Orchestrierter Klassenkampf

Wahlausschuss Mit bürokratischen Mitteln wird versucht, der DKP das Parteienstatut zu entziehen. Dieser exemplarische Zug ist ein Angriff auf die politische Linke im Allgemeinen.

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Der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) wurde vom Bundeswahlleiter das Parteienstatut entzogen. Begründet wird das mit fehlenden Rechenschaftsberichten der vergangenen sechs Jahren. Die Konsequenzen, die sich für die Parteikommunist*innen ergeben, schlagen sich besonders im ökonomischen und juristischen Bereich nieder: wird das Statut entzogen, fehlt einerseits eine finanzielle Absicherung und andererseits kann die Partei auch niederschwelliger verboten werden. Dass diese Gefahr alles andere als überzogen ist, zeigt die herrschende Klasse der BRD seit Jahren eindrucksvoll. Während sie auf dem rechten Auge mehr oder minder blind ist - so wurde beispielsweise die faschistische Kleinstpartei Der III. Weg vom Bundeswahlleiter zur Bundestagswahl 2021 zugelassen -, greift der Staat gegen Linke besonders hart durch. Sei es gegen die Rote Hilfe 2018, die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Antifaschist*innen der VVN/BdA oder der unverblümte Angriff auf die Pressefreiheit, exemplarisch bei der Tageszeitung junge Welt. Das ist wenig verwunderlich, macht jedoch besonders im Zeitalter der Pandemie und der ökonomischen und medizinischen Krise deutlich, wozu die herrschende Klasse in der Lage und gewillt ist, zu unternehmen, um das sterbende System am Leben zu erhalten.

Der Entzug des Parteienstatus der DKP ist besonders in der BRD aufgrund ihrer Geschichte besonders zu gewichten. Bis auf die Deutsche Demokratische Republik waren Kommunist*innen und andere Revolutionär*innen stets den Angriffen der herrschenden Klasse auf deutschem Boden ausgeliefert. Das zeigte sich während der Weimarer Republik, als die revolutionäre Episode der Novemberrevolution 1919 von Bürgerlichen und Sozialdemokrat*innen niedergeschlagen wurde und mündete in den Terror der deutschen Faschist*innen ab 1933, als die gesamten Organisationen der Arbeiter*innenklasse, darunter auch die Kommunistische Partei (KPD), zerschlagen und verfolgt wurden. Nach der Niederlage des Faschismus 1945 war das Prestige der Kommunist*innen durch ihren Widerstand gewachsen und die Erfahrung des Faschismus nötigte gar Konservative zur Forderung von Verstaatlichungen und Enteignungen.

Nach der Gründung der BRD und der DDR wurde der Antikommunismus im Westen des geteilten Deutschland inoffizielle Staatsraison, die nicht nur in der Verfolgung von progressiven und revolutionären Kräften mündete, sondern auch zur Illegalisierung der KPD und weiterer sich als revolutionär verstandene Organisationen, wie der FDJ. Bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass trotz der Phase des Kalten Krieges in keinem anderen westeuropäischen Land die herrschende Klasse die Organisation von Kommunist*innen illegalisierte und bis heute durch das faktische und juristische Verbot der KPD von 1956 ein politisches Schwert in der Hand hält, dass sie immer dann zu schwingen bereit ist, wenn die Lage der herrschenden Klasse einen kritischen Punkt erreicht. Die Gründung der DKP 1968 wurde daher als betonte Neugründung, und keine Folgegründung, verstanden, um keine juristischen Probleme zu erhalten. Doch auch hier spielt die Duldung der herrschenden Klasse keine untergeordnete Rolle.

Der Angriff auf die DKP ist hiernach nicht als singulärer Fall einer Kleinpartei zu verstehen, sondern steht exemplarisch für einen schleichenden Prozess gegen gesellschaftskritische Stimmen, die besonders im Zuge der Coronapandemie und dem bürgerlichen Missmanagement immer lauter werden. Dass dieser Fall kein bürokratischer Akt, sondern ein hochpolitischer ist, beweist ein Verweis auf den Fall der jungen Welt. Der Inlandsgeheimdienst betont nach einer Anfrage der Linksfraktion offen die Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit, wenn das Narrativ und die politische Ausrichtung die herrschenden Ideen attackieren. Dass der bürgerliche Staat Mittel in Gang setzt, um ein Presseorgan primär finanziell in den Ruin zu treiben, ist zwar wenig verwunderlich. Es offenbart vielmehr den ideologischen Charakter, der die Pressefreiheit selektiv interpretiert und keine Scheu dabei hat, offen zu bekennen, dass es sich um einen Klassenkampf handelt.

Und so ist auch der Zug gegen die Parteikommunist*innen zu verstehen: ein orchestrierter Klassenkampf. Dass dieser Kampf an Parteigrenzen keinen Halt macht, unterstreicht die Linken-Politikerin Constanze Portner, die im Wahlausschuss diese Entscheidung mit trug. Das bürokratische Manöver ist nach Ansicht PatrikKöbeles, dem Vorsitzenden der DKP, dabei wenig überzeugend, da die Partei einerseits 2017 den letzten Rechenschaftsbericht abgab und andererseits die Verschärfung des Parteiengesetzes 2015 eine Frist zulässt. Die kalte Parteikriminialisierung ist hiernach ein weiterer Schritt, revolutionären Kräften in der BRD deutlich zu machen, was geschieht, wenn die herrschende Klasse sich in ihrer Existenz bedroht fühlt. Die BRD steht dabei mit ihrer Geschichte in bester Tradition der eigenen Werte, die durchsetzt sind vom Antikommunismus, der jedoch auch progressive Kräfte darunter subsumiert, die nicht-kommunistisch sind, wohl aber eine Staatskritik formulieren. Sie bleiben sich dabei mehr als treu: während der rechte Rand mit Samthandschuhen angefasst wird, droht der Staat mit dem Vorschlaghammer, wenn eine kommunistische Partei im vermeintlichen Verzug ist, Rechenschaftsberichte nachzureichen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Elisa Nowak

Freie:e Journalist:in aus Konstanz

Elisa Nowak

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