Vom Beginn des Erörterungverfahrens am 24. September 2021 hatte ich zufällig erfahren. Auf meine Anmerkung, dass ich als Einwenderin erwartet hätte, persönlich über den Beginn der Erörterung informiert zu werden, bekam ich vom Landesamt für Umwelt die Antwort: „Über die Online-Konsultation wurde mit Bekanntmachung in der Tageszeitung „Märkische Oderzeitung“ Ausgaben Erkner und Fürstenwalde, im Amtsblatt für Brandenburg sowie auf der Internetseite des Landesamtes für Umwelt am 24. September 2021 informiert.“
Nun scheint die öffentliche Bekanntgabe am gleichen Tag, an dem die Erörterung beginnt, doch zu knapp gewesen zu sein. Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg gab bekannt: „Das Landesamt für Umwelt (LfU) hat entschieden, dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Online-Konsultation im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für die Fahrzeugfabrik von Tesla wiederholt wird. Die Bekanntmachung für den Start der Online-Konsultation wird am 25. Oktober erfolgen. Die Konsultation startet dann am 2. November.“
Der rbb berichtet: „Damit reagiert das Land auf Kritik der Umweltverbände Naturschutzbund (Nabu), Grüne Liga Brandenburg, Bund für Naturschutz und Umwelt (BUND) sowie die Naturfreunde in Brandenburg. Sie werfen dem Umweltamt vor, die Frist zwischen der Bekanntmachung und dem Beginn der Online-Konsultation - mindestens eine Woche - nicht eingehalten zu haben.“ (rbb24, 21.10.2021)
Bevor ich mich nun erneut daran setze, meine Argumente zu vertiefen, veröffentliche ich hier, was ich fristgerecht am 14. Oktober beim LfU eingereicht hatte. Die Zitate beziehen sich auf das Dokument „00. Tesla_Online-Konsultation_Oeffentlichkeitsbeteiligung“, in dem die Einwendungen tabellarisch erfasst sind. Der hinterlegte Link läuft mittlerweile ins Leere, aber die pdf-Datei ist hier im Online-Archiv abrufbar.
Den Einwendungen werden die Stellungnahmen der am Verfahren Beteiligten (Behörden) und der Vorhabenträgerin (Tesla) entgegengesetzt.
Äußerungen vom 14.10.2021 zur Vorhaben-ID G07819
Sehr geehrte Mitarbeitende,
fristgerecht schicke ich Ihnen meine Äußerungen zu den Sachverhalten, zu denen ich bisher bereits Einwendungen eingereicht hatte.
Zuerst möchte ich jedoch mein Befremden äußern, dass Tesla in diesem Verfahren auf die Einwendungen direkt reagiert. Obliegt es nicht den Behörden, sich ein unabhängiges Bild zu machen? Es drängt sich mir der Eindruck auf, in dieser weiteren Runde bereits gegen eine geschlossene Front von Behörden und Tesla anschreiben zu müssen.
Im Folgenden ein paar Stellungnahmen zu einigen Punkten, wobei Ihre Antworten auf die Einwendungen für mich auch einige Fragen aufwerfen. Ich hoffe, dass diese Fragen von Ihnen im weiteren Verfahren beantwortet werden.
01.02-04 Antragsunterlagen lagen nicht in Berlin aus
Die Behörden sagen: „Es kann hier offenbleiben, ob Berlin tatsächlich in einer Weise durch das Vorhaben betroffen ist, dass dies eine Auslegung der Unterlagen auch in Berlin bzw. in Teilen davon erforderlich gemacht hätte.“ Tesla behauptet sogar: „Das Berliner Stadtgebiet ist nach diesen Kriterien ausweislich der Antragsunterlagen nicht von den Auswirkungen der Anlage betroffen.“
Dem möchte ich entgegenhalten: Es gibt ein gemeinsames Grundwasserreservoir Erkner-Berlin-Friedrichshagen. Die Abwasserleitung führen durch Berliner Territorium, das Abwasser wird in Klärwerk Münchehofe aufbereitet, geklärte Abwässer in die Spree eingeleitet.
Selbstverständlich ist auch Berlin betroffen!
01.02-15 Antrag / Forderung: Neuauslegung (1)
Die MOZ schrieb heute, dass die anerkannten Naturschutzverbände „eine Neuauslegung der Pläne zur Gigafactory von Tesla“ fordern würden „In den Dokumenten der Online-Erörterung gebe es Hinweise auf weitere Unterlagen und Stellungnahmen, die den Verbänden bisher nicht bekannt seien, kritisierte Christiane Schröder, Geschäftsführerin des Nabu Brandenburg. Man halte deshalb eine neue Auslegung für notwendig.“
Dieser Argumentation schließe ich mich an, denn möglicherweise bin auch ich als Einwenderin dadurch in meinen Beteiligungsrechten eingeschränkt worden.
Ich verstehe auch nicht, warum die Erörterungen online durchgeführt werden, mit Verweis auf die Pandemie, weswegen 800 Leute nicht zusammen kommen sollten – wobei die ja nicht alle gekommen wären! – während am letzten Wochenende nach Medienberichten 9.000 Menschen auf dem Tesla-Gelände feiern durften. Das ist doch vollkommen unverhältnismäßig.
02.02.01-10 Verschlechterung der Grundwasserqualität (WRRL)
„Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch Giftstoffe und Versalzung.“
Die Behörden räumen immerhin ein: „Eine Beeinträchtigung der Grundwasserqualität ist durch Schadensfälle und Handhabungsverluste möglich“. Tesla behauptet: „Die Einwendung, wonach die Pfahlgründung einen Aufstieg salinarer Tiefenwässer induziert und es somit zu einem Verschlechterungszustand kommt, trifft nicht zu. Es wurde eine ‚Fachliche Stellungnahme zur Reversibilität der geplanten Pfahlgründungen‘ durch die Antragstellerin eingereicht, in der die geotechnische und hydrodynamische Einwirkung von Fertigrammpfählen aus Stahlbeton bewertet wurde.“
Das ist eine Behauptung des Unternehmens, die ich nicht nachprüfen kann. Wäre es nicht Aufgabe der Behörden, eigene unabhängige Gutachten in Auftrag zu geben?
Die beabsichtigte Pfahlgründung wurde in der ersten Auslegung verschwiegen, im Mai 2020 wurden ungenehmigte Pfahlgründungen vorgenommen, im Sommer 2021 ungenehmigte Tanks aufgestellt. Die Batteriefabrik wurde zunächst als „Lagerhalle“ getarnt, und erst in der 3. Auslegung wahrheitsgemäß als Batteriefabrik beantragt.
Es ist zu befürchten, dass eine wirksame Kontrolle durch das LfU gar nicht möglich ist. Die Vorgeschichte lässt befürchten, dass weitere Verstöße folgen werden. Und wenn es kein Grundwassermonitoring direkt unterhalb der Fabrik gibt, werden Schadstoffe im Grundwasser möglicherweise erst nach Jahren erkannt.
02.02.03-02 Kritik an Standort in WSG
„Unvereinbarkeit des Standortes einer großindustriellen Fahrzeugproduktion inklusive der neu beantragten Batteriefertigung mit dem Schutzzweck eines Wasserschutzgebietes.“
Tesla behauptet: „Von einem „hohen Gefährdungspotenzial“ kann nicht ausgegangen werden.“
Das ist selbstverständlich eine interessengeleitete Aussage, die Risiken ergeben sich aus der oben (in Auszügen) bereits ausgeführten Vorgeschichte.
02.02.03-12 Negative Auswirkung auf WSG Friedrichshagen
„Es wird eine erhebliche Verschlechterung der Rohwasserqualität und damit eine Verschlechterung der Berliner Trinkwasserqualität befürchtet.“
Ich verstehe nicht, warum die Behörden meinen: „Die Einwendungen beziehen sich ihrem Inhalt nach augenscheinlich auf eine andere Vorhabenplanung außerhalb des hier vorliegenden Genehmigungsverfahrens.“
Die Zeitung für kommunale Wirtschaft schrieb am 7. September 2021: „Schon seit 2009 misst das IGB im Spree-Zufluss Erpe, in die das Klärwerk Münchehofe entwässert, eine erhebliche Belastung des Oberflächenwassers mit organischen Spurenstoffen. Die Genehmigung zusätzlicher Einleitungen durch Industrievorhaben wie die Tesla-Gigafactory sollte daher sehr genau geprüft werden, weil dadurch die Schadstofffrachten steigen könnten.“
Haben Sie das wirklich geprüft? Ich verweise nochmals auf das bereits oben genannte gemeinsame Grundwasserreservoir Erkner-Berlin-Friedrichshagen. So lange das Klärwerk Münchehofe genutzt wird, erfolgt die Einleitung der geklärten Abwässer in die Erpe, diese mündet in Köpenick in die Spree. Im Sommer hat die Spree Niedrigwasser, die Rückströmung der Spree erfolgt in Richtung WSG Müggelsee, das heißt die Tesla-Abwässer landen indirekt im Berliner Trinkwasser.
Bitte bedenken Sie ebenfalls, dass das geplante Klärwerk Freienbrink „geklärte Abwässer“ in die Müggelspree bzw. den Oder-Spree-Kanal einleitet, nur wenige Kilometer vor dem WSG Berlin-Friedrichshagen, dort wird Berliner Trinkwasser aus Uferfiltrat gewonnen.
02.03.01-01 Bedenken Wasserversorgung/ Wasserverbrauch (1)
„Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch Wassermangel “
und
02.03.01-08 Sorge vor Wasserknappheit und Wasserkontingentierungen
„Es wird kritisiert, dass eine Fabrik mit solch einem enormen Wasserverbrauch in einem Gebiet errichtet wird, in dem schon jetzt und in Zukunft mit einer Wasserknappheit durch den Klimawandel zu rechnen ist, entgegen den Warnungen des Wasserversorgers.“
Hier kann ich nur sagen, dass ich nicht verstehe, warum alle Warnungen vor zukünftigem Wassermangel in den Wind geschlagen werden. Das mag kein Argument sein, ich möchte Ihnen aber mein Erschrecken über diese Ignoranz zur Kenntnis geben und empfehle die Befassung mit den Ergebnissen aktueller Klimaforschung.
06-03 Verstöße gegen Arbeitsschutz
„Es wird von einer Gefährdung der Beschäftigten ausgegangen“
Die Behörden sagen: „Ein Großteil der Anschuldigungen konnten bei Überprüfungen nicht bestätigt werden.“ Tesla behauptet „eine ausgewogene und gesetzestreue Personalpolitik“ zu verfolgen.“
Es ist schwer, etwas dagegen einzuwenden, wenn diese Behauptungen nicht belegt werden. Ich glaube wiederum nicht, dass die vielen Medienberichte erlogen sind. Haben Sie Auskünfte von Arbeitsrechtler*innen eingeholt, oder wie kommen Sie zu Ihrer Einschätzung?
09-02 Klimaziele werden ignoriert
„Es werden klimaschädigende Auswirkungen des Bauvorhabens kritisiert. Das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 erfordert eine komplett neue Bewertung des gesamten Vorhabens, das aus Gründen des Klimaschutzes abgelehnt werden muss.“
Die Behörden entgegnen: „Es geht im Verfahren nicht darum, was Tesla produziert, sondern um die Fabrik und deren genehmigungsrechtliche Einordnung.“
Das kann ich nur zur Kenntnis nehmen, wahrscheinlich stimmt das formalrechtlich. Es weist m.E. auf grundlegende Fehler solcher Verfahren hin. Wenn wesentliche Teile der Umweltauswirkungen nicht Bestandteil des umweltrechtlichen Genehmigungsverfahrens sind, dann müssen diese Genehmigungsverfahren dringend verändert werden.
An diesem Punkt gebe ich auf. Leider sind viele meiner Einwendungen bei Ihnen unter die Kategorie „Nicht genehmigungsrelevant“ gefallen. Mit den Punkten werde ich mich anderweitig auseinandersetzen.
Ich hoffe immer noch, dass ein so destruktives Vorhaben wie die Tesla-Fabrik keine endgültige Genehmigung bekommt.
Zum im September begonnenen Erörterungsverfahren hatte ich hier berichtet: https://www.freitag.de/autoren/elisvoss/tesla-in-gruenheide-online-eroerterung-beginnt
Meine Einwendungen habe ich hier veröffentlicht:
https://www.freitag.de/autoren/elisvoss/tesla-in-gruenheide-verhindern
und:
https://www.freitag.de/autoren/elisvoss/tesla-in-gruenheide-verhindern-2
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