Rot, aber im tiefsten Grün

Bundestagswahl 2021 Die Linke ist zwar nicht aus Umweltbewegungen entstanden, traut sich in ihrem neuen Programm aber Klimakompetenz zu
Ausgabe 06/2021
Katja Kipping bei der Vorstellung des Wahlprogrammes der Linkspartei
Katja Kipping bei der Vorstellung des Wahlprogrammes der Linkspartei

Foto: Future Image/IMAGO

Na so was! Die Linkspartei stellt den Klimaschutz in den Fokus ihres Wahlkampfs für die Bundestagswahl 2021! Und die SPD auch! Die Grünen bekommen Konkurrenz, schallt es aus allen Kanälen. Ganz ruhig, denn es wird ja noch krasser: Die Union wird es auch tun!

Wir schreiben das Jahr 2021, wir leben in der Klimakrise, und die Ökologie hat sich vom Nischenthema zum zentralen Paradigma entwickelt, das Politik, Wirtschaft und Gesellschaft neu organisiert. Klimapolitik ist längst kein Parteienprofil mehr, sie schafft vielmehr den Rahmen, in dem sich jede Partei bewegen muss. Wer jetzt kein ökologisches Wahlprogramm präsentiert, ist Klimaleugner – oder im fossilen Industriekapitalismus stecken geblieben, was auf das Gleiche hinausläuft.

Nun ist der Entwurf der Linken keineswegs nur pflichtbewusst, sondern ganz ordentlich: Kohleausstieg bis 2030, einhundert Prozent erneuerbare Energien bis 2035 – und: Bis 2040 soll die Wirtschaft emissionsfrei werden. Dafür will die Linke einen Transformationsfonds von 20 Milliarden Euro jährlich einrichten, mit dem Unternehmen im ökologischen Umbau unterstützt werden, jedoch an soziale Pflichten gekoppelt: Wer Förderung will, darf keine Arbeitsplätze abbauen und muss Tarifverträge einhalten.

Die Sache ist nur: Die Linke ist nicht aus Umweltbewegungen entstanden, sondern aus sozialen Bewegungen und als Ostpartei. Die Grünen weisen vierzig Jahre Kompetenzsammlung auf dem Feld der Ökologie auf: Erfahrung, Wissen, Netzwerke. Es verwundert nicht, dass auch Nachwahl-Umfragen immer wieder zeigen: Wer Ökologie will, wählt die Grünen.

Dafür gilt eben auch: Wer sozial will, wählt ... jedenfalls nicht unbedingt grün. Denn die Grünen haben zwar durchaus ein soziales Profil entwickelt, etwa mit dem Projekt einer Garantiesicherung statt Hartz IV, doch ahnt jede Wählerin, dass dieses Profil bei Koalitionsverhandlungen mit der Union als Erstes dran glauben muss. Die Union wird dafür kämpfen, dass Unternehmen für den Umbau nicht zahlen müssen. Job der Linken ist es hingegen, Erwerbsarbeitende und das Sozialsystem im Umbau zu schützen, ohne ihn auszubremsen. Sie hat sich dafür gut aufgestellt. Nur: Ist das nicht auch Job der SPD? Braucht es zwei getrennte soziale Parteien im ökologisch umorientierten Parteiensystem?

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