Die Welt braucht neue Werte

Wieso Wirtschaft ? „Wirtschaft vor! Mehr Netto vom Brutto!“ Sind solche Forderungen im Wahlkampf wirklich wichtig oder sollten wir uns in Deutschland nicht auf wichtigeres besinnen.

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http://ais.badische-zeitung.de/piece/00/29/00/28/2687016.jpgAuf die Frage, was für einen persönlich die wichtigsten Eigenschaften und Ziele sind, antwortet wohl ein Großteil der Menschen ohne lang zu überlegen mit Frieden, Glück und Wohlstand. Und ich glaube wirklich, dass diese Antworten die Überzeugungen der meisten Menschen ausdrücken. Wieso handeln wir dann meist nicht nach diesen Überzeugungen? Das Problem ist wohl, dass sich im Kapitalismus die Wirtschaft vor diese anderen Werte schiebt und den Menschen illusioniert. Nun ist die Wirtschaft an sich nichts Böses. Nein, vielmehr handelt es sich bei diesem sperrigen Begriff wirklich um etwas Überlebenswichtiges. Eine florierende oder zumindest stabile Wirtschaftslage verspricht ein Auskommen für jedermann, eine Welt in der niemand leiden muss und jeder seinen Platz hat. Allerdings ist dieser noch nie dagewesene Zustand des völligen Paradieses, in dem alles in geordneten Bahnen zugeht, noch nie eingetreten. Zu groß war bei vielen das Profitstreben die Wirtschaft noch weiter anzukurbeln, zu groß waren die Versprechungen der meist wenig Kapitalismus kritischen Wirtschaftswissenschaftler, die immer noch höhere Renditen versprachen, was laut ihnen wiederum den Wohlstand, den Frieden und das Glück jedermanns steigern würde. Durch die Übermacht der Wirtschaft geraten die eigentlichen Ziele der meisten Menschen in weite Ferne. Ein beschauliches, glückliches und zugleich vollkommen genussvolles Leben haben heutzutage wohl nur noch die wenigsten.

Ist mal wieder der Neoliberalismus Schuld?

Heutzutage fühlen sich Leute in ihrer Lebenssituation zunehmend prekärer, unsicherer und absturzgefährdet. Aber wieso ? Ist daran die Durchsetzung der neoliberalen Ideologie in weiten Teilen der westlichen Welt Schuld? Nicht allein, aber wohl schon zu einem Teil. Betrachtet man die Geschichte der Menschheit, so lässt sich schnell erkennen, dass wirtschaftliches Handeln schon etliche Jahrhunderte im Mittelpunkt des menschlichen Schaffens lag. Nicht nur im Kapitalismus, auch schon in den vorgeschichtlichen Wirtschaftsformen definierte man sich durch seine wirtschaftliche Leistung und verschaffte sich dadurch Ansehen. Kommen wir auf den Neoliberalismus zurück. In seiner heutigen Form verstehen wir ihn als entfesselten Kapitalismus, durch den wir glauben, oder zumindest eingeredet bekommen, vollkommenen Wohlstand für alle zu schaffen. Das Gegenteil ist allerdings der Fall, denn in fast allen westlichen, kapitalisierten Ländern geht die Schere zwischen Arm und Reich unbestreitbar auseinander. Doch unsere Wirtschaftsform wird sich immer weiter zu einem ungerechten System entwickeln, wenn die Wirtschaft weiterhin als „non plus ultra“ gesehen wird. Das Streben nach wirtschaftlicher Ekstase brachte uns den Kapitalismus, brachte uns den Neoliberalismus. Die Entwicklung wird sich immer so weiterziehen, weg vom Staat, hin zur reinen, freien und unsozialen Marktwirtschaft, wenn nicht eine Umstellung der Wichtigkeit von Zielwerten in der Gesellschaft stattfindet.

Wirtschaft eigentlich nur Mittel zum Zweck

Das Hauptproblem liegt wohl darin, dass die Wirtschaft nicht als ein Mittel gesehen wird, um mehr Wohlstand zu erreichen, sondern als Ziel und Lebenssinn selbst. Dies führt dazu, dass bei der Debatte über wirtschaftspolitische Entscheidungen meist aus rein wirtschaftlicher Sicht diskutiert wird. Beispielsweise beim Mindestlohn. Hier werden die wirtschaftlichen Bedenken viel stärker gewertet, als die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte. So entsteht eine Argumentationsgang, der eigentlich von Grund auf falsch angelegt ist, denn vor der Wirtschaft sollte doch zu allererst an die Gesellschaft gedacht werden. Allerdings muss man natürlich auch bedenken, dass die Wirtschaft wohl oder übel mit dem Wohlstand und dadurch mit dem Wohlergehen der Gesellschaft verbunden ist, jedoch sollte die Politik sich endlich wieder darauf besinnen gesellschaftliche Aspekte zumindest auf gleicher Ebene mit Wirtschaftsinteressen zu stellen, denn nur dann kann eine ausgeglichene und zufriedene Bevölkerung der Wirtschaft etwas positives abgewinnen und nur dann kann die Wirtschaft der Gesellschaft dienen. Andererseits macht sich die Wirtschaft zu einem überflüssigen, gar gefährlichen Faktor, wie die letzte Wirtschafts-und Finanzkrise möglicherweise mal wieder aufgezeigt hat. Um die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte in den Vordergrund zu stellen braucht man weder den Kommunismus, noch muss man radikal links oder rechts sein. Alles was nötig ist wäre eine funktionierende Demokratie, in der das Allgemeinwohl vor Partikularinteressen mächtiger Minderheiten steht.

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Geschrieben von

enfantteRRible

Zu frühe Urteile sind Vorurteile, aus denen der Irrtum emporsteigt wie der Nebel aus dem Meere.

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