Eltern soll man sehen, aber nicht hören - was sich anhört wie der unerfüllbare Tagtraum eines genervten Teenies, ist in Wirklichkeit die erste von zehn Regeln, die vom amerikanischen Institute for international Sport (ISP) erlassen wurden. Und gegen die Wayne Derkotch aus Philadelphia unlängst sträflich verstoßen hat. Angefangen hatte alles, als der Vater eines sechsjährigen Jungen mit der Auswechslung seines Sohnes bei einem Football-Spiel ganz und gar nicht einverstanden war und den Trainer wüst beschimpfte. Der Coach hatte stur auf seiner Entscheidungsfreiheit beharrt, was Derkotch nur noch wütender machte.
Schließlich zog der Football-Vater eine Pistole und richtete sie auf den Trainer - Sekunden später muss er eingesehen haben, dass er im Begriff war, einen nicht wieder gut zu machenden Fehler zu begehen, denn er ließ die Waffe sinken und ergriff die Flucht. Wenig später wurde er von der alarmierten Polizei gestellt und verhaftet.
Alles hätte so einfach sein können - hätte Derkotch nur vorher die zehn goldenen Regeln für die Eltern kleiner Sportler gelesen. Dem Coach nicht reinzureden ist eine davon. Eine weitere rät denjenigen, die ihr Temperament nicht in den Griff bekommen, sich wenigstens etwas abseits aufzuhalten und gegebenenfalls dort herumzutoben - um dem Sohn oder der Tochter eine Menge Peinlichkeiten zu ersparen. Darüber hinaus fordern die Regeln, nicht nur den eigenen Nachwuchs zu loben und selbst nach haarstäubenden spielentscheidenden Fehlern aufzumuntern, sondern auch den gegnerischen Kids bei gelungenen Aktionen zu applaudieren. Im Sport, so das ISP, gehe es schließlich nicht nur ums Gewinnen, sondern auch um Fairplay, Toleranz und Spaß.
Hierzulande gibt es ein Fachwort für schlechtes Benehmen eines überehrgeizigen Elternteils. Es lautet "Eislaufmutter" und legt die Vermutung nahe, lediglich der weibliche Elternteil pflege aus der Rolle zu fallen - der hinreichend bekannte Typus der Mutter nämlich, die die eigene verpasste Karriere durch ihre Tochter erleben will. Wie falsch man mit dieser Annahme liegt, zeigt ein sonntäglicher Besuch bei einem x-beliebigen Fußballspiel irgendwo zwischen A- und F-Jugend. Dort steht das männliche Pendant zur Eislaufmutter - der Fußballvater -und brüllt: "Stefan, nach rechts! Nach rechts!", woraufhin es der ballführende Sohn prompt über links versucht. Und so mitten in das väterliche "Verdammt, konzentrier dich, rechts!" das spielentscheidende Tor erzielt. Was der Vater dann stolz mit einem "Na also!" kommentiert.
Klappt es dagegen nicht, kann nicht jeder der geknickten kleinen Kicker mit Trost rechnen: Dem Abpfiff folgen Vorwürfe, Häme und manchmal sogar derbe Knüffe, wenn der Nachwuchs die Kritik nicht widerspruchslos hinnehmen möchte und glaubt, als Beteiligter eine Spielsituation oder die mannschaftlichen Möglichkeiten besser einschätzen zu können.
In einer repräsentativen Internet-Umfrage der ISP gaben 85 Prozent der US-Teilnehmer an, mindestens einmal beleidigende Äußerungen während irgendeines Spiels Minderjähriger in irgendeiner Sportart gehört zu haben. Und 40 Prozent hatten erlebt, dass körperliche Gewalt ausgeübt wurde.
Welches Ergebnis eine ähnliche Umfrage in Deutschland hätte, kann man nur vermuten.
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