Erst ist die Wut. Keine moralische Empörung, hach, das wäre angenehm, die wohlfeile moralische Empörung einer über allem schwebenden Diskursteilnehmerin. Nein. Es sitzt tiefer, viel tiefer. Es ist die tiefe, weißglühende Wut der Kränkung, des Nicht-Gesehen-Werdens, die mich packt, wenn ich einen Text gegen das Gendern lese. Dabei ist es so: Wenn mir Kurt Starke hier im Freitag (Ausgabe 03/2021) sein Unbehagen gegenüber dem Gendern erklärt, dann möchte ich ihn verstehen. Eigentlich. Kurt Starke ist ein bedeutender Sexualwissenschaftler, er hat sich in seinem Leben intensiv mit den Leiden beider Geschlechter unter starren Geschlechternormen auseinandergesetzt. Wenn so ein Kurt Starke schreibt: „Ich würde diese Sprache gern verwenden. Weil ich den emanzipatorischen Anspruch teile und weil ich viele, die diese Neubildungen verwenden, persönlich hoch schätze“, dann glaube ich ihm das, und wenn er erklärt, „Aber, ach! Ich kann es nicht“, dann möchte ich nachvollziehen, was seine Zweifel sind.
Der Phallusträger erklärt
Aber dann. Lese ich tausendmal gelesene Gedanken wie diese: „Im Wort Leser stecken beide Geschlechter, also auch die Leserinnen“, ich lese: „Schriebe ich also Leserinnen und Leser, dann wäre das doppelt gemoppelt“. Und die weiße Wut steigt aus meinem Bauch hinauf, windet sich wolkig durch mein Gehirn und möchte alle Eingänge in mein Denken vor derlei Kränkung verschließen. Welche Unverschämtheit bläst mir da entgegen! Da erklärt mir ein Mann, nach dem die Sprache geformt wurde, ja, der selbst Modell stand für die Ur-Form der Personenbezeichnung; da erklärt mit dieser Phallusträger, aus dem die angeblich geschlechtsneutrale Form der Personenbegriffe generiert wurde; da erklärt mir dieser Mann, der zur Norm wurde, zum Zentrum des Sprachuniversums, ich solle in diesem Universum kein Geschlecht sehen! Mir! Erklärt er das. Mir, dem Suffix-Menschen, der Frau, die, wenn sie gemeint werden soll, ein -in benötigt.
Muss ich mich wirklich mit den Gedanken eines Mannes auseinandersetzen, der offenbar glaubt, das generische Maskulinum sei ganz zufällig in derselben Sprachform verfasst wie die männliche Form der Personenbeschreibung? „Liebe Freitag-Leser“ und „liebe zwei Leser neben mir in der Bibliothek“, diese beiden Formen seien also nur rein zufällig identisch? Hat Kurt Starke sich tatsächlich keine Gedanken gemacht, warum die maskuline Form die Norm „für alle“ vorgibt – und die weibliche Form das Spezifische ist, das Suffix bekommt? Muss ich nun wirklich darauf hinweisen, dass erst der Arzt war und dann, erst nach vielen Kämpfen, die Ärztin? Und im „zum Arzt gehen“ dieses alte Denken fortbesteht, obwohl Ärztinnen zur Mehrheit werden (außer unter Chefärzten)? Dass tatsächlich erst für Leser (sic!) geschrieben wurde – und erst dann für Leserinnen? Dass erst der Mann im Zentrum der Sprache stand, über Jahrhunderte des Patriarchats, „l’homme“, Mensch und Mann in einem, und dann erst die Frau mit-gedacht wurde, „la femme“? Und dass nun ein Zeitpunkt erreicht ist, an dem dieser sprachliche Phallozentrismus verdammt noch mal zu überwinden ist?
Das „generische Maskulinum“ ist Überbleibsel einer patriarchalen Sicht auf die Welt, die das Männliche zum Universellen erhebt und das Weibliche zum Anderen, es gehört in eine Welt, in der die Frau noch immer aus Adams Rippe geformt wird: die „Welchenmenschlichenaspektmangeradebezeichnenwillinmännlich“ + in.
Generisches Upper-Classium
Lieber Kurt Starke, ich bin Journalistin. Einer Journalistin schreiben Leser (sic!) auf feministische Artikel Briefe, in denen sie ihr Vergewaltigung (vorzugsweise durch Geflüchtete) und Gebärmutterhalskrebs wünschen. Eine Journalistin sieht sich zig Chefredakteuren (sic!) gegenüber. Eine Journalistin verdient weniger Geld als ihre Kollegen (sic!). Eine Journalistin geht nicht mit Politikern (sic!) ein Bierchen trinken und erfährt nicht in Kneipen den coolen Insider-Scheiß. Ich bin kein Journalist.
Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sprache diese Differenziertheit der Welt abzubilden in der Lage wäre. Und ich würde es zu schätzen wissen, wenn die Kränkung, mit dem eigenen Geschlecht in einer herrschenden Sprachnorm unsichtbar gemacht zu werden, nachvollzogen würde.
Das ist das Trennende.
Nun das Verbindende.
Da ist ein Gedanke in Kurt Starkes Text, den ich teile und über den ich gerne weiterdiskutieren würde: die Enttäuschung darüber, dass beim Gendern mit Sternchen (oder Doppelpunkt) die Geschlechtsidentitäten der benannten Personen dermaßen hervorgehoben werden: „In der geschlechtergerechten Sprache wird das Geschlecht über die Persönlichkeit gestellt“, schreibt Starke, und: „Das Individuum wird auf sein Geschlecht reduziert.“
Und es stimmt ja: Die soziale Klasse, der Geburtsort oder die Ohrenform der Menschen, all dies spielt in dem Wort „Leser" keine Rolle, wieso sollte es das Geschlecht tun? Mir gefällt diese Frage. Aber nun ja: Es hat sich eben kein „generisches Upper-Classium“ durchgesetzt, ebenso wenig ein „generisches Berlinium“ oder „generisches Langohrium“. Warum zum Teufel ausgerechnet das Geschlecht das ausschlaggebende Merkmal einer Person sein soll, ist logisch nicht einzusehen. Dieses Phänomen hat etwa der französische Philosoph Michel Foucault erforscht, es hat etwas mit Geschlecht und Sexualität als gut funktionierendes Scharnier der Biomacht zwischen Körper und Bevölkerung zu tun. Am Grunde des Geschlechts: die Wahrheit. Dieses Denken herrscht weiterhin – aber es ist keine Erfindung des Genderns.
Während das generische Maskulinum das Männliche als universell setzte und das Weibliche zum Suffix machte, versucht das Gendern immerhin, alle Geschlechter hierarchielos in ihrer Vielfalt abzubilden. Das vergeschlechtlichte Denken schafft das Gendern nicht ab – manche geschlechtsneutralen Formen wie „Studierende“ schwächen es zumindest ab, wenn auch grammatisch etwas ungeschickt. Selbst wenn das Geschlecht häufiger eine Rolle spielt, als mancher Mann denken mag: Es wäre mir lieber, wenn es für alle Personenbeschreibungen neben der geschlechtergerecht gegenderten auch eine geschlechtsneutrale Sprachform gäbe.
Wenn ich etwa über eine Gruppe von hundert Polizeikräften im Einsatz berichten will, und darunter befinden sich drei Polizistinnen, was schreibe ich: Polizist*innen? Verzerrt der Begriff nicht das Bild, das sich mir bietet, und die Lesenden bekommen einen falschen Eindruck von der Geschlechterverteilung in der Polizei? Spielt das Geschlecht der Polizeikräfte tatsächlich eine so große Rolle, dass ich es abbilden sollte, und wenn nicht: Gibt es eine Möglichkeit, über die Polizist*innen zu sprechen, ohne ihre Geschlechter aufzuzählen? Etwa: Polizeikräfte? Meiner Erfahrung nach führt das Nachdenken über die angemessene Form des Genderns häufig dazu, dass ich die Sprache in meinen Texten spezifiziere. Was genau ist das zu bezeichnende Merkmal? Sind es Menschen in Polizeiuniform? Ausführende der Staatsmacht? Der Ordnungsmacht? Oder: Cops?
Jede bisher bekannte Form des Genderns ist keine ideale Lösung, da gebe ich Kurt Starke recht. Die unbedingte Nennung des Geschlechts trifft manchmal das zu Bezeichnende, manchmal liegt sie daneben. Aber die Unfähigkeit, mit Sprache Realitäten exakt zu bezeichnen, liegt der Sprache selbst inne. Jedes Schreiben, jedes Sprechen wird von der Sehnsucht getrieben, die Welt zu fassen. Dies kann stets nur fast gelingen, ein flüchtiges Streicheln, im nächsten Moment schon vergangen und doch darum ringend, festzuhalten. Sprache lebt von diesem Ringen. Kurt Starke ringt, das respektiere ich. Ringen wir also weiter. Denn eines darf Sprache nicht: einfrieren, stehenbleiben. Dann wird sie unbrauchbar. Veraltet. Ein Museum. Hierher gehört das generische Maskulinum. Und vielleicht einmal heutige Formen des Genderns.
Kommentare 79
Auch wenn ich als "Phallusträger" sowieso schon per Geburt jedes Recht verspielt habe, mich an dieser Diskussion zu beteiligen (und mir vermutlich früher oder später als "konstruktives" "Argument" ein herzhaftes "Mansplaining" entgegenfliegen wird), will ich mich dann mal ins Feuer begeben.
Wut. Haben wir alle mal. So what? Beweist sie die Richtigkeit der eigenen Sichtweise? Naja, zumindest für eine Person in den meisten Fällen. Ein guter Einstieg in eine Debatte ist die schon einmal nicht...
Man kann über die Ursprünge bestimmter Formen in der Sprache forschen und alles mögliche zu Tage fördern. Entscheidend ist aber das "jetzt". Wie verstehen wir als gesamte Gesellschaft mehrheitlich bestimmte Dinge? Wenn es um Genderfragen geht, dürften wir gern noch hinzu nehmen: wie versteht sie der männliche, wie der weibliche und wie weitere Teile der Gesellschaft mehrheitlich?
Dabei geht es gar nicht darum, zu sagen: "Sie sind in der Minderheit" (sind Sie, aber deshalb können wir trotzdem darüber diskutieren, und vielleicht ändert sich dadurch etwas daran), sondern vielmehr darum, wie unsere Gesellschaft sich seit den Tagen, wo "Arzt" nur Männer werden konnten, entwickelt hat. Das Verständnis der Sprache folgt der Entwicklung der gesellschaftlichen Realität, selbst wenn der Wortlaut der selbe bleibt. Folglich spielt in dem Moment, wo wir Überbleibsel alter, patriarchalischer Gesellschaftsformen überwunden haben, der Wortlaut und wie er mal entstanden ist, keine Rolle mehr. Entscheidend ist, was man darunter versteht.
Meine Gegenposition zur hier gemachten ist die, die falsche Bedeutung zu überwinden, nicht den falschen Wortlaut.
Hinzu kommen andere Punkte. Die Identitätsebenen sind hier m.E. wesentlich. Eine schwarzamerikanische Bekannte von legt zuallererst Wert darauf, schwarz zu sein, "Frau" kommt da weit später, denn durch "schwarz" wird die für sie alles überwiegende Identität definiert, Geschichte, Gegenwart, kultureller Kontext. Andere sehen ihre primäre Identität wieder woanders, sei es in Religion, sozialer Schicht usw.
Was berechtigt das Geschlecht dazu, überall in der Sprache markiert sein zu müssen - zu Lasten anderer Identitätsebenen? Aber auch umgekehrt - wie gerade neulich erst Nele Pollatschek schrieb - haben wir auch ein "Recht auf Unsichtbarkeit" - nicht jeder will stets und überall "markiert" sein.
Gendern lässt uns keine Wahl und ist auf Ebenen jenseits des Geschlechts diskriminierender als die Sprachformen, die es ablösen will.
Wir haben in den etwas mehr als 50 Jahren, die ich auf der Welt bin, einen erheblichen Weg zurückgelegt, aus Zeiten, wo meine Mutter allein dadurch, dass sie in Hosen Fahrrad fuhr, Aufsehen erregte bis jetzt, wo die Mehrheit der Studenten in Fächen wie Medizin oder Jura Frauen sind. Das ist kein Grund, damit aufzuhören. Aber vielleicht ein Anlass, wenn das generische Maskulinum Wut erzeugt, die Ursache zu attackieren, gerade wenn alle Vorschläge am Symptom sich als schlecht und ungeeignet erwiesen haben.
Eine Anmerkung zur Sprache noch: sie gehört uns gemeinsam, und gemeinsam entwickeln wir sie. Manches setzt sich durch, manches nicht. Aus einem Gefühl moralischer Notwendigkeit eine Änderung erzwingen oder einfordern zu wollen, hat damit nichts zu tun, es ist - egal wie edel die Motive - letztlich ein Akt von Willkür und Autoritarismus. Wer andere für eine Idee gewinnen will, ist mit Wut nicht gut beraten, Überzeugen geht anders.
Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass es in so gut wie allen Berufen Frauen und Männer gibt - und Frauen auch lesen können. Niemand, der bis vor kurzem von „den Lesern“, „den Lehrern“, „den Beamten“, „den Polizisten“ usw hört, wird annehmen, dass es sich da ausschließlich um Männer handelt.
Nun 'muss' es "die Leser*innen" heißen. Mit "die Leser" sind bei einigen Schreibern (auch Frauen können schreiben!) nur die männlichen Schreiber gemeint. Bei anderen, die das Vergendern der Sprache aus ästhetischen Gründen ablehnen, beiinhalten "die Leser" aber auch lesende Frauen. Verwirrung und Anpassungsdruck sind die Folge.
Weitere grundlegendere Gedanken zum missglückten Vergendern der Sprache und mögliche Alternativen, nebenan unter Herrn Starkes Artikel. Hier und nachfolgend.
Korr.:
.... Niemand, der bis vor Kurzem von „den Lesern“, „den Lehrern“, „den Beamten“, „den Polizisten“ usw hörte, hatte bisher angenommen, dass es sich da ausschließlich um Männer handelte. ...
Fix ist Suffix, in heroisch- früromantischen Zeiten:
Hölderlin schrieb, 1797, auf der Suche nach seiner Männlichkeit, seinem Alter ego Hyperion in die Gedanken, Griechenland sei seine "Lieblingin".
Beste Grüße
Christoph Leusch
Danke liebe Frau Koester. Ich war über Starkes Beitrag mehr als enttäuscht. Aber, ich habe es inzwischen aufgegeben, immer den gleichen angerührten Quark anzusehen. Das geht jetzt seit über 30 Jahren so und Starkes Argumente sind von schlichtester Natur. Und dann muss frau wieder von vorn anfangen... und erlebt eine Ignoranz sondersgleichen im Gewand onkeliger Freundlichkeit.
Allerdings: Die Entwicklung ist - dem Himmel sei Dank- viel weiter als es Starke wahrnimmt.
++ Aus einem Gefühl moralischer Notwendigkeit eine Änderung erzwingen oder einfordern zu wollen, hat damit nichts zu tun, es ist - egal wie edel die Motive - letztlich ein Akt von Willkür und Autoritarismus. Wer andere für eine Idee gewinnen will, ist mit Wut nicht gut beraten, Überzeugen geht anders. ++
Das sagen Sie mal lieber den wild randalierenden Männer - vor allem von der AfD - und ihren Kompliz*innen aus anderen politischen Richtungen. Die Frauen sind meistens ziemlich maßvoll in ihren Argumenten für das Gendern. Es wird auch nichts eingefordert. Das Gendern ist ein Resultat jahrzehntelangen Diskurses, bei dem die Argumente von Sprachwissenschaftler*innen und Feminist*innen durchaus Eingang erhielten. Da ist nichts erzwungen. Das ist eine böswillige Behauptung der Gegner.
Da würde ich aber lieber den spielerischen Wechsel der Formen vorziehen, so mal die Ärztin zu Beginn und der Arzt am Ende. Also einfach lockerer damit umzugehen.
Was mir wiederum auffällt (hatte heute wieder so einen vergessenen Fall im Gespräch mit meiner Frau), dass häufig die falschen Possessivpronomen den Substantiven zugeordnet werden, also häufig das 'sein' und nicht das 'ihr'.
Diese 'Sensibilität' hinsichtlich sprachlicher Altlasten hat sich bei mir wohl auch im Zuge intensiver Gespräche ergeben, aber wohl bereits vor dem 'Gendern' und eher indirekt.
Ich habe in dieser Diskussion von beiden Seiten genug gute wie auch Scheinargumente und Stammtischparolen gelesen. Ob die jeweiligen Urheber einen Schniedel oder eine Muschi haben, spielt hier keine Rolle, da beide Sorten auf beiden Seiten anzutreffen sind.
Was Sprachwissenschaftler betrifft (ich lebe selber mit einer solchen zusammen), ist die Sache keineswegs eindeutig. Tatsächlich sind die Thesen der feministischen Linguistik stark umstritten und repräsentieren in der Zunft eine Minderheitenmeinung.
Auch wenn ich zu der Sache selber eine klare Position habe, bin ich doch Demokrat genug zu akzeptieren, wenn die Mehrheit es anders entscheidet. Ich selber habe das Gendern vor rund 20 Jahren poe-a-poe aufgegeben, weil ich keine Veranlassung (mehr) dafür sah. Aber das kann gern jeder für sich anders entscheiden.
Was aber m.E. notwendig ist, ist, dass die Gesellschaft überhaupt die Chance erhält, zu dem Thema eine Entscheidung zu treffen und dazu Argumente auf Augenhöhe ausgetauscht werden können. Das ist zur Zeit leider nicht möglich.
Aktivisten des Genderns rekrutieren sich vorwiegend aus einem intellektuellen Bildungsmilieu, und diese Gruppe hat einen besseren Zugang zur Öffentlichkeit und öffentlichen Einrichtungen als mein Bäcker um die Ecke oder die Leute an der Bushaltestelle. Und da wird es kompliziert. Während die Bevölkerungsmehrheit das Gendern ablehnt, ist es an Kindergärten, Schulen, Universitäten, in den Medien praktisch omnipräsent oder sogar Vorschrift. Nur sieht auf der anderen Seite der Barrikade damit niemand ein Problem.
Zu einer demokratischen Entscheidung gehört auch ein demokratischer Prozess. Und wenn Parteien wie z.B. die Grünen plötzlich kein Problem mehr sehen, wenn gerade in dieser Frage die Basisdemokratie lieber außen vor gelassen wird, hat das schon ein G'schmäckle.
Und bei der AfD müssten Sie ggf. schon selber anrufen, mit denen habe ich nichts am Hut ;)
Also Frau Köster, von Phallusträger zu Nichtphallusträgerin, wie hätten Sie es gern?
- Leser und Leserinnen
- LeserInnen
- Leser_innen
- Leser(innen)
- Leserix
- Leser*innen
- Leser/innen
- Leser:innen
to be continued
„Es wäre mir lieber, wenn es für alle Personenbeschreibungen neben der geschlechtergerecht gegenderten auch eine geschlechtsneutrale Sprachform gäbe.“
Ein berechtigter Anspruch, selbst für eine Frau. Mit den Sternchen und Schrägstrichen zerstückeln Sie die Sprache bis zur Unleserlichkeit. Sie können aber nicht mit Sternchen und Schrägstrichen geschlechtsneutral schreiben.
„Ich ging durch die Tür/den Türer, stand auf der Treppe/den Trepper und blickte in den Garten/der Gärtin auf eine Eiche/einem Eicher. Der Rasen/die Räsin war ergrünt. Hinter dem Garten/der Gärtin floß ein Bach/eine Bächin. Blumen/Blumer waren erblüht. Ein Schmetterling*in gleitete durch die Luft/den Luft. Ansonsten herrschte Stille/Stiller.“
und blickte in den GartenIn auf eine EichelIn.
:-(
„und blickte in den GartenIn auf eine EichelIn.“
Netter Formulierungsvorschlag!
Aktivisten des Genderns rekrutieren sich vorwiegend aus einem intellektuellen Bildungsmilieu, und diese Gruppe hat einen besseren Zugang zur Öffentlichkeit und öffentlichen Einrichtungen als mein Bäcker um die Ecke oder die Leute an der Bushaltestelle.
Tja, auch die Gegner des "Genderns" rekrutieren sich meist aus diesem Milieu. Nur, dass die Gegner auf einmal ihr Herz für die armen einfachen Bäcker und die Arbeiter entdecken. Wenn Sie eine demokratische Debatte fordern, so findet sie ja statt und zwar seit fast 30 Jahren und dies mit immer den gleichen Argumenten.
++ Aktivisten des Genderns rekrutieren sich vorwiegend aus einem intellektuellen Bildungsmilieu, und diese Gruppe hat einen besseren Zugang zur Öffentlichkeit und öffentlichen Einrichtungen als mein Bäcker um die Ecke oder die Leute an der Bushaltestelle. ++
Tja und auch die Gegner des "Genderns" rekrutieren sich aus diesem Milieu. So ist das halt. ABer, die Gegner entdecken plötzlich ihr Herz für die einfachen Menschen. Den Bäcker und den Menschen an der Haltestelle. Auch ein ziemlich alter Hut und dies seit fast 30 Jahren- Es ist einfach so, dass die Debatte so behandelt wird, als seien da Leute auf einmal kürzlich so draufgekommen. So ist es aber nicht. Nur, dass auf einmal so manche Männer - und auch Frauen - im Zuge des Zurückdrängens bestimmter Entwicklungen anfangen, zu debattieren und so tun, als sei dies das erste Mal. Es wird sich nicht mehr ändern lassen. Es ist schon viel zu lange in der Debatte.
Frau Köster, sie schreiben: "...ich bin Journalistin." Diese Formulierung ist okay. Später im Text benutzen Sie unkritisch den Begriff "Polizeikräfte" und formulieren diesen Gedanken: "Wenn ich etwa über eine Gruppe von hundert Polizeikräften im Einsatz berichten will, und darunter befinden sich drei Polizistinnen, was schreibe ich: Polizist*innen? Verzerrt der Begriff nicht das Bild, das sich mir bietet, und die Lesenden bekommen einen falschen Eindruck von der Geschlechterverteilung in der Polizei?"
Sie degradieren einen Polizisten zur Polizeikraft, ebenso die Polizistin. Häufig geschieht dies auch mit den Lehrerinnen und Lehrern, die zu Lehrkräften herabgestuft werden. Diese Menschen haben den Beruf der Polizistin, des Polizisten, der Lehrerin, des Lehrers gelernt – nicht den Beruf der Polizeikraft oder der Lehrkraft. Sie legen zurecht darauf Wert, Journalistin zu sein. Schreibkraft fänden Sie doch auch für unangemessen!?
In der TAZ, Le Monde und im Guardian würden sie sagen:
3/100 haben geknüppeltInnt.
Ich glaube ehrlich gestanden, ich bin im falschen Film. Was haben wir? Erst mal zwei Absätze Wut. Gegen wen und was? Gegen den Verfasser eines konträren Textes, der – obwohl glaubhaft mit den Grundanliegen des Feminismus sympathisierend – die Gender-Sprache als falsch begründet, praktisch nutzlos und politisch sympathieverspielend charakterisiert. Und, natürlich, »die« Männer – Phallokraten allesamt, wenn sie nicht mit Frau Koester konform gehen, und das mindestens zu 103,5 Prozent.
Frage: Ist das noch Diskussion? Ehrliche Antwort: wohl kaum. Frage zwei: Geht man so mit jemand um? Point of View der Autorin: Ja. Frau Koester hat sich die Lizenz zum Töten ausgeborgt und teilt, mit der Charter der Mission unterm Superwoman-Arm, mit der Keule aus. Die Mission, just simple: Frau Koester ist eine FRAU. Weil das so ist und aufgrund dieser simplen Tatsache kein Phallusträger das Recht hat zu widersprechen, geht es auch nicht um Argument und Gegenargument. Ohne Umwege wird gleich der diskursive Platzverweis anvisiert (jedenfalls in der ersten Text-Halbzeit; die zweite ist, immerhin, im Ton etwas kommoder). Inhalt der message: WENN IHR NICHT KORREKTEMANG GENDERT, IHR VOLLSPACKEN, DANN WERDET IHR AUS DER GEMEINSCHAFT DER GUTEN™ EXPEDIERT (und ein paar weitere Keulen für die ganz Unverständigen haben wir auch noch im Repertoire).
Diese Form (gar nicht mehr subtilen) Drucks ist – und dafür KEIN Sorry – unterkomplex und exakt auf dem Niveau von Leuten, die mit der Schuldklaviatur arbeiten, um auf diese Weise andere Leute unter (moralischen) Druck setzen. Als advocus diaboli könnte man sicherheitshalber fragen, ob es ein berechtigtes Anliegen gibt, dass diese Forderung unabweisbar macht. Doch es kommt – nichts. Das einzige, was mit dieser Form Furor durchgepeitscht werden soll, sind Sprachregelungen, welche sich ein unter den Labels »Netzfeminismus« und »Queer« agierendes Akademiker(innen)-Netzwerk ausgedacht hat und das – Duden hin, Verwaltungen sowie andere Herrschaftsinstitutionen her – von weit über 90 Prozent der Bevölkerung abgelehnt oder bestenfalls mit Unverständnis bedacht wird.
In der zweiten Texthälfte kommen ein paar Argumente – immerhin. Mich überzeugen sie nicht. Allerdings hat Frau Koester eines verdient: dass man sie ernst nimmt. Sollten noch Zweifel bestehen, dass die Mittel, welches dieses Aktivistenmilieu (oder zumindest sein hardliniger Teil) verfolgt, zu einem wesentlichen Teil auf reiner Druckausübung basieren, so sind sie nach diesem Text verflogen.
Für diese Erkenntnis sollte man – immerhin – durchaus ein Dankeschön spendieren:
*****
https://www.sueddeutsche.de/panorama/interview-ueber-untreue-eine-frage-von-kosten-und-nutzen-1.678985
Hier scheint es jedenfalls schon die perfekte Gleichberechtigung zu geben.
..."Da erklärt mir ein Mann, nach dem die Sprache geformt wurde"...
Ach so, die Sprache wurde nach dem Mann geformt, das sind natuerlich die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse was die Sprachforschung angeht. Nicht die "Sauge an meiner Brust" sondern "Kumpel wir jagen den Mammut", letzteres ist also jetzt im Freitag en Vogue was die Sprachforschung angeht.
was'n mit ihnen los? ganz normal is das net. vor allem: in ihrer bösen welt der bösen männer mit ihren buchtsabensilbenwaffen, möcht ich nicht leben. dazu ist das leben zu schön und zu wertvoll.
Mich stösst der (latente) Hass der Genderliga ab. Hass ist Hass, egal, woher er kommt. Wer ständig etwas von weiss, heterosexuell und männlich schwadroniert, ist keinen Deut besser, als die Exponenten der AfD. Nur sind es bei denen andere Identitätsmerkmale. Identitätsmerkmale sind Identitätsmerkmale, daran ändert die politische Position nichts. Ich halte sie alle gleichermassen für verachtenswert.
Für die Schreibweise Automechanik:er könnte ich mich noch erwärmen. Oder Automechaniker:in. Man kann in einem Text auch ständig zwischen männlicher und weiblicher Form hin- und her wechseln. Das wirkt unverkrampft. Aber diese ganze, identitätspolitische Begleitmusik nervt mich ungemein! Mann ist langsam versucht, aus reinem Protest heraus wieder nur noch das generische Maskulinum zu verwenden.
Ein "Artikel-Auszug" wie ein Kommentar : „Im Wort Leser stecken beide Geschlechter, also auch die Leserinnen“, ich lese: „Schriebe ich also Leserinnen und Leser, dann wäre das doppelt gemoppelt“. Und die weiße Wut steigt aus meinem Bauch hinauf, windet sich wolkig durch mein Gehirn und möchte alle Eingänge in mein Denken vor derlei Kränkung verschließen. Welche Unverschämtheit bläst mir da entgegen! Da erklärt mir ein Mann, nach dem die Sprache geformt wurde, ja, der selbst Modell stand für die Ur-Form der Personenbezeichnung; da erklärt mit dieser Phallusträger, aus dem die angeblich geschlechtsneutrale Form der Personenbegriffe generiert wurde; da erklärt mir dieser Mann, der zur Norm wurde, zum Zentrum des Sprachuniversums, ich solle in diesem Universum kein Geschlecht sehen! Mir! Erklärt er das. Mir, dem Suffix-Menschen, der Frau, die, wenn sie gemeint werden soll, ein -in benötigt.
Und ich frage mich wieviel "-in" verträgt die Frau, das Suffix ? Wie mir scheint, an so mancher Stelle ... und ich geniesse die Erkenntnis "bald schon nicht gebraucht zu werden, um mich mit Prostituierten (die Suffix mir-uns auswählt hat, ja ... das ist ein Fakt den ich aus einem feministischen Buchbeitrag ziehen durfte) zu vergnügen.
Wissen so manche "Suffixen" eigentlich noch was sie tun ????
Das schreibe ich, ich der Gerechtigkeit, Gleichberechtigung im Tun und Handeln als wichtiges und wunderbares Gut empfindet - ohne abzuwerten, aggressiv auszugrenzen, so wie so manche Suffixine inzwischen tut.
Um 'up-to-date' zu sein, hätten Sie Ihre Tirade ja dem Phallusträger unter seinem aktuellen Text selbst entgegenschleudern können. Verpassen Sie nicht, da Sie ja laut Selbstzuschreibung "Gerechtigkeit, Gleichberechtigung im Tun und Handeln als wichtiges und wunderbares Gut" empfinden, die armen Giraffen, Marder und Kängurus mit in Ihre Stoßgebete einzubeziehen.
Obwohl, wie die Autorin feststellt, die Sprache nach dem Mann geformt wurde, haben inzwischen die Umformerinnen der Sprache viele Möglichkeiten, Pflöcke einzuschlagen. Sobald ein Junge an institutionelle Erziehungseinrichtungen abgegeben wird, hat er in der Kita kaum eine Chance, auf einen Erzieher zu treffen. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (Stand 2017) sind dort nur 5,8 Prozent männlich. Besucht der Junge danach die Grundschule, steht die Möglichkeit auf einen Lehrer zu treffen 1 zu 8. Denn nach Erhebungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sind nur 12 Prozent Grundschullehrer. Das bedeutet: An vielen Grundschulen gibt es gar keine Lehrer. Inzwischen ist auch die letzte Männerbastion im Schulwesen, das Gymnasium, deutlich überwiegend (60% zu 40%) in weiblichen Händen.
Große Chancen bestünden deshalb, das generische Maskulinum in den Papierkörben der Erziehungseinrichtungen verschwinden zu lassen. Aber weshalb klappt das nicht? Weil der angebotene Ersatz wenig anwendungsfreundlich, zu sperrig, zu inkonsistent ist.
„Sobald ein Junge an institutionelle Erziehungseinrichtungen abgegeben wird, hat er in der Kita kaum eine Chance, auf einen Erzieher zu treffen. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (Stand 2017) sind dort nur 5,8 Prozent männlich. Besucht der Junge danach die Grundschule, steht die Möglichkeit auf einen Lehrer zu treffen 1 zu 8. Denn nach Erhebungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sind nur 12 Prozent Grundschullehrer. Das bedeutet: An vielen Grundschulen gibt es gar keine Lehrer. Inzwischen ist auch die letzte Männerbastion im Schulwesen, das Gymnasium, deutlich überwiegend (60% zu 40%) in weiblichen Händen.“
Und an den Unis machen Frauen bis zum Bachelor die Mehrheit aus. Die Frage ist einfach, woran das genau liegt?
>>Und an den Unis machen Frauen bis zum Bachelor die Mehrheit aus. Die Frage ist einfach, woran das genau liegt?<<
Das ist ein weites Feld, das zu beackern wäre. Guckt man auf die andere Seite, z.B. den Maschinenbau, liegt in Deutschland der Anteil der Studentinnen bei 10 Prozent.
"Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) verkündete gerade, dass knapp die Hälfte ihrer Maschinenbaustudierenden Frauen seien. Genau genommen, waren es zuletzt 49,5% aller Maschinenbaustudenten. Und das ist kein Zufall", schreibt ingenieur.de, denn gezielte Maßnahmen seitens der Hochschule, etwa viewöchiges Probewohnen auf dem Campus ab der 11. Klasse, hätten diesen Umschwung herbeigeführt.
Das ist gelebte Praxis, damit Frauen in sog. Männerberufen Fuß fassen können. Ob eine gegenderte Sprache die Frauen besser unterstützt hätte, lasse ich einfach mal offen.
Ich bin zwei Eier in einer Sack.
Dank für den Hinweis. "Lieblingin" gibts u.a. auch bei Lessing und Voss. Sprachgeschichtlich ein paar andere Beispiele, sämtlich bei den Gebr. Grimm verzeichnet: "Männin" (wohl von Luther her), "Gästin" (zB bei E.T.A. Hoffmann), "Fremdin"," Menschin", "Fremdlingin" (u.a. Schiller), "Jünglingin"
Bestimmte Klassen werden zukünftig vermutlich durchweg so reden - wer es nicht tut, hat keinen akademischen Zugang mehr. Was viel damit zu tun haben dürfte, dass Akademiker sich bei ihrem Schmalspurprogramm selber langweilen - jede Abwechslung ist willkommen.
Aber Ihren Hinweis auf Arbeiter und Bäcker finde ich interessant: in der verarbeitenden Industrie und im Handwerk wird vermutlich jetzt schon mehr Geld verdient als in der heißen akademischen Luft (wissenschaftlich würde ich die nicht mehr nennen).
Wer helle ist, überlegt sich das mit dem Abi bzw. dem Studium nochmal. Entscheidend ist der Alltag, und Hochschule ist wie Twitter ohne Hashtag.
Hier in der Semiprovinz macht man sich über das Gestammel allenthalben lustig. Solange in meinem Umfeld (90% Frauen) wirklich niemand so spricht (nicht mal meine Berliner Tocher) verwende ich https://addons.mozilla.org/de/firefox/user/13319171/
Bezogen auf die Zeit der vornormierten deutschen Sprache, auf die Zeit ihrer größten kulturellen und wissenschaftlichen Bedeutung, die, wie wir wissen, gerade einmal bis in die 1930er Jahre anhielt, sollten wir ein offeneres Verständnis für Neuerungen und Änderungen übernehmen. - Wozu Schülerinnen und Schüler mit Romantikern und Klassikern quälen, wenn die Werte und die Diversitäten ihrer Werke uns gar nichts bedeuten, fürs Leben?
Zum Glück ist der Grimm, allen Menschen online zugänglich, nicht in dem Maße an Sprachformalisierung interessiert, wie das für den Duden gilt. In diesem Unterschied liegt auch eine Bewusstseinänderung, von der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, hin zum Ende.
Ihnen sei Dank für die weiteren Hinweise, Probi
Bezogen auf die Gleichstellung der Geschlechter, auch die sprachliche, muss allerdings anerkannt werden, dass praktisch nichts freiwillig und praktisch von allein funktionierte. Ohne Gesetze und Verordnungen, geht es in Deutschland nicht.
Beste Grüße und gute Woche
Christoph Leusch
Wenn schon, dann 'Säckchen' bitte. :-)
Wobei das Thema einen gelegentlich ganz 'koesterlich' auf den Sack gehen kann. Wobei sich gleich die Frage stellt, ob diese Redewendung dann zukünftig so noch 'stehen' bleiben kann.
Ich wollte ja nun gerade nicht phallisch werden.
Mir kommt es mehr und mehr so vor, als würden den halbverhungerten Jungakademikern Spielzeugknochen hingeworfen. Bittere Spiele im Überbau, ganz unterschiedliche Stimmungen an der Basis, wo die Verarsche weniger systematisch ausfällt (also da, wo geleistete Arbeit zum Teil noch brauchbar bezahlt wird).
Vielleicht eine Zufallswahrnehmung, an der etwas dran ist, vielleicht auch nicht.
++ Bestimmte Klassen werden zukünftig vermutlich durchweg so reden - wer es nicht tut, hat keinen akademischen Zugang mehr++
Es wird nicht so viel Theater deshalb geben, weil das ständige Skandalisieren dies in einer Weise potenziert, die es im Alltag gar nicht gibt, auch im akademischen nicht. Wenn dreimal täglich geklagt wird über diese Gendersterne und die -innen, dann wird das immer mehr an Gejammer. Im Alltag werden sich manche Leute um mehr Bedacht bei der Verwendung von Substantiven, die Menschen bezeichnen, bemühen. Aber sonst: Den meisten Krawall machen die Gegner*innen. Und die weiblichen Formen gab es bei Arbeiter:innen und Bäcker:innen schon immer.
https://www.deutschlandfunk.de/genderforscherin-geier-zu-identitaetspolitik-wir-muessen.694.de.html?dram:article_id=49328
Hier ist ein ganz gutes Interview mit der Genderforscherin und die sagt gerade zum Thema Sprache Folgendes.
++ Rohde (Dlf) Schauen wir noch auf die Gendersprache: Der Eindruck ist da bei einigen, auch bei Wolfgang Thierse, entstanden, dass gendersensible Sprache an Unis angeordnet wird. Stimmt das?
Geier: Universitäten haben durchaus Leitfäden für geschlechtergerechte Sprache oder inklusiven Sprachgebrauch, aber wie das Wort schon sagt, das sind eben Leitfäden, und es gibt keinen Fall, in dem irgendwo klar gewesen wäre, dass einem Studierenden vorgeschrieben worden wäre, geschlechtergerechte Sprache zu nutzen und dann entweder eine Note verweigert oder schlechter bewertet worden wäre, weil nicht geschlechtergerechte Sprache benutzt worden ist. Herr Thierse behauptet das, und ich wüsste gerne mal, ob es irgendeinen Beleg dafür gibt. Ich kennen keinen. ++
Genauso ist es.
Das Handicap (dieser Anglizismus und viele weitere schleicht sich so nebenbei ganz in den Alltag ein) dabei für Männer, die ja überhaupt nicht gegen eine sensibilisierte Sprachwahrnehmung sind, ist allein die Tatsache, wenn sie dann das eine oder andere als 'Überziehung' kritisieren, dann wird ihnen quasi die Berechtigung dazu abgesprochen, bzw. gleich die Keule gezogen.
Bisherige Substantive, die für mich zumindest beides beinhalteten, wie: "ich habe einen Termin beim Arzt", wohl wissend, dass das Geschlecht dabei sowohl enthalten, wie auch irrelevant ist (abgesehen von der Arztwahl selbst), werden sozusagen in eine neue Dimension verschoben.
Und solange ich zu meiner Hausärztin nicht "Herr Doktor" sage, dürfte sich mein Bezug zu ihr auf der erwarteten Ebene bewegen.
Warum wird hier eigentlich noch unter diesem Artikel so viel diskutiert? Es gibt ein Update von Kurt Starke, der sich mit dem Text von Elsa Koester auseinandersetzt. Dort finden Sie auch eine Antwort auf das Problem, welches Sie in dem Zitat von Geier ansprechen. Sie zitieren:
"Universitäten haben durchaus Leitfäden für geschlechtergerechte Sprache oder inklusiven Sprachgebrauch, aber wie das Wort schon sagt, das sind eben Leitfäden, und es gibt keinen Fall, in dem irgendwo klar gewesen wäre, dass einem Studierenden vorgeschrieben worden wäre, geschlechtergerechte Sprache zu nutzen und dann entweder eine Note verweigert oder schlechter bewertet worden wäre, weil nicht geschlechtergerechte Sprache benutzt worden ist. Herr Thierse behauptet das, und ich wüsste gerne mal, ob es irgendeinen Beleg dafür gibt. Ich kennen keinen."
Dazu setzen Sie "Genauso ist es."
Kurt Starke schreibt in "Der Phallus-Träger denkt nach" und das hört sich ganz anders an:
»Eine Professorin schrieb: „Bei Hausarbeiten an der Uni verlange ich, dass die Studierenden gendern.“ Das habe sich trotz erheblicher Widerstände auch durchgesetzt. Was ist das? Eine Hausarbeit als unterwürfiges Bekenntnis? Die Durchsetzung der eigenen Ideologie kraft des Amtes? Ein Journalist sagte mir: „Wenn ich einen Artikel über die grauenhafte Situation von weiblichen Arbeitskräften schreibe, habe ich die freie Wahl: Entweder ich gendere, und er wird gedruckt oder ich gendere nicht, dann wird er nicht gedruckt. Das Gendern wird zum entscheidenden Kriterium, nicht die Qualität des Artikels, und der beschriebene Zustand auch nicht.“«
"Und es stimmt ja: Die soziale Klasse, der Geburtsort oder die Ohrenform der Menschen, all dies spielt in dem Wort „Leser" keine Rolle, wieso sollte es das Geschlecht tun? Mir gefällt diese Frage. Aber nun ja: Es hat sich eben kein 'generisches Upper-Classium' durchgesetzt, ebenso wenig ein 'generisches Berlinium' oder 'generisches Langohrium'. Warum zum Teufel ausgerechnet das Geschlecht das ausschlaggebende Merkmal einer Person sein soll, ist logisch nicht einzusehen. Dieses Phänomen hat etwa der französische Philosoph Michel Foucault erforscht, es hat etwas mit Geschlecht und Sexualität als gut funktionierendes Scharnier der Biomacht zwischen Körper und Bevölkerung zu tun. Am Grunde des Geschlechts: die Wahrheit. Dieses Denken herrscht weiterhin – aber es ist keine Erfindung des Genderns."
Das z.B. wäre ja - über Ihre verständliche und legitime Wut hinaus - ein interessanter Themenvorschlag für Genderdiskussionen. In dieser Kerle-Community gibt es dafür kein Interesse. Man(n) WILL regelrecht im unvermittelt bi-polaren Daumen-hoch (z.B. für Starke) und Daumen-runter (z.B. gegen Koester) verharren.
Ich hoffe auf die redaktionellen Beiträge, die noch kommen werden, z.B. zu der Frage, wie das Geschlecht im Sozialen steckt und wie das Soziale im Geschlecht erscheint.
Starkes "Warnung" davor, dass das Gendern die Person auf ihre Geschlechtlichkeit reduziere, ist nur eine etwas elaborierter formulierte Variante des täglich hier und anderswo hingerotzten pätz-blöden "Arguments", die Beschäftigung mit Sexismus und Rassismus würde von der Beschäftigung mit den Klassenkonflikten ablenken.
"Aber die Unfähigkeit, mit Sprache Realitäten exakt zu bezeichnen, liegt der Sprache selbst inne. Jedes Schreiben, jedes Sprechen wird von der Sehnsucht getrieben, die Welt zu fassen. Dies kann stets nur fast gelingen, ein flüchtiges Streicheln, im nächsten Moment schon vergangen und doch darum ringend, festzuhalten. Sprache lebt von diesem Ringen."
Gute, sogar schöne Sätze. Sie könnten zu der Gelassenheit in diesen Diskussionen anregen, sich mal zu fragen, ob die Unzulänglichkeit nicht auch eine Schwäche der eigenen Position ist, und etwas Bedenkenswertes sich doch in der der gegenüberstehenden Person zeigt. Gegenüber Starke zeigen Sie diese ja, wenn der erste Zorn verraucht ist. Das Gros der Kommentatoren findet lieber wie gewohnt das Gegenüber (gender-)wahnhaft.
Frau Koester schreibt aber auch, was Sie ganz locker auslassen:
"Kurt Starke ringt, das respektiere ich. Ringen wir also weiter. Denn eines darf Sprache nicht: einfrieren, stehenbleiben."
Dagegen schreiben Sie mit "Gelassenheit" und der Diskussion förderlich:
"Starkes "Warnung" davor, dass das Gendern die Person auf ihre Geschlechtlichkeit reduziere, ist nur eine etwas elaborierter formulierte Variante des täglich hier und anderswo hingerotzten pätz-blöden "Arguments", (...).
Man kann auch über die eigene Intellektualität stolpern, sollte es aber zumindest danach bemerken können (wollen).
Entweder ich bin nicht "intellektuell" genug zu verstehen, was jetzt genau in deinem Kommentar die Replik auf meinen Kommentar sein soll, oder du bist es und verstehst nicht, was ich schrieb. - Kann durchaus sein, das erste stimmt. Dann berufe ich mich auf die Narrenfreiheit. :-)
Ok, mit der "Narrenfreiheit" kann ich leben, solange man dabei nicht den Zweck aus den Augen verliert. :-)
"The Sack" ?
..."The and that are common developments from the same Old English system. Old English had a definite article se (in the masculine gender), sēo (feminine), and þæt (neuter). In Middle English, these had all merged into þe, the ancestor of the Modern English word the"...
Wie wahr, allerschlimmste Zustände Achtermann!!!
***** +++++
Was die Bildungslandschaft anbelangt: Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, wäre ein eigenständiger Blogbeitrag nötig. Oder mehrere. Zu den MINT-Fächern: Das MIT ist ein gutes Beispiel. Wofür eigentlich? Nun, hier auf den Philippinen liegt der Frauenanteil in diesem Bereich z. T. bei bis zu 50%. Die ganzen Genderdebatten kennt hier niemand, auch an den Unis nicht. Warum gibt es also so viele Frauen in diesem Bereich? Das hat sehr viel mit Blue Collar und White Collar Jobs zu tun. Und blue ist klassisch männlich, weil mit harter, körperlicher Atbeit verbunden, egal wo: Ob auf dem Feld, in der Autowerkstatt oder auf der Baustelle. Die Landwirtschaft ist etwa so entwickelt, wie im Europa der 1950er Jahre, auf dem Bau kommen kaum Maschinen zum Einsatz (unglaublich, was hier noch alles von Hand gemacht wird!) und Autoreparaturen sind hier mit ausgesprochen schmutziger Arbeit verbunden (ebenfalls mangels entspr. Werkzeuge und Geräte).
Ergo erwartet auch niemand, dass Frauen einen Blue Collar Job erfreifen. Ist das schon kulturelle Prägung? Oder einfach ein Beispiel dafür, dass ganze Berufsbereiche für Frauen tatsächlich eher ungeeignet sind?
Am Gendern führt kein Weg vorbei?
Doch. Ignorieren.Wer im generischen Maskulinum einen Angriff auf die Persönlichkeit sieht, unterstellt per se dem Anwender, nicht jeden Menschen einzubeziehen. Allein das ist schon Diskriminierung.
Bin grad zu faul zu *oo*eln, was sind "Blue Collar und White Collar Jobs"? Das kenne ich gar nicht.
:-(
https://www.indeed.com/career-advice/finding-a-job/difference-between-blue-and-white-collar-jobs
Wissenschafts- und Kirchenbetriebe gehören zu den fiesesten überhaupt - dass sich Vorstellungen auch per "Leitfaden" durchsetzen lassen, lässt sich bestenfalls mit Hilfe einer einer selektiven Naivität behaupten.
Ich kann nicht sagen, dass mich das Gendern sonderlich aufregt - es ist m. E. ein Symptom, nicht Ursache der eigentlichen Probleme. Aber so gerne Sie den Streit darüber auch als "Theater" abtun möchten: es zählt, was ist.
"Handicap" geht auch nur darum noch, weil es zum Golfspiel gehört. Wenn Sie Ärger wollen, versuchen Sie's doch mal mit "Behinderung". :)
Ah ok, Danke
» das sind eben Leitfäden, und es gibt keinen Fall, in dem irgendwo klar gewesen wäre, dass einem Studierenden vorgeschrieben worden wäre, geschlechtergerechte Sprache zu nutzen«
Beispiele gibt es, siehe auch das aus dem Artikel von Kurt Starke. Nur muss es auch gar nicht zu Sanktionen kommen. Der vorauseilende Gehorsam, weil man welche erwartet, tut's doch auch schon. Und den gibt es:
An Universitäten wird auch ohne Überzeugung durch Studenten brav gegendert, denn man will sich nicht aufgrund so einer "Kleinigkeit" Wohlwollen verspielen.
In Firmen wird bei offizieller Kommunikation an alle auch zunehmend gegendert. Ich habe mich mal mit einem HR-Kollegen unterhalten. Man möchte Klagen wegen Diskriminierung vermeiden. Das wäre zwar nach aktueller Rechtslage aussichtslos (BGH, Urteil vom 13.03.2018 – VI ZR 143/17, NJW 2018, 1671–1675), aber für alle Beteiligten dennoch unangenehm, so wird auch hier vorauseilender Gehorsam praktiziert.
Wie gesagt: eine Gesellschaft hat das Recht, sich für eine Änderung in ihren Konventionen zu entscheiden. Aber das muss transparent, auf Augenhöhe und mit Fairness geschehen. Und je mehr die Daumenschrauben angesetzt werden, desto mehr entfernt sich die ganze Debatte von jeglicher Sachlichkeit.
Tja. Die deutsche Sprache ist etwas für Kluge - mithin gibt es für sie keine Anwender.
Was machen wir jetzt mit ihr? Als Fremdsprache mag sie wohl noch Zukunft haben.
P.S.: den Link würde ich nochmal überprüfen.
»Wenn mein 16jähriger Sohn in der Schule angemahnt wird, wenn er in schriftlichen Arbeiten nicht gendert?«
Das überrascht dann doch selbst mich. Ich hatte es bisher schon kritisiert, dass in vielen Schulen der Nachwuchs auf Gendern "trainiert" wird, indem einfach die Lehrer konsequent gendern. Das hier geht ja noch eine Nummer weiter.
Zurück zu meinem Mantra: Eine Gesellschaft hat das Recht, sich zu so etwas zu entscheiden, aber es bedarf für eine solche Änderung eines gesellschaftlichen Konsens und eine transparente und auf Augenhöhe stattfindende Entscheidungsfindung.
So ein Beispiel, wie Sie es hier gebracht haben, ist einfach nur zynisches Schaffen von Tatsachen unter Ausnutzung institutioneller Macht.
Ich wäre neugierig zu erfahren, ob Sie der Schule gegenüber auf diese Episode protestiert haben? Wie ist die Haltung anderer Eltern dazu?
Er werde jetzt Beschwerde bei der Schulbehörde einreichen, so schreibt ein Lehrer in einer Kolumne auf „Spiegel online“. Denn: „Auf einer Einladung der Schulleitung steht: ‚Liebe Schülervertreterinnen und Schülervertreter!‘ Es müsste aber heißen: ‚Liebe Schülerinnenvertreterinnen, Schülerinnenvertreter, Schülervertreterinnen und Schülervertreter!’“ (news4teachers.de, 2. Januar 2020)
Fehlen da jetzt nicht noch diese Sternchen?
Ich glaube, hier wird diese Frage erschöpfend behandelt.
***** +++++
Ich hatte gehofft dass der Zietz noch ein Buch schreibt das Millionenfach verkauft wird und hinterher koennte ich mich damit bruesten: "Tjach, ich kannte den noch als er ein kleiner Freitagskommentator war", aber bis du den neo - grammatikalischen Genderkram verstehst um in einem Verlag ueberhaupt angenommen zu werden bist du ja schon ca. 130 Jahre alt.
:-(
Ein Fall für die gewerkschaftlichen Lehrer*innenvertreter*innen.
Service: siehe hier :-(
Danke für den Literaturtipp. Glaube allerdings, das Thema ist schlichtweg unerschöpflich. Vorerst also 70 Seiten. Puuh!
>>Übrigens ist sprachgeschichtlich das Suffix "-in" keineswegs eines, das Weiblichkeit ausdrückt, sondern den Status der Ehe.<<
Interessant.
Habe immer gerätselt, woher das Suffix „in“ seinen Ursprung hat. In Haus, in Küche? Und mich gewundert, warum sich Frauen von dem Suffix „-in“ so repräsentiert fühlen. Warum sie nicht das „sie“ als Ergänzung und Abgrenzung zum „er“ bevorzugen.
Dumm gelaufen für die, die nun ständig das „in“ herausstellen und einen Mann suchen. Im Unterbewusstsein der Männer signalisiert das „in“, dass die Frau, die es in ihrem Namen oder ihrer Berufsbezeichnung hat, vergeben ist. Der Hormonspiegel des Mannes hebt nicht an – bleibt neutral, da läuft nichts.
Nochmal überdenken, Frauen?
Oder ist das so gewollt?;)
Das freut mich zu lesen. Vielleicht ist gerade die jugendliche Unvoreingenommenheit hier eine Chance aus diesen ideologischen Gerüsten auszubrechen und sich auf sachliche Art mit dem Thema selbst auseinanderzusetzen.
Auch gut finde ich, dass Sie der Sache nachgegangen sind. Ich kann mir vorstellen, dass derartiges Feedback für die Lehrer auch wichtig ist.
D´accord. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen
Sorry, ist nichts persönliches, Ich schwöre. Meine Rede
Der war gut
👍
https://www.deutschlandfunk.de/genderforscherin-geier-zu-identitaetspolitik-wir-muessen.694.de.html?dram:article_id=493281
Hier ist noch mal der Link zu Andrea Geier.
++ Natürlicher Sprachwandel hatte immer die Tendenz hin zum Vereinfachen, dem Volk aufs Maul schauend, auch wenn diese Anpassungen nicht immer im Sinne der traditionellen Linguisten erfolgten. ++
Es gibt eine Fülle guter wissenschaftlicher Arbeiten zum Thema. Ich habe keine Lust, das jetzt nochmal auszubreiten. Was mir allerdings - bei Ihren Verweisen auf Franco und Hitler - auffällt, ist, dass z. B. in Staaten wie Ungarn und Polen - nein, das sind keine Diktaturen, aber doch sehr eingeschränkt in ihrem demokratischen Verständnis - fast "Panzer" gegen Geschlechterwissenschaften aufgefahren werden, dann komme ich immer ins Grübeln.
Außerdem: auch Gendern kann vereinfachen: Nehmen Sie die Form "Bäcker:in" zu sprechen - mit kleiner Pause - und mit Doppelpunkt, wenn es geschrieben wird. Debattiert werden kann immer über weitere möglichst vereinfachte Sprachformen. Sicher finden viele Zeitgenoss:innen das nervig, ich manchmal grüble auch, wie das gendermäßig am besten ausgedrückt werden kann. Das "übt" und schadet kaum. Und manchmal gelingt es mir auch nicht so gut. Ich kann - in den dreißig Jahren, in denen ich das ganze Problem verfolge, nur immer wieder die gleichen "Reflexe" beboachten. Mal kluge, mal alberne Anmerkungen dazu.
Emotionen sind weder Argument noch Gegen(!)argument. Emotionen sind u.a. "strukturierte Hinweise auf Wirkliches" (Perls) und "Wächter des Lebens (Stettbacher).
Bei Wut geht es um die Frage, ob sie berechtigt ist, also ob sie sich auf die eben verhandelte Angelegenheit bezieht. Diese Frage ist hier eindeutig mit ja zu beantworten. (Die Wut vieler Terrorist^innen kommt leider aus einem schwer beschädigten Leben.)
Zum generischen Maskulinum: In den Schriften (nicht nur) des Nationalsozialismus kommt es gehäuft vor, eben weil es den Blick auf die Wirklichkeit so perfekt vernebelt: "der Deutsche kann ...", "der Russe wird ...", "der Jude ist ..."
Besonders im dritten Beispiel lässt sich leicht überprüfen, dass Vorurteile kaum wirken, wenn etwa gesagt wird, "jüdische Frauen und Männer sind..." oder "Jüdinnen und Juden sind ..." oder "jüdische Menschen". Ein annähernd realitätsgerechtes Abbilden der Wirklichkeit mittels Sprache verhindert weitgehend die ideologischen Auszucker in Irrationalität und Irrealität.
Zu den ausschließlich männlichen Mehrzahlformen, in denen die Frauen angeblich selbstverständlich "enthalten" sind: Wenn zwei Ausländer und zwei Ausländerinnen vier Ausländer genannt werden dürfen, dann wird ein Grundgesetz der Logik missachtet. Denn ein Teilbegriff (Ausländer/Ausländer) darf logischerweise niemals gleichzeitig Oberbegriff (also für beide: „Ausländer“) sein. Zwei Fahrräder und zwei Autor wären sonst vier Fahrräder! – Nein!
Und wenn zwei Ausländer und zwei Ausländerinnen vier Ausländer genannt werden, steht ein Gebot, die Wirklichkeit zu verleugnen, im Raum. Leicht können diese Menschen dann auch „Feinde“ genannt werden: Die Meinung über die Wirklichkeit hat bereits Vorrang vor dem, was vor Augen ist.
Mit den realitätswidrigen Mehrzahlformen und dem generischen Maskulinum wird arationalem Denken Vorschub geleistet: Die Wirklichkeit zählt nicht; die Logik zählt nicht.
Beides ist für eine gerechte und demokratische Gesellschaft abträglich.
Da bin ich anderer Meinung. Zunächst: Männer und Frauen und alle anderen sind in den generischen Formen alle gleich gemeint. Das ist das Sprachverständnis der allermeisten Muttersprachler.
In diesem Kontext haben Formulierungen wie "der Deutsche ..." usw. eigentlich überhaupt keine Relevanz. Ob nun "der Deutsche" ein deutscher Mann oder einfach nur eine deutsche Person ist, ist eine Feinheit, die sich aus dem Kontext ergibt.
Tatsächlich sind aber totalitäre Herrschaftsformen hier ein gutes Beispiel. Denn während auf der einen Seite das genannte Beispiel negativ konnotiert ist, soll auf der anderen Seite die Sprache nach ideologischen Überlegungen verändert werden, was tatsächlich ebenfalls ein klassisches Merkmal totalitärer Herrschaftsformen ist, sowohl die Nazis, als auch die (Schein-) Kommunisten haben ausgiebig davon Gebrauch gemacht, und in der Literatur hat Orwell in "1984" ausgiebig Bezug darauf genommen.
Hier stellt sich also die Frage: heiligt der Zweck die Mittel? Ich finde nicht, dass das so ist.
Aber zurück zum Sprachverständnis. Ob ich unter "Lehrern" oder "Ingenieuren" Männer und unter "Hebammen" Frauen verstehe, ist tatsächlich vor allem davon abhängig, welche Rollenbilder unsere Gesellschaft mit diesen Begriffen verbindet. Die Sprache ist am Ende der Kette, wo es letztlich nur noch zum Ausdruck kommt.
Interessante Beispiele. Ja, es ist schon so oft diskutiert worden, das generische Maskulinum. Aber, es hält sich eisern an den Planken konservativen Sprachverständnisses.
++ Wer sich um reale Marginalisierungsmechanismus, wellcher die Heteronomie von Menschen stetig bewirkt, nicht mehr schert, sondern nur der eigenen Geltungssucht eine symbolische Bühne verschaffen will, in der man sich kritisch generieren kann, ohne die Frage nach hegemonialen Strukturen überhaupt zu stellen, der erglüht in selbsterzeugter Empörung, die an Machtverhältnissen nicht ein Jota verändert. Mit "Gender-I" und Sternchen bleiben die Vermögensverhältnissse und angetastet - und alle Kriege können weitergeführt werden.++
Also Frau A.B. - irgendwo lassen Sie jetzt was "gucken", was mit dem Thema immer nur am Rande zu tun hat. Übrigens "kritisch generieren" - ist das nicht auch irgendwie Quatsch? Es müsste doch heißen "kritisch gerieren" oder irre ich mich da? Ging zwar an Frau Koester, aber gerade die nun hat sich schon oft mit Fragen nach Machtverhältnissen und Strukturen beschäftigt. Das ist übrigens einer Ihrer Generalprobleme: Diese Zuspitzerei.
Übrigens zur Grammatik ist mir noch eingefallen, dass Leute, die Angela Merkel besonders verachtend benennen wollen manchmal "Das Merkel" schreiben. Die Geschlechterzuordnung als gehässiger Anwurf. Gabs hier im Forum schon öfter.
Ich hoffe, die Schulen haben wieder auf und die Pauker:innen werden anderweitig wieder gebraucht.
... dass Leute, die Angela Merkel besonders verachtend benennen wollen manchmal "Das Merkel" schreiben.
Tue ich zwar nicht, ist aber m. W. eine Titanic-Nummer aus dem Jahr 2005. Damals wollte sie uns (und den Irak vermutlich auch) durchregieren. Blöder als ihre damaligen Sprüche konnte es nur Schweinchen Schlau mit Brille, das aus Wiesbaden.
Mithin: durchaus verdienter, immerhin bestimmter, Artikel.
»Es gibt eine Fülle guter wissenschaftlicher Arbeiten zum Thema. Ich habe keine Lust, das jetzt nochmal auszubreiten.«
Ich denke schon, dass es besser wäre, das zu tun. Ich habe ja nun einen guten Teil meines Lebens in der Wissenschaft (wenn auch in einem anderen fachlichen Gebiet) verbracht, und ich begegne wissenschaftlichen Arbeiten mit Respekt. Allerdings hat sich leider sehr verbreitet, die "zahlreichen Studien" wie eine Waffe zu führen, ohne sie inhaltlich überhaupt durchdrungen zu haben und kritisch zu beurteilen, was die jeweilige Studie denn nun genau belegt und was nicht.
Insofern wäre ich sehr interessiert an Beispielen von Studien, aus denen Sie ableiten, dass Ihre Sicht der Dinge zweifelsfrei richtig ist.
Generell bemühe ich mich in Diskussionen immer, meine Meinung mit konkreten Beispielen und ggf. konkreten Zitaten zu belegen. Verweisen auf ein - überspitzt gesagt - "das brauche ich nicht zu erklären, das weiß man eh längst" ist gerade in einem Kontext, wo die Faktenlage durchaus nicht für jeden erfassbar ist bzw. gleich bewertet wird, nicht besonders fair.
Danke. Ich kann mich an einige der genannten Umstände noch ganz gut erinnern. Hier wird m.E. so ab 50 der Unterschied zwischen West- und Ost-Biographie sichtbar.
Emotionen sind weder Argument noch Gegen(!)argument. Emotionen sind u.a. "strukturierte Hinweise auf Wirkliches" (Perls) und "Wächter des Lebens (Stettbacher).Bei Wut geht es um die Frage, ob sie berechtigt ist, also ob sie sich auf die eben verhandelte Angelegenheit bezieht. Diese Frage ist hier eindeutig mit ja zu beantworten. (Die Wut vieler Terrorist^innen kommt leider aus einem schwer beschädigten Leben.)Zum generischen Maskulinum: In den Schriften (nicht nur) des Nationalsozialismus kommt es gehäuft vor, eben weil es den Blick auf die Wirklichkeit so perfekt vernebelt: "der Deutsche kann ...", "der Russe wird ...", "der Jude ist ..."Besonders im dritten Beispiel lässt sich leicht überprüfen, dass Vorurteile kaum wirken, wenn etwa gesagt wird, "jüdische Frauen und Männer sind..." oder "Jüdinnen und Juden sind ..." oder "jüdische Menschen". Ein annähernd realitätsgerechtes Abbilden der Wirklichkeit mittels Sprache verhindert weitgehend die ideologischen Auszucker in Irrationalität und Irrealität.Zu den ausschließlich männlichen Mehrzahlformen, in denen die Frauen angeblich selbstverständlich "enthalten" sind: Wenn zwei Ausländer und zwei Ausländerinnen vier Ausländer genannt werden dürfen, dann wird ein Grundgesetz der Logik missachtet. Denn ein Teilbegriff (Ausländer/Ausländerin) darf logischerweise niemals gleichzeitig Oberbegriff (also für beide: „Ausländer“) sein. Zwei Fahrräder und zwei Autor wären sonst vier Fahrräder! – Nein!Und wenn zwei Ausländer und zwei Ausländerinnen vier Ausländer genannt werden, steht ein Gebot, die Wirklichkeit zu verleugnen, im Raum. Leicht können diese Menschen dann auch „Feinde“ genannt werden: Die Meinung über die Wirklichkeit hat bereits Vorrang vor dem, was vor Augen ist.Mit den realitätswidrigen Mehrzahlformen und dem generischen Maskulinum wird arationalem Denken Vorschub geleistet: Die Wirklichkeit zählt nicht; die Logik zählt nicht.Beides ist für eine gerechte und demokratische Gesellschaft abträglich.
Ich könnte verstehen, wenn sich Ihre Wut gegen die Welt des Journalismus, gegen die Chefs und Männerbünde richten würde. Wut gegen die Sprache ist Ablenkung, Surrogat. Willkommen denjenigen, denen ihre Wut eigentlich gilt.
Typisch finde ich, dass ausgerechnet das ZDF seinen Sprecherinnen und Sprechern freigestellt hat zu gendern. In der Chefetage gibt es kaum Frauen. So schenkt man den Frauen die Glasperlen des Genderns und gewinnt das Gold der unangefochtenen Führerschaft.
Claus Kleber gendert wohl aus Galanterie. Diese Galanterie ist (paradoxerweise) der Ursprung für die abwertenden Bezeichnungen für Frauen. Um das "Weib" galant anzusprechen, benutzte man die Adelsbezeichnung "Frau". Das wurde zum normalen Wort, "Weib" wurde zum abwertenden Begriff. Zur Aufwertung braucht man jetzt "Dame".
Die Endung -in war ursprünglich die respektvolle Anrede der mit einem Funktionsträger verheirateten Ehefrau, so wie in Österreich (heute noch?) die Frau des Arztes "Frau Doktor" genannt wird. Anerkennung für die starke Frau hinter dem starken Mann. Die Bäuerin, die Müllerin etc. erfüllten auch ihren Teil an der Arbeit des Hofes und der Mühle, die Endung -in war dort die Anerkennung der ergänzenden Arbeit.
In der DDR zeigten arbeitende Frauen ihr Selbstbewusstsein dagegen durch die Übernahme der Berufsbezeichnung ohne die Endung -in. Dort war und ist heute noch das Maskulinum generisch. So wie in dem Satz "Frauen sind die besseren Autofahrer" vermieden sie, in die zweite Liga abzusteigen. Vor kurzem noch haben deutsche Soldatinnen das Gendern der Dienstgrade aus dem gleichen Grund abgelehnt: Die sprachliche Andersbehandlung sei Diskriminierung.
Im Westen verbreitete der Feminismus in den 80ern, es sei zumindest unhöflich, Frauen nicht mit der Endung -in(nen) explizit zu nennen, so entstanden die Paarformen, an die wir uns gewöhnt haben. Nun erscheint vielen das Maskulinum nicht mehr generisch. Es wirkt wie das"Weib" abwertend oder zumindest ausschließend.
Das generische Maskulinum ist aber ein grundlegender Bestandteil des Deutschen. In Universitätsveröffentlichungen findet man z.B. "Jeder vierte Studierende fühlt sich gestresst" und es sind nicht nur die Männer gemeint. "Wer" lässt sich nicht gendern, kein Ersatz für "man" oder "jemand" etc. hat sich durchsetzen können.
Denn das Generische ist älter als das Maskulinum. Erst durch die Erfindung des Femininums wurde das Maskulinum nämlich "männlich".
Immer ist die Hervorhebung der Frau der Grund für die Misere, keine Verschwörung von Männerbünden zur Erhaltung des Proletariats oder zur Unterordnung der Frau.
Vielleicht sollte man die Galanterie ablehnen, das sprachliche Türaufhalten und Platzanbieten, also die Endung -in, wie Nele Pollatschek es tut.
Auch ich bin Lehrer. Mich würde interessieren, wie Sie an Ihrer Schule mit dem Genderzwang umgehen. Ich habe z.B. aufgehört, die Paarformen zu benutzen und setze ans Ende des generischen Maskulinums nun stattdessen ein Sternchen. Das ist mein Hinweis darauf, dass ich das absichtlich tue, mein Gruß an die LGBTQI…-Community und gleichzeitig das Fußnotenzeichen. Am Textende greife ich das Sternchen auf und erkläre kurz meine Haltung zum generischen Maskulinum. Bisher hat noch niemand darauf reagiert. Was halten Sie davon?