Klimawandel - Zeit zu handeln!

#FridaysForFuture Auch in Konstanz fanden sich am weltweiten Klimastreiktag 2.000 Schüler*innen und Student*innen ein. Als Teil einer Massenbewegung hielt sie weder Wind noch Regen auf.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

In weltweit 123 Staaten und mehr als 2.000 Städten gingen heute mehr als eine Millionen Schüler*innen und Student*innen von „Fridays For Future“ auf die Straße. Die Bewegung, die im August 2018 mit der schwedischen Klimaaktivistin und Nominierte für den Friedensnobelpreis Greta Thunberg ihren Anfang fand, wuchs binnen weniger Monaten zu einer politisch relevanten und unüberhörbaren Massenaktion. Auch in der BRD gingen mehr als 300.000 Menschen auf die Straße, um lautstark und bewusst gegen die herrschende Politik zu streiken. „Fridays For Future“ wird mittlerweile auch von ihren Eltern („Parents For Future“) und Wissenschaftler*innen („Scientists For Future“) weltweit unterstützt. In der offiziellen Stellungnahme, die bereits von mehr als 23.000 Vertreter*innen der Wissenschaft unterschrieben wurde, unterstreichen „Scientists For Future“ das dringende Anliegen der Schüler*innen und Student*innen, das völkerrechtlich verpflichtende Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 umzusetzen. Neben der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad fordern sie ebenso - wie die Schüler*innen - ein Ende der dreckigen Kohlenenergie bis 2030 sowie eine gleichzeitige drastische Reduzierung von Erdöl und -gas. Der 15. März 2019 ist der erste gelungene Versuch, die internationale Bewegung dezentral zentral zu organisieren, um die Dringlichkeit des Anliegens auf allen Kontinenten zu betonen. Auch in Konstanz am Bodensee traf sich „Fridays For Future“ und konnte laut Angaben der Veranstalter*innen etwa 2.000 Menschen auf die Straße bringen.

Startend im Herosé-Park in Konstanz-Petershausen wurde bereits nach wenigen Meter der gesteigerte Enthusiasmus deutlich. Während vor knapp einem Monat etwa 400 Schüler*innen gegen den Klimawandel protestierten demonstrierten heute mehr als doppelt so viele mit erhobener Stimme. Besonders die sehr junge Generation war mit ihrem entschiedenen und teils kämpferischen „Kohlestopp!“ und „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ weder zu übersehen noch zu überhören. Als der Demonstrationszug am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium vorbeiging, versammelten sich einige Schüler*innen am Fenster, während die jungen Demonstrant*innen sie mit Handbewegungen aufforderten, ebenfalls herauszukommen. Ein Spiel war das für sie keineswegs. Quittiert wurde ihr Engagement darüber hinaus besonders von der großelterlichen Generation, die ihre Unterstützung mehrheitlich mit einem Klatschen zur Geltung brachten. Der Zug ging etwa eine Stunde und zog sich durch die Innenstadt bis hin Stadtgarten am Hauptbahnhof, an dem sich die Schüler*innen und Student*innen versammelten. Bei der dort haltenden Abschlusskundgebung kamen neben Schüler*innen das erste Mal auch Vertreter*innen der Eltern, Student*innen und Professoren der Universität Konstanz und HTWG Konstanz zu Wort.

„Wann, wenn nicht jetzt und wer, wenn nicht wir?“ Unter diesem Motto stand der internationale Klimastreik weltweit. Andreas Scheuer von der Christlich-Sozialen Union (CSU), Verkehrsminister der regierenden Koalition, wurde hierbei als „Bundesautominister“ bezeichnet, da er die Idee eines Tempolimits für „gegen jeden Menschenverstand“ hält. Dem hielt der Redner entgegen, dass besonders dann Freiheit eingeschränkt werden müsste, wenn andere dadurch in Gefahr kämen, was bei einem fehlenden Tempolimit der Fall wäre. Er begrüßte die Forderung eines Limits auf 130 km/h und argumentiert ökonomisch, da er eine Gesetzänderung für günstiger und effektiver halte als teure Nachrüstungen von Hardwares. Die Vertreter der „Students For Future“ betonten, dass der Klimawandel „drängend“ sei und obgleich das Sterben des Korallenriffs für Deutsche weit entfernt scheint, auch die Umweltzerstörung in weiter Ferne Einfluss auf die Entwicklungen in der BRD haben. Der Klimawandel ist global und betrifft uns alle. Demgegenüber wurde der „grüne Kapitalismus“ angegriffen, besonders das sogenannte „Greenwashing“ von ökologischen Produkten. Der Redner mahnte, dass wirtschaftliche Prozesse eine Verkettung mehrerer Abläufe sind und somit ein Produkt nie vollends biologisch sein könne. Damit attackierte er unfreiwillig das Verhalten der bürgerlichen Mittelschicht, die die überteuerten Bio-Produkte moralistisch erwerben und konsumieren. Er forderte von der Bundesregierung eine Kampagne gegen das „Greenwashing“ in die Wege zu leiten, um den - wenngleich er es so nicht direkt erwähnte - den Moralismus des „grünen Kapitalismus“ zu enttarnen.

Die Universität Konstanz unterstütze laut dem anwesenden Professor die Klimabewegung der Schüler*innen und Student*innen offiziell. Sie argumentierten basierend auf dem weltweiten Appell der „Scientists for Future“ an den dringend notwendigen Wandel im Wirtschaft und Umwelt und betonten, die nüchterne Fakten- und Datenlage als Ausgangslage für die Bewertung heranzuziehen. Was heißt: die Ängste und somit Forderungen von „Fridays For Future“ sind wissenschaftlich belegbar. Obgleich sie die Bewegung unterstützen, hoben sie ebenso hervor, sie nicht usurpieren zu wollen. Den Charakter als genuine Bewegung von Schüler*innen und Student*innen wollen sie beibehalten, Eltern und Wissenschaftler*innen wirken jedoch unterstützend im Hintergrund. Ähnlich argumentierte der Vertreter der „Parents For Future“, der in ihrem Namen den Streik unterstützte und ihnen ans Herz legte, nicht denselben Fehler zu begehen wie seine Generation damals. Nicht mit leeren Versprechungen sollen sie abgespeist werden, sondern den Streik solange fortsetzen, bis wirkliche Veränderungen beschlossen werden. „Radikale Veränderungen“, wie er betonte. Der Respekt der Eltern sei ihnen hierbei sicher. Trotz des regnerischen Wetters und kurzen technischen Ausfällen zeigte dieser Demonstrationstag, dass die Welt nicht mehr länger warten wird. Die letzte Generation, die jetzt noch eine Wende einleiten könnte, erhebt lauthals die Stimme und darf nicht überhört werden. Profis wie Christian Lindner sollten da großzügig den Platz räumen.

Von der anfänglichen Schüler*innenbewegung ist trotz Beibehaltung des originären Charakters eine generationenübergreifende geworden. Der Klimawandel betrifft alle Menschen auf diesem Planeten und zeigt mit heißen Sommern und Klimakatastrophen weltweit das gefährliche Ausmaß. Greta Thunberg ist nicht naiv und betonte mehrmals, dass bei einer Stagnation der herrschenden Klasse eine grundsätzliche Umwälzung notwendig sein wird. Darauf wird es langfristig hinauslaufen. Denn wie der Vertreter der Student*innen es anhand des „Greenwashing“ darlegte, sind die Entwicklungen und Erscheinungen des heutigen Klimas inhärente Prozesse der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Der Wirtschaftsliberalismus prophezeit das ewige Wachstum, derweil der Meeresspiegel steigt und Dürren Nahrungsmittel vernichten. Die Klassenfrage ist eng geknüpft an die ökologische und Greta Thunberg sowie ihre Massenbewegung unterstreichen die politische Dringlichkeit eines Umdenkens. Die Albernheit der selbstverliebten Gegner*innen, das eigene Bewusstsein primär zu überdenken, um beispielsweise auf Plastik zu verzichten, hat hierbei keinerlei Signalwirkung. Ein individueller Lebensstil ist stets Produkt der herrschenden Produktionsweise und hat hiermit bei eigenständiger, umweltbewusster Lebensführung keinen nennenswerten Einfluss im globalen Maßstab. Das Kapital ist und bleibt Nutznießer durch die Zerstörung des Planeten. Die junge Generation fordert diesen Wandel ein, denn es ist die ihre, die durch die weitere Zerstörung leiden wird. „Nach mir die Sintflut“ der Alten ist hierbei eine egoistische Einstellung und sollte in Anlehnung an ihren Forderungen viel mehr lauten: Ihr seid hier, ihr seid laut, weil wir euch die Zukunft klauen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Elisa Nowak

Freie:e Journalist:in aus Konstanz

Elisa Nowak

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden