Mit Frauen gegen Frauen

Außenpolitik Der Koalitionsvertrag der „Ampel“-Parteien steht. Dass jetzt den Grünen ressortierte Außenministerium will eine „feministische“ Politik verfolgen. Dabei sind die Grünen außenpolitisch alles andere als feministisch

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Inwieweit kann sich eine „feministische Außenpolitik“ im bürgerlichen Rahmen durchsetzen?
Inwieweit kann sich eine „feministische Außenpolitik“ im bürgerlichen Rahmen durchsetzen?

Foto: Jens Schlueter/Getty Images

Letzten Mittwoch gab die „Ampel“-Koalition bekannt, sich auf ein Programm geeinigt zu haben. Die Auseinandersetzungen mit verschiedenen Themen wurde von der Koalition, bestehend aus Sozialdemokrat: innen (SPD), Bündnisgrünen und Freidemokrat: innen (FDP), in den vergangenen Wochen kontrovers geführt, besonders in Personalfragen. Mittlerweile scheinen die Posten, mit ein paar Ausnahmen, gesetzt. So sorgt die Suche nach einem neuen Gesundheitsminister für Diskussionsbedarf: Das Gesundheitsministerium, erst der FDP zugesprochen, untersteht nun den Sozialdemokrat: innen; Rufe auf Twitter werden laut, Karl Lauterbach zum Gesundheitsminister zu ernennen. Die SPD zögert diese Personalie betreffend noch.

Auch die Ernennung Annalena Baerbocks zur Außenministerin sorgt weiterhin für einige Kontroversen; die Bündnisgrünen positionieren sich als starke Partnerin transatlantischer Bündnisse und treten wortreich gegen die Russische Föderation und die Volksrepublik China auf. Mit der Ernennung Baerbocks zur Außenministerin fiel mancherorts zudem die Terminologie einer „feministischen Außenpolitik“. Die Hilfsorganisation CARE beispielsweise begrüßt ein grünes Außenministerium und betont die starke Signalwirkung an Frauen und Mädchen. Aber was verbirgt sich eigentlich hinter dem Terminus einer „feministischen Außenpolitik“? Und können die Grünen ihr gerecht werden?

Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS), die den Bündnisgrünen nahesteht, hat hierzu ein Dossier veröffentlicht: Primär geht es um eine identitätspolitische Ausrichtung, die die Mitbestimmungsrechte von Frauen oder als weiblich gelesenen Personen in der Politik, besonders der Außenpolitik, stärken soll. In der Gesamtheit ist es vor allem eine friedenspolitische Devise: Im Kampf für Geschlechtergerechtigkeit und die Rechte von Frauen und Mädchen werden Forderungen laut, kriegerische Handlungen auf diplomatischen Wege zu lösen, da Frauen und Mädchen häufig in hohem Maße unter Kriegen jeglicher Art leiden. Hier tut sich ein erster Fehlschluss auf: Nämlich, dass die dort postulierte feministische Ideologie Frauen als Antagonismus zum männlichen Geschlecht definiert; dass Frauen in Führungspositionen nicht zwangsläufig eine bessere Politik (was auch immer das heißen mag?) machen, wurde im Verlauf der Menschheitsgeschichte mehr als deutlich bewiesen. Die Bundesrepublik Deutschland, die die vergangenen 16 Jahre von einer Bundeskanzlerin regiert wurde und auch die Europäische Union, die mit der deutschen Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin faktisch geführt wird, zeigen eindrucksvoll, dass der Feminismus nicht obsiegt, wenn Frauen an der Spitze stehen.

Dass Frauen und Mädchen unter imperialistischen und kriegerischen Voraussetzungen besonders leiden, ist dabei nicht wegzudiskutieren. Die Frage ist jedoch, inwieweit sich eine „feministische Außenpolitik“ im bürgerlichen Rahmen durchsetzen kann. Besonders bei den Bündnisgrünen klafft eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen das ehemalige Jugoslawien (1999) scheint jeglicher pazifistischer Grundkonsens über Bord geworfen. Schlimmer noch: die einst strikt antimilitaristischen Grünen aus den 1980er Jahren entwickelten sich zu einer russophoben, bellizistischen Parlamentsfraktion, die hinter Sanktionen auch militaristische Aktionen zu verstecken weiß. Ihre konsequente Orientierung auf „westliche Werte“ macht die Bündnisgrünen unweigerlich zu einer Handlangerin imperialistischer Bestrebungen, die qua ihrer Ausrichtung nicht anders kann, als dem Militarismus zu frönen; freilich kann sich ein Militarismus „feministisch“ ausbuchstabieren, jedoch wird dadurch die Wurzel der eigentlichen Forderung, die der Feminismus für sich beansprucht, ad absurdum geführt.

Es geht hiernach nicht vorrangig um die Verteidigung der Rechten von Frauen und Kinder – erst in der Metakommunikation wird das Narrativ der Verteidigung der Frauen- und Kinderrechte in aller Welt deutlich und auch nur, wenn es der Konfrontation mit anderen systemischen Werten gilt. Innenpolitische Tatsachen zeugen von keinem Fokus auf die Rechte von Frauen und Mädchen: So waren es die Grünen, die gemeinsam mit der SPD, die Agenda 2010 ins Leben riefen. Die Grünen können sich nicht hinter SPD und FDP verstecken, sollte es mit der „feministischen Außenpolitik“ nicht funktionieren, wie geplant; der Geburtsfehler liegt im grünen Dilemma des radikal-pazifistischen Ursprungs und den bellizistischen Nachwirkungen. Dass der Feminismus sich im Umfeld der grünen Parteien weiterhin am wohlsten fühlt, ist dem Umstand geschuldet, dass er sich in der dialektischen Negation des Narratives und der Tat widerspiegelt: Man will den Weltfrieden und die Sicherheit aller, und noch dazu einen ökologisch-feministischen Gesellschaftswandel. Die Wahrheit ist allerdings, dass die Bündnisgrünen mit ihren realpolitischen Ambitionen, die sich in der NATO-Treue, der Russlandfeindschaft und der Integration bürgerlich-imperialistischer Strukturen widerspiegeln, streng antifeministisch sind.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Elisa Nowak

Freie:e Journalist:in aus Konstanz

Elisa Nowak

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden