Sorry, Eskalation

G20 Im Sonderausschuss räumt die Polizeiführung nur wenige Fehler ein – und beliebt zu scherzen
Ausgabe 15/2018
Es sei zu einem „Kommunikationsfehler“ gekommen, das habe die Situation eskaliert
Es sei zu einem „Kommunikationsfehler“ gekommen, das habe die Situation eskaliert

Foto: John MacDoughall/AFP/Getty Images

Wie sah das Willkommen von Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) für die G20-Demonstranten aus? Wir erinnern uns: Protestcamps waren verboten, die Innenstadt wurde zur Demo-Verbotszone erklärt und als Einsatzleiter der Polizei empfing Hartmut Dudde. Aktivisten war der bestens bekannt, etwa durch seinen Einsatz bei einer Demonstration der Roten Flora Ende 2013, als er diese nach nur wenigen Metern mit Wasserwerfern stoppen ließ. Was Dudde im Juli 2017 bei der „Welcome to hell“-Demonstration wiederholte. Wie nun würde Grote das Verhalten der Innenbehörden bei G20 zusammenfassen? „Versammlungsfreundlich“, das war die Antwort des SPD-Innensenators in der Sitzung des Sonderausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft vergangene Woche.

Auch sonst war der Feldherr des vergangenen Sommers zum Scherzen aufgelegt: Was wäre wohl passiert, fragte der grüne Fraktionsvorsitzende Anjes Tjarks, hätte die Polizei am 4. Juli beim „Massencornern“ nicht die Straße voller Feiernder rabiat geräumt? Grote: „Dann wäre alles total friedlich verlaufen. Nein“, lacht er, Spaß. Lustig fanden das nicht alle. Der Leiter der Schutzpolizei, Joachim Ferk, entschuldigte sich für den Wasserwerfer-Einsatz. Es sei zu einem „Kommunikationsfehler“ gekommen, das habe die Situation eskaliert.

Ob eine Deeskalationsstrategie bei solch einem Großprotest nicht sinnvoller gewesen wäre? Grote winkte ab: „Die Polizei hat grundsätzlich kein Deeskalationskonzept“, auf Kommunikation sei ja immer zu achten. Und das habe sie auch bei „Welcome to hell“ getan und viel mit den Anmeldern kooperiert.

„Die sagen uns teilweise offen die Unwahrheit“, seufzte die Linken-Politikerin Christiane Schneider nach der Sitzung. Aus den Akten wisse sie, dass es nach der Anmeldung im Januar nur ein Telefonat im April und ein Kooperationsgespräch im Juni gegeben habe. Auflagen wurden keine erteilt. Der Stopp des Protestzuges wurde dann an der Vermummung einiger Teilnehmer festgemacht. Wie viele das waren, darüber wurden sich die Mitglieder des Ausschusses am vergangenen Donnerstag nicht mehr einig. Wurde die Demonstration zu Recht als gefährlich eingestuft? Der frühzeitige Stopp jedenfalls führte laut Zahlen der Soko „Schwarzer Block“ zu 714 Straftaten. Ende Mai wird der Senat erfahren, was die Bewohner der Schanze von ihrem Sicherheitskonzept halten. Dann muss sich der Senat den Fragen von Bewohnern des Schanzenviertels stellen.

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