Die Wurzeln der Linkspartei

Geschichte Die Linkspartei wurde erst 2007 gegründet, doch blickt auf eine 140-jährige Geschichte zurück. Es täte ihr gut, sich ihrer Herkunft öfter bewusst zu werden.

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Wenn wir heute zurück in die Vergangenheit reisen, ist unser erster Halt das Jahr 2007, als im Juni dieses Jahres die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) mit der Wahlalternative für Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) zur heute bekannten Partei fusionierten. Die WASG entstand 2004 als linke Abspaltung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) als Reaktion auf die innen- und arbeitsmarktpolitischen Ausrichtungen in Form der Agenda 2010. Die PDS wurde 1989/1990 als direkte Nachfolgerin der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der staatstragenden Partei der Deutschen Demokratischen Republik, gegründet. Eine Neugründung fand de facto nicht statt. Die SED entstand 1946 im sowjetischen Besatzungssektor aus der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und der SPD. Dieser Zusammenschluss war die Reaktion auf den deutschen Faschismus (Nationalsozialismus) und der Propagierung der Einheitsfront. Die KPD wurde 1918/1919 im Deutschen Reich als Reaktion auf die Rechtsentwicklung der SPD gegründet und entstand aus der Spartakus-Gruppe, die eine Strömung in der linkssozialistischen Abspaltung der SPD – der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) – war. Die USPD wurde als Antwort auf den militärischen Kurs der SPD gegründet. Diese Partei versank während der Weimarer Republik in der Bedeutungslosigkeit, während sich Teile der KPD, Teile der SPD und der Rest der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) anschlossen. Die SPD – die älteste, parlamentarische Partei Deutschlands – entstand spätestens als Zusammenschluss mehrerer gewerkschaftlicher, sozialdemokratischer und sozialistischer Kräfte 1875, noch unter Mitwirkung Karl Marxens, Friedrich Engels und Wilhelm Liebknechts.

Wenn wir nun also von der heutigen Linkspartei sprechen, sprechen wir von einem Erbe, das älter als 140 Jahre ist. Sie nur auf die 43-jährige Periode in der DDR zu reduzieren ist nicht nur historisch falsch, sondern lässt auch keine dialektische Analyse zu. Gemeinsamer Nenner bis heute ist gewiss die Bejahung eines sozialistischen Programms, doch dieses Programm hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Modifikationen erfahren. Während die marxistische SPD noch den unmittelbaren Sturz der Gesellschaft als permanente Revolution definierte, ist die poststalinistische Linkspartei eine reformistische, staatstragende Partei geworden. Bis zum Tode Friedrich Engels' im Jahr 1895 war das marxistische Programm bindend, ehe mit Eduard Bernstein eine erste Revision in Angriff genommen wurde. Die SPD fuhr Anfang des 20. Jahrhunderts nach und nach gute Erfolge ein und man stellte sich die Frage, ob eine unmittelbare Revolution realistisch sei. Der Reformismus Bernsteins wurde in der Partei stark bekämpft, so von Rosa Luxemburg und Karl Kautsky, die beide darauf plädierten, Reformen lediglich als Wegbereiter der Revolution zu bejahen. Parteigrößen wie August Bebel hielten sich in den letzten Jahren zurück, derweil sie eher eine vermittelnde Rolle spielten. Das Jahr 1914 sollte den eigentlichen Bruch markieren, obgleich es schon davor nach und nach zu brechen begann. Der 2. August 1914 markierte die radikale Wendung der SPD zum Militarismus, als die Kriegskredite zum Ersten Weltkrieg befürwortet wurden. Obschon bis auf sehr wenige wie Karl Liebknecht sich gegen die Bejahung der Kredite stemmten, war der Unmut in der Partei groß. Das Jahr 1914 lässt sich als der Zeitpunkt festhalten, in dem die SPD aufhörte, eine revolutionär-marxistische Partei zu sein. Es wurde die Vaterlandsverteidigung propagiert und der Reformismus wurde quasi Parteiraison.

Nur zwei Jahre später, 1916, entstand aus einer parlamentarischen Gruppe innerhalb der SPD-Reichstagsfraktion die USPD, die sich dezidiert gegen den Krieg stellte und sich den Sozialismus auf die Fahne schrieb. Etwa zur gleichen Zeit gründete sich die revolutionäre Gruppe Spartakus um Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Paul Levi. Diese bezogen sich klar auf die marxistische Tradition und standen auch in ideologischer Verbundenheit mit den Bolschewiki unter Lenin und Trotzki aus Russland. Als 1917 durch die Oktoberrevolution in Russland das Bürgertum gestürzt wurde, applaudierten die Spartakist*innen euphorisch, derweil sie – vor allem Rosa Luxemburg – die postrevolutionäre Zeit jedoch sehr kritisch begleitete. Es stand die Frage im Raum, ob nicht ebenfalls eine selbständige Partei gegründet werden sollte. Dieses Vorhaben wurde kurz nach dem Luxemburg aus dem Gefängnis entlassen wurde so auch während der Novemberrevolution am 31. Dezember 1918/01. Januar 1919 in die Tat umgesetzt. Sie war nun die zweite, revolutionäre Partei links der SPD neben der USPD. Und wie die Geschichte uns lehrte, wurden Liebknecht und Luxemburg nur wenige Tage nach der Parteigründung von von Sozialdemokrat*innen gedeckten Freikorps ermordet. Dieser Schlag veranlasste die KPD zur näheren Verbrüderung mit der nun 1918 gegründeten Kommunistischen Partei Russlands. So trat die KPD 1919 auch der in Moskau gegründeten Kommunistischen Internationalen (Komintern) bei. Als die Republik konsolidiert wurde und die Weimarer Republik de jure bestand, verfestigte die KPD ihre programmatische Ausrichtung als krassen Kontrast zum reformistischen Anliegen der SPD. Die USPD versank nach und nach in der Versenkung und bildete mit der KPD kurzfristig die Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands.

1923 kam der nicht organisierte und geleitete Aufstand zu einem tragischen Ende. Der letzte Funken einer Revolution in Deutschland wurde erloschen. Nach dem Tode Lenins 1924 fand ein erbitterter Kampf in der Sowjetunion statt, aus der die Fraktion um Stalin 1927 die innerparteiliche Opposition vernichtete und verbannte. Diese Entwicklung war auch in der KPD zu spüren, als ultralinke Parteimitglieder entmachtet wurde und mit Ernst Thälmann ein provinzieller, Stalintreuer Genosse an die Spitze geholt wurde. Wie die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) war auch die KPD in der Weimarer Republik geprägt von einem Zick-Zack-Kurs, der maßgeblich dafür verantwortlich war, dass die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) unter Adolf Hitler 1933 an die Macht gelang. Mit der Formel der „Sozialfaschismusthese“ wurde eine ultralinke Wendung vollzogen und die SPD so ihre Gewerkschaften als Hauptfeind auserkoren. Sie galten als gefährlicher als der deutsche Faschismus. Dennoch lieferten sie sich teilweise Straßenschlachten mit den Schlägertrupps der SA. Ihr Programm war nun maßgeblich geprägt von der stalinistischen Interpretation des Marxismus-Leninismus, in der die Theorie des Sozialismus in einem Land verkündet wurde. Leo Trotzki nannte das bewusst „national-sozialistisch“. Heute würde man sagen, dass die Politik der KPD gen Ende der Weimarer Republik durch und durch patriotisch mit sozialistischen Versatzstücken geprägt war. Zwar wurde der Internationalismus bejaht und gelebt, doch das primäre Ziel war Etablierung des Stalinismus. Mit Clara Zetkin verstarb 1933 die letzte Kritikerin Stalins aus der KPD.

Als die NSDAP von 1933 bis 1945 ihre Schreckensherrschaft etablierte und einen perversen Führerstaat aufbaute, wurden relativ früh alle linken Parteien und Organisationen, so auch die SPD und KPD, zerschlagen, verfolgt und in die Konzentrationslager gebracht. Dennoch gab es schon bald Widerstandsgruppen, die sich bewusst in deren Tradition verstanden. Der Vorsitzende der KPD, Ernst Thälmann, wurde März 1933 verhaftet und verstarb 1944 in Buchenwald durch die mörderische Hand der NSDAP. Thälmanns politisches Wirken ist kaum zu analysieren, da er kein großer Theoretiker war, an Stalins Hemd hing und mehr die Ausstrahlung und Ambitionen eines Lokalpolitikers hatte. Dennoch verkam seine Person und sein Tod zu einem Mythos. Diese Mystifizierung, die auch 1924 in Russland einherging mit Lenin durch Stalins Hand, war ein weiterer Bruch des Marxismus. Der Nichtangriffspakt zwischen Hitler und Stalin war ein erster, harter Schlags ins Gesicht des internationalen Kommunismus, als 1935 die Volksfront propagiert wurde, d. h. eine bürgerliche und sozialistische Front gegen den Faschismus. Es existierte eine Exil-SPD in der Tschechei und Gruppierungen wie die Rote Kapelle oder weitere, kommunistische Untergrundbewegung standen auf dem Boden des internationalen Sozialismus. Während des Zweiten Weltkriegs fand in der SPD und KPD keine große Konsolidierung statt und die programmatische Entwicklung war fest gekoppelt an ein Deutschland nach der Nazizeit, in der der Antifaschismus Konsens war, sozialistische Ideen gar bei bürgerlichen Parteien wie der jungen CDU.

Nach Befreiung Auschwitz' am 27. Januar 1945 und der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 wurde Deutschland von den vier Alliierten besetzt. Schon bald wurden die 1933 verbotenen SPD und KPD wieder zugelassen. In der westlichen SPD wurde mit Kurt Schumacher ein bewusster Antikommunist installiert, der die Tradition des Reformismus und der Versöhnung mit dem Kapitalismus auf die Fahne schrieb. In der SBZ fand im April 1946 eine Zusammenführung der SPD und KPD zur SED statt. In den frühen Jahren bis zur Gründung der DDR 1949 war keine feste Ideologie maßgebend, so wurden auch linkssozialistische Stimmen hörbar, die die Verschmelzung für sich gewinnen wollten. Gemeinsamer Nenner war die Etablierung einer sozialistischen Gesellschaft. Zu der Zeit war die SPD gewiss linker eingestellt, da die stalinisierte KPD von Stalin den Auftrag erhielt, nicht für ein sozialistisches Deutschland zu werben, sondern einen liberal-antifaschistischen Konsens zu finden. Die Zusammenführung 1946 bekämpfte relativ bald dann auch oppositionelle Stimmen. Die SED, wie sie nach 1949 die staatstragende Partei wurde, war stets Spiegelbild der KPdSU und man kann sagen die stalinistischste Partei Europas. Selbst als 1956, drei Jahre nach Stalins Tod, auf dem XX. Parteitag der KPdSU der Stalinkult harsch kritisiert wurde, fiel die partielle Neuausrichtung auf keinen fruchtbaren Boden. Die SED verstand sich stets als Partei, die den Sozialismus aufbauen wollte, und durch ihre Stalinisierung fand kaum eine dialektische Diskussion statt, um den Weiterentwicklungen der Gesellschaften gerecht zu werden. Die an die NEP in Russland angelehnte NÖS (Neues Ökonomisches System), das privatwirtschaftliche Tendenzen mit marktwirtschaftlichen Komponenten verknüpften wollte, war eine Reaktion von vielen, das nur noch mit viel Mühen aus Versatzstücken der Klassiker des Marxismus gerechtfertigt werden konnte. Der Bau der Mauer 1961 versiegelte einen weiteren Bruch. Aus der kämpferischen Spartakusgruppe aus dem Jahr 1917 wurde fast 35 Jahre später eine Partei, die sich isoliert. Die SED grundsätzlich zu dämonisieren, ist jedoch genauso historisch falsch wie sie zu heroisieren. Fakt ist auch, dass die Politik der SED an die Globalisierung geknüpft war und unmittelbar Resultat des kapitalistischen Westens war. Eine Demokratisierung innerhalb der ostdeutschen Gesellschaft wurde dadurch nicht ermöglicht. Als mit Erich Honecker ein weiterer, strammer Stalinist an die Macht kam, konnten auch die Reformen eines Gorbatschows nicht viel nützen, der 1986 „zurück zu Lenin“ wollte, dabei jedoch eher die Restauration des Kapitalismus in die Wege leitete. Die bekannten Politiker der DDR wie Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht oder auch Egon Krenz waren stets die deutschen Übersetzer der sowjetischen Politik, doch nur dann, wenn die Reformen negiert wurden. So war Leonid Breschnew, der die Entstalinisierung ein wenig rückwirkte, willkommener als ein Reformer wie Gorbatschow. Die Rückschlüsse, die daraus gezogen wurden, sind jedoch weder marxistisch noch sozialistisch, sondern dienten nichts weiter als dem Halten des Status quo mit dem Verfremdeten Marxismus-Leninismus.

Der Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus zwang auch die Führung der SED zu einer radikalen Umstellung. So war nicht nur der junge Anwalt Gregor Gysi plötzlich an der Spitze, sondern es wurde auch mit dem „Stalinismus als System“ radikal gebrochen. Der bis vor kurzem bekämpfte demokratische Sozialismus wurde zum Leitmotiv und es fand faktisch ein krasser Rechtsruck statt. Die Umbenennung zur PDS sollte dieser Entwicklung Geltung tragen. Die Transformation hatte ebenfalls zur Folge, dass nun Strömungen ausdrücklich gewünscht wurden, was eine genaue Ortung der Partei erschwerte. War die SED noch eine marxistisch-leninistische Kaderpartei, so versammelten sich in der PDS allerlei linke Stimmen und Ideologien, von Verteidiger*innen der DDR bis hin zu reformorientierten Sozialist*innen, die eine friedliche Erneuerung eines neuartigen Sozialismus förderten. Besonders war auch, dass die PDS mehr wie eine ostdeutsche Partei fungierte, da ihre Wahlergebnisse im Westen sehr überschaubar waren. Die 1990er Jahre waren geprägt von der Festigung und der Orientierung, wo man eigentlich stehen wollte. Die ersten zehn Jahre waren geprägt von Flügelkämpfen, die 2002 ihren Höhepunkt erfuhren, als die PDS nicht wieder in den Bundestag einzog (nur via gewonnenen Direktkandidat*innen) und mit dem Parteitag von Gera der Fokus auf eine reformistische Partei gelegt wurde. Mit der Abwahl des linken Flügels um Gesine Lötzsch gab es nun drei Entwicklungen, die zu beobachten waren: mit dem Forum Zweite Erneuerung konsolidierten sich die reformistischen Kräfte um Petra Pau und Stefan Liebich (u. a.), der Sozialistische Dialog startete den Versuch, linke Kräfte zu sammeln, die einer Regierungsbeteiligung kritisch gegenüberstanden und viele ehemalige Mitglieder verließen gleichsam die Partei, da sie das Projekt einer sozialistischen Massenpartei für gescheitert erklärten. Das Jahr 2002 markierte den Tiefpunkt der PDS und es schien, als würde sie in der Bedeutungslosigkeit versinken. Der Aufschwung fand statt, als die SPD sich letztlich in die Sackgasse manövrierte und 2004 linke Kritiker*innen des Schröderkurses de Verein WASG gründeten, welcher sich 2005 als Partei manifestierte. Um Thomas Händel und Axel Troost wurde innerhalb der WASG für einen demokratischen Sozialismus gestritten, die vor allem im Westen Deutschlands auf fruchtbaren Boden fiel. Sieie war das faktische West-Pendant der PDS. Zu dieser Schlussfolgerung kam man auch parteiintern, als sich die PDS 2005 den Namenszusatz „Linkspartei“ gab, um eine Listenzusammenarbeit für weitere Wahlen zu forcieren. Ein weiteres Symbol war, dass Gregor Gysi von der PDS in die WASG eintrat und Oskar Lafontaine von der WASG (welcher ehemals Finanzminister der SPD unter Gerhard Schröder war) Mitglied der PDS wurde. Schon früh wurde die Idee geäußert, sich zu einer Partei zusammenzutun, was jedoch nicht ohne Kritik ausblieb. Der Hauptpunkt der WASG war, dass sie sich nicht als dezidiert sozialistische Partei sah, die PDS jedoch das Bekenntnis zum demokratischen Sozialismus als Grundvoraussetzung formulierte. Gestärkt wurde die Zusammenarbeit auch durch die Montagsdemonstrationen, die viele Menschen auf die Straße zog, um gegen die Agenda 2010 und weitere Sozialkürzungen zu demonstrieren. Und wie die Geschichte uns lehrt, verlor die SPD 2005 die Mehrheit im Bundestag und mit Angela Merkel von der CDU wurde zum ersten Mal eine Frau deutsche Bundeskanzlerin.

Am 16./17. Juni 2007 schlussendlich kam es zur Verschmelzung der WASG und der PDS, als die größten Unterschiede beiseite gelegt wurde und ein Bekenntnis zum demokratischen Sozialismus errungen wurde. Dieser Zusammenschluss blieb nicht ohne Folge, so entstanden weitere, innerparteiliche Strömungen, die bis heute verschiedene Interpretationen und Ideologien an den Tag legten. Die Sozialistische Linke beispielsweise, die quasi das Erbe der WASG wahrt, bekennt sich zum keynesianistischen Wirtschaftsmodell und fordert eine gewerkschaftliche Verankerung der Partei. Die Kommunistische Plattform, welche bereits kurz nach Gründung der PDS formiert wurde, fühlt sich dem Erbe der PDS/DDR verpflichtet und will Errungenschaften des Realsozialismus analytisch und selbstkritisch weiter in die Partei tragen. Die derzeitige Bundestagsfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht war früher Mitglied, wobei ihre Mitgliedschaft seit mehreren Jahren bereits ruht. Die Neugründung beziehungsweise Umgründung 2007 ist die bis heute bestehende Linkspartei, deren Bekenntnis zum demokratischen Sozialismus bis heute Fundament ist, es mit den verschiedenen Strömungen und Gruppierungen jedoch eine große Palette gibt, die in der Partei mitarbeiten. Ihre Regierungsbeteiligungen in Berlin 2002, Brandenburg 2009 oder auch Thüringen 2014 und wiederum Berlin 2016 zeigen eindrucksvoll ihr Wesen in der realpolitischen Auseinandersetzung. Es wird eine staatstragende Politik vorangetrieben und sozialistisches Vokabular rückt mehr und mehr in den Hintergrund. Die heutige Linkspartei ist maßgeblich für Sozialkürzungen und weiteren Maßnahmen verantwortlich, die der arbeitenden Bevölkerung nicht im geringsten nützt. Diese Arbeiten finden in der Partei ein großes kritisches Echo, was 2012 die Partei fast zum Zusammenbruch führte. Gregor Gysis „Wutrede“ schweißte die Partei zusammen und brachte Katja Kipping sowie Bernd Riexinger zum Vorsitz der Partei, den sie bis heute innehaben. Die Flügelkämpfe sind jedoch nicht beiseite gelegt, doch es wurde ein Zusammenhalt propagiert, der jedoch 2019 nach und nach wieder zu bröseln beginnt, als viele wichtige Stimmen in der Partei laut über eine Regierungsbeteiligung im Bund nachdenken.

Was bleibt ist eine Partei, die ihre Wurzeln in der marxistischen Arbeiter*innenbewegung, in der stalinistischen KPD und der SED hat, mit widersprüchlichen Figuren wie Rosa Luxemburg und Ernst Thälmann, Erich Honecker und Stefan Liebich, Friedrich Engels und Eduard Bernstein. Ihre Geschichte ist unmittelbar verknüpft mit der SPD und den Gewerkschaften. Von einer revolutionär-marxistischen Partei verkam sie 2007 zu einer reformistischen, pluralistischen Partei, die geprägt ist von Flügelkämpfen und in Regierungsbeteiligung jedes sozialistische Vokabular vermissen lässt. Selbst im Jahr 2019 mehrheitlich im Osten verankert, derweil die Ergebnisse im Westen eher mager sind. Trotz der Verschmelzung mit der WASG wird sie mehr als eine neue PDS angesehen, da die Züge der WASG kaum mehr zu erkennen sind, wenngleich nur in der Sozialistischen Linken. Doch das wird dem alles nicht gerecht. Obgleich scheints erst 12 Jahre alt, eilt sie das Alter der SPD und hat die aufregendste Geschichte aller Parteien im Deutschen Bundestag. Wer sie nur auf die SED reduziert, negiert die Kritiken Luxemburgs und Liebknecht. Sie ist die Identifikation des Zick-Zack-Kurses aller kommunistischer Parteien im 20. Jahrhundert und doch wird man von ihr keine Revolution erwarten. Die Linkspartei unter Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht, unter Katja Kipping und Bernd Riexinger vereint Linke aller Couleur, mit einem Programm, das die Welt nicht aus den Angeln heben wird, um mit Marxens Worte zu sprechen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Elisa Nowak

Freie:e Journalist:in aus Konstanz

Elisa Nowak

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