Für Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing läuft es im Moment nicht gut. Erst vollzog sie im letzten Monat - für viele übereilt - den umstrittenen Verkauf von 49,9 Prozent der Berliner Wasserbetriebe (BWB) an die Unternehmen RWE-Umwelt, Vivendi und Allianz. Dann musste sie eine Finanzsperre verkünden, um einen akuten Liquiditätsengpass zu vermeiden. Schließlich verlautbart ausgerechnet aus der CDU die Absicht, die Konsolidierung langsamer anzugehen.
Wegen ihrer Politik steht die Finanzsenatorin mittlerweile nicht nur in der eigenen Partei unter Druck. Eine wirkliche Konsolidierung verlangt die Einsparung in Bereichen, die für viele Berliner Bewohner spürbar werden wird und den breiten gesellschaftlichen Widerstand von betroffenen Arbeitnehmern,
tnehmern, Bewohnern und Kunden hervorrufen dürfte. Dass die Konsolidierung in der kommenden Legislaturperiode ungleich schwerer sein wird als in der vergangenen, macht der Verkauf der BWB deutlich. Die Privatisierung gilt als ökonomisch unsinnig, ökologisch bedenklich und politisch gefährlich.Das Verkaufsverfahren wurde im Wortsinne ohne Rücksicht auf Verluste vorangetrieben. Anstatt nach einem Verfassungsgerichts entscheid, der die zukünftigen jährlichen Erlöse der Wasserbetriebe um etwa 100 bis 150 Millionen DM per anno senken dürfte, neu zu verhandeln, versprach das Land dem privaten Konsortium eine jährliche Ausgleichszahlung für die entgangenen Erträge und besiegelte den endgültigen Verkauf nur zwei Wochen später. Den Gewinnausgleich für die Käufer trägt nach der Entscheidung der Finanzsenatorin zum großen Teil das Land Berlin. Zwar werden immerhin 3,3 Milliarden DM in den kommenden Monaten in die öffentlichen Kassen fließen, aber die geplanten Einnahmen in den folgenden Jahren und Jahrzehnten müssen nach unten korrigiert werden. Der Notverkauf erreichte sein eigentliches Ziel nicht: Trotzdem musste eine Finanzsperre verhängt werden, um eine akute Liquiditätskrise zu vermeiden. Während die meisten Ressortvertreter öffentlich aufstöhnen, steht die Finanzsenatorin in der Rolle des Diabolus da. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem sich CDU und SPD darauf einigen, künftig die Härten der Finanzpolitik nach außen gemeinsam zu vertreten.Die Erzielung künftiger Mehreinnahmen führt in Bereiche, in denen ein Subventionsabbau oder die Privatisierung zunehmend umstritten ist. Bei dem Verkauf der Strom- und Gasversorger ging es um Unternehmen, die in der zu erwartenden Konkurrenz nicht eigenständig bestehen können und um Märkte, die in absehbarer Zeit weitgehend liberalisiert sein werden. Beides trifft auf die Wasserwirtschaft und die BWB nicht zu. Von allen ehemaligen Eigenbetrieben schienen besonders die BWB in der Lage zu sein, sich in dem europaweiten Wettbewerb um die Wasserwirtschaft erfolgreich zu behaupten. Mit einem Umsatz von knapp 2 Milliarden DM und 6.300 Beschäftigten sind die Berliner immerhin der größte westeuropäische Wasserver- und entsorger. Im Markt hatte sich die BWB mit Beteiligungen in Moskau, Budapest und Zagreb bereits gut plaziert. Folgerichtig sah der Vorstand gute Chancen, sich eigenständig zu behaupten. Statt aber selbst in den Wettbewerb mit einzugreifen, ist die BWB nun unter einige Konkurrenten aufgeteilt worden. Sie ist auf dem europäischen Wassermarkt von einem unternehmerischen Subjekt zu einem fremdbewirtschafteten Objekt geworden. Damit kann die Stadt alle Hoffnungen auf einen neuen industriellen Kern und die damit verbundene Ansiedlung qualifizierter Arbeitsplätze aufgeben. Während in Frankreich gerade die Versorger ihre Wachstumschancen ausspielen - Lyonnaise des Eaux, Vivendi und Generale des Eaux expandieren stark mittlerweile auch in Bereichen abseits der Wasserwirtschaft - schafft sich Berlin seinen lange beklagten Status als verlängerte Werkbank der Global Player zumindest in der Wasserwirtschaft wieder neu.Teile der Bündnisgrünen halten die Privatisierung der Wasserbetriebe auch aus wettbewerblicher Sicht für bedenklich. Mit dem Verkauf sei lediglich ein öffentliches durch ein privates Monopol ersetzt worden. Ein profit orientierter Monopolist, der den ganzen Prozess von der Wasserver- bis zur -entsorgung allein durchführt, stelle für die Ressource Wasser in der Hauptstadt ein erhebliches ökologisches Risiko dar. Auch deswegen hätten sie ein Verfahren zur zeitlich beschränkten Auftragsvergabe an mehrere unabhängige Anbieter bevorzugt. Anders als etwa auf dem Telekommunikations- oder dem Strommarkt ist auf absehbare Zeit die Liberalisierung des Wassermarktes nicht zu erwarten. Der Kaufvertrag enthält eine Klausel, die die Preise für die nächsten vier Jahre fixiert. Danach werden sie gemäß der Tarifordnung festgelegt. Zwar haben auch schon bislang die Gewinne der Wasserbetriebe andere Löcher im Haushalt gestopft, aber nun dreht der Verbraucher den Hahn in der Gewissheit auf, daß die Überschüsse vor allem in die Taschen der privaten Anteilseigner fließen. Daneben fürchten die Kritiker des Verkaufs, dass auf mittlere Sicht die privaten Eigentümer die unternehmerische Führung an sich ziehen werden und die Monopolstellung des Unternehmens ausnutzen könnten. Letztlich könnte das zu noch höheren Wasserpreisen führen.Anders als in der Vergangenheit dürften die Berliner die Folgen einer harten Konsolidierung wohl auch deutlich spüren, etwa bei Leistungseinbußen im öffentlichen Personennahverkehr. Bei der BVG hat der Berliner Senat seit 1994 die Subventionen um 700 Millionen DM jährlich zurückgefahren, ohne das Dienstleistungsangebot einzuschränken. Der Finanzvorstand der BVG, Niklas, schließt das für die Zukunft trotz steigender Tarife aber nicht mehr aus, sollten weitere deutliche Subventionskürzungen erfolgen. Experten gehen ohnehin davon aus, dass im Bereich der BVG maximal noch 200 Millionen DM eingespart werden können.Die größten noch aktivierbaren Posten sind neben den Berliner Stadtreinigungswerken BSR die landeseigenen Grundstücke und die Beteiligungen an verschiedenen Berliner Wohnungsbaugesellschaften. Die Bewohner der insgesamt 82.000 Wohnungen würden einem völligen Rückzug des Landes als Eigentümer wohl wenig wohlwollend gegenüberstehen. Schließlich stehen etwa Dreiviertel aller landeseigenen Flä chen zur Disposition. Den Verkauf der Stadtgüter GmbH, die in und um Berlin landeseigene Grundstücke verwaltet,hat Fugman-Heesing bereits gefordert. Selbst über die Privatisierung von Schwimmbädern und Sporthallen könnte nachgedacht werden.Der größte Hinderungsgrund für eine konsequente Konsolidierung könnte aber die CDU sein. Ihr Fraktionsvorsitzender Klaus Landowsky hört nicht auf, ein langsameres Konsolidierungstempo zu fordern. Auch in den Koalitionsverhandlungen haben sich Teile der CDU für eine Konsolidierungspause eingesetzt. Sie sorgen damit dafür, daß die Konsolidierung mit dem Namen Fugmann-Heesing und dem der SPD verbunden bleibt. Man darf prognostizieren, dass die CDU einen solchen Erfolg ihrem Koalitionspartner nicht überlassen wird.