Die gute alte Homophobie

Weiche Männlichkeit Heiko Maas wurde von dem Linke-Bundestagsabgeordneten Diether Dehm als „NATO-Strichjunge“ beschimpft. Der Friedensbewegung wird dieser Ausfall nicht gerade nutzen
Ausgabe 14/2018
Die guten alten Kämpfe in Dehms Kopf: homophob und sexistisch
Die guten alten Kämpfe in Dehms Kopf: homophob und sexistisch

Foto: Kai Horstmann/Imago

Auf Political Correctness so richtig scheißen: Wenn einer das besonders gut kann, dann ist es Diether Dehm. Der Linke-Bundestagsabgeordnete findet, dass die Linke mit ihren Gender-Debatten „die Arbeiter“ abhängt, dass das Gendern unverständliche Sprache hervorbringt. Was genau Dehm sich unter einer arbeitergerechten Sprache vorstellt, hat er nun auf dem Berliner Ostermarsch vorgeführt: Er bezeichnete Außenminister Heiko Maas als einen gut gestylten „NATO-Strichjungen“.

Ein flapsiger Fauxpas in Zeiten sich verschärfender Konflikte mit NATO-Beteiligung und einer Steigerung der deutschen Rüstungsausgaben? Nicht für die Parteikollegen. Der Berliner Linke-Politiker Oliver Nöll etwa bezeichnet Dehms Aussage als „Ignoranz gegenüber Grundsätzen und Beschlusslagen der eigenen Partei“ – und begründete damit seinen Antrag auf den Ausschluss Dehms aus der Partei.

Warum solch scharfe Töne? Weil die Linke sich in eine kosmopolitische und eine traditionelle Strömung zu spalten droht und Dehm daran nicht wenig Anteil hat. Der Politiker steht wie kaum ein anderer für die Argumentation, es sei nun wieder Zeit für soziale Kämpfe, und zwar für die guten alten: Arbeitskämpfe und die Friedensbewegung.

Wie diese guten alten Kämpfe in Dehms Kopf aussehen, davon haben wir jetzt einen Eindruck bekommen: homophob und sexistisch. Denn bei aller Legitimität der Kritik an der NATO-Politik der Bundesregierung: „Strichjunge“, das zielt ab auf die elegante, zierliche Erscheinung des Außenministers, das zielt ab auf ein noch nicht einmal queeres, aber doch vielleicht metrosexuelles Auftreten von Männern, gepaart mit dem Vorwurf, sich aufgrund der vermeintlichen Schwäche, Weiblichkeit – oder eben Homosexualität – besonders leicht zu verkaufen. Kurz: Was Dehm in seiner Rede lieferte, ist nichts weiter als die gute alte Homophobie, die unter Linken oder unter Friedensbewegten nicht minder ausgeprägt ist als anderswo.

Gerade im Kontext der Friedensbewegung ist das besonders absurd. Was ist das denn für ein Antimilitarismus, in dem anhand von Heiko Maas weiche Männlichkeit kritisiert wird? Was für einen Männlichkeitstypus hätte Dehm denn lieber im Amt des Außenministers? Solch einen, wie Donald Trump oder Wladimir Putin ihn vor sich her tragen? Ist für Antimilitarismus nicht gerade die Kritik am Ideal von Macht, Männlichkeit, Überlegenheit, Härte und Brutalität zentral? Natürlich will Dehm einfach einen Außenminister, der keiner NATO-Politik folgt. Mit seinem Auftritt hat er sein Anliegen für eine friedlichere Außenpolitik der kosmopolitischen Linken, die sich womöglich tatsächlich mehr mit diesen Fragen auseinander setzen könnte, jedoch kein Stück näher gebracht. Im Gegenteil.

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