falle einer Einigung mit Podemos, zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden. „Wie erklären wir jetzt, dass diejenigen die schon in den nächsten Monaten eine Unabhängigkeit wollen, uns helfen eine Regierung zu bilden“, ist das Dilemma der Sozialisten, von einem Parteibaron auf den Punkt gebracht. Im Falle von Neuwahlen in Katalonien wäre das Problem weniger akut gewesen, oder hätte sich ganz erledigt, falls die Gegner einer Abspaltung die Wahlen gewonnen hätten.

Das ständige Hin und Her der Sozialisten, die schon längst nicht mehr Herr der Lage sind, verschlechtert die Aussichten der PSOE, falls die Wahlen wiederholt werden sollten. Damit könnte es wahrscheinlicher werden, dass die PSOE Neuwahlen mit einem Deal zuvorkommt. Auch um den Preis der Investitur Rajoys? „Ich weiß nicht was die anderen Parteiführer davon halten, aber die Wähler würden uns vernichten“, meint ein Parteiboss dazu, und, „bisweilen stirbt man aus Verantwortungsbewusstsein“.

Die PP wird jetzt Druck machen. Die Nation sei in Gefahr, es müsse schnell eine handlungsfähige Regierung her, am besten eine große Koalition, um auf die Bedrohung aus Katalonien zu reagieren.

Einmal mehr profitiert Rajoy von dem Versagen der eigenen Politik. Denn die verhärteten Fronten zwischen Madrid und Barcelona sind eine unmittelbare Folge von Rajoys jahrelanger strikter Weigerung, sich mit den Forderungen Kataloniens nach mehr Autonomie auseinanderzusetzen.

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