Niedergang der Linkspartei?

Bundestagswahl Die Linkspartei will unbedingt Teil der neuen Regierungskoalition sein. Das wird nur möglich sein, wenn sie sich den Forderungen der SPD und Grünen vollends unterwirft.

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Die Linkspartei bringt sich in Stellung. In weniger als drei Wochen wird der neue Bundestag gewählt, der aktuellen Umfragen zufolge die Unionsparteien in die Opposition verbannen könnte. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) liegt mit 5 Prozentpunkten vor der Union (INSA) und kann hiernach den Anspruch erheben, den Kanzler zu stellen, wenn eine realistische Koalition zustande kommen kann. In den vergangenen Tagen wurde demgemäß besonders von konservativer und reaktionärer Seite das Bild eines „Linksbündnisses“ entworfen, in dem unter anderem ikonografisch eine Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei mit dem Kommunismus verglichen wird. Dass solch ein als „mitte-links“ postulierte Bündnis alles andere als den Sozialismus einführen wird, steht wohl außer Frage. Ganz besonders in Hinblick auf die Verrenkungen und Anpassungen seitens der Linkspartei und ihrer Führung, die gewillt wirken, selbst klar definierte rote Linien über Bord zu werfen, um den konservativen Sozialdemokraten Olaf Scholz aus Hamburg, der für Wirecard-Skandale und Brechmitteleinsätze Verantwortung zeigen muss, als Regierungschef zu installieren. Bei dieser Wahl wird sich zeigen, welchen Weg die Linkspartei einschlagen wird, und ob sie sich ihrer Rolle als selbsternannte pluralistische, sozialistische Partei bewusst wird, oder im Namen des parlamentarischen Regierungssozialismus Politik für die herrschende Klasse macht.

Nicht erst seit der mehrheitlichen Enthaltung zum militaristischen Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan im vergangenen Monat spielt die Partei mit dem heißen Eisen. Während häufig betont wird, dass die innenpolitische, soziale Frage mehr oder minder ein gemeinsamer Nenner der drei Parteien sei, kritisieren SPD und Bündnisgrünen den außenpolitischen Charakter der Linkspartei, die sich an der Frage zur NATO-Zugehörigkeit und eines transatlantischen Bündnisses mit den Vereinigten Staaten entscheiden wird. In dem in dieser Woche veröffentlichen Sofortprogramm der Linkspartei wird daher eifrig für ein Bündnis mit SPD und Bündnisgrünen geworben, wobei die (vermeintlichen) Unstimmigkeiten außen vor gelassen werden. Denn gehe es nach dem rechten, reformistischen Flügel der Partei, wäre man schon längst bereit, sich dem Kriegsbündnis zu unterwerfen, gefangen in der Illusion, so auch nur ansatzweise eine linke Politik machen zu können. Der demokratische Sozialismus, wie er immer noch im Parteiprogramm und als ideologisches Ziel verankert ist, erfährt durch seine vielschichtige Interpretation so eine Ausformulierung, die schlechterdings kaum mehr als sozialistisch bezeichnet werden kann.

Die Crux, die sich hier auftut, liegt im pluralistischen Charakter der Partei. Nach Ministerposten und Regierungsverantwortung sehnen sich jene Kräfte, die durch Reformen den Kapitalismus erträglicher machen wollen, so wird der demokratische Sozialismus häufig mit der sozialen Marktwirtschaft parallelisiert, wonach es nur einen stärkeren Sozialstaat bedürfe. Die Regierungserfahrungen der Linkspartei auf Landesebene zeigen mehrheitlich nur desaströse Entwicklungen, auch dort, wo sie sich als Stimme der Vernunft hinstellen. Das ist kaum eine Verwunderung, denn in einem bürgerlich-kapitalistischen System ist man mehr oder minder den Regeln der herrschenden Klasse unterworfen, was die Linkspartei zur Disposition stellt, wie sie ihre Rolle eigentlich definiert. Denn der linke, teils revolutionäre Flügel versteht die Partei klar als oppositionelle Massenpartei der Unterdrückten und Schwächsten, wobei man bei theoretischen Wähler*innenstimmen von 5 %-8 % den Massencharakter infrage stellen könnte. Dennoch wird hier der sozialistische Gedanke verteidigt und die Überwindung des Kapitalismus als Bedingung zur Regierungsverantwortung postuliert.

Will man ehrlich zu sich sein, muss die Linkspartei die Konsequenz ziehen und eine Absage an SPD und Bündnisgrünen formulieren. Denn in ihrem Kapitel zu „Frieden“ werden weiterhin deutlich die Auflösung der NATO, der Rückbau der Rüstungsindustrie und der Abzug der Bundeswehr aus allen Einsätzen gefordert. Das ist mit Sozialdemokrat*innen und den bellizistischenBündnisgrünen nicht zu machen. So auch der Blick auf Russland. Ein „Linksbündnis“, das gar keines ist, kann hiernach nur funktionieren, wenn sich die Linkspartei vom tragenden, außen- und friedenspolitischem Profil distanziert. Das hat jedoch dann zur Folge, dass linke Minister*innen für Krieg und Sterben werben und Politik für die herrschende Klasse machen müssen. Die Erfahrung zeigt auch hier: Jede Regierungsbeteiligung der Linkspartei wurde bei der kommenden Wahl desaströs beantwortet. Es bleibt also deutlich zu sagen: Die Linkspartei als parlamentarischer Arm der unterdrückten Klasse ist gemäß ihrem Bekenntnis zu Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, gemäß ihrem Parteiprogramm und gemäß ihrem Ziel, den Kapitalismus zu überwinden, verpflichtet, die Rolle der sozialistischen Opposition einzunehmen. Tut sie das nicht, macht sie sich mittelfristig überflüssig, deren Schwäche sich in der Stärkung der SPD widerspiegelt. Denn weshalb braucht es zwei rechte, sozialdemokratische Parteien im Bundestag?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Elisa Nowak

Freie:e Journalist:in aus Konstanz

Elisa Nowak

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