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Terroropfer Die Anschläge in Paris zeigen es erneut – Terroranschläge gegen die sogenannte westliche Wertegemeinschaft werden instrumentalisiert, um unliebsame Politik durchzudrücken

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Datencenter in Saint-Denis bei Paris – in Frankreich ist die Vorratsdatenspeicherung längst Realität
Datencenter in Saint-Denis bei Paris – in Frankreich ist die Vorratsdatenspeicherung längst Realität

Foto: JACQUES DEMARTHON/AFP/Getty Images)

Wenn 18 Menschen aufgrund eines Terroranschlags ums Leben kommen und das dazu noch auf europäischem Boden, dann ist erst einmal die Tragik groß. Menschen zeigen sich entsetzt und in der Presse dreht sich alles um dieses tragische Schicksal. Doch welche anderweitigen Folgen hat ein Terroranschlag wie derjenige in Paris vorletzte Woche? Die schrecklichste und doch eine immer wieder auftretende Folge von Terroranschlägen ist die Instrumentalisierung der Opfer, um politische Ziele der Mächtigen durchzudrücken.

So auch geschehen im deutschen Politikumfeld in den letzten Tagen. War die Vorratsdatenspeicherung, auch aufgrund vorhergehender Rechtsprechungen der höchsten Gerichte Deutschlands und Europas für mittelbar nicht umsetzbar erklärt worden, scheinen nun schon wieder die Granden der beiden Volksparteien die Gunst der Stunde für sich nutzen zu wollen. Ganz im Stile des Großmeisters der Instrumentalisierung von Terroranschlägen George W. Bush machten sich in den vergangenen Tagen Angela Merkel, Volker Kauder oder derstellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl daran, die Sicherheit Europas als weitreichend gefährdet darzustellen um anschließend darauf zu verweisen, dass dies nur durch den Heiligen Gral der Vorratsdatenspeicherung verändert werden könne. Eingeschränkte Unterstützung erhielten sie auch aus der SPD. Abgesehen davon, dass diese Forderung im Zusammenhang mit den Terroranschlägen in Paris wenig Sinn macht, denn in Frankreich gibt es bereits die Vorratsdatenspeicherung, lässt dieses Drängen auf weitere Datenüberwachung nach den NSA-Skandalen erkennen, dass führende Politiker der an der Regierung beteiligten Fraktionen, die Größtenteils starke Ablehnung der deutschen Bürger entgegen stärkerer Überwachung, immer noch nicht ernst nehmen.

Ein weiteres Konstrukt, dass die Terroranschläge in Paris trauriger Weise offenbarten, ist die Doppelmoral der Herrschenden. So versammelten sich in Paris vergangene Woche die meisten führenden Staats- und Regierungschefs um der Opfer zu Gedenken. Darunter waren auch zahlreiche Vertreter von Staaten die im eigenen Handeln eher die Wertschätzung der Freiheits- und Meinungsrechte vermissen lassen und denen trotzdem in Paris eine Bühne geboten wurde.

Abschließend komme ich zu dem nüchternen Fazit, dass der Terroranschlag von Paris erneut gezeigt hat an was es den westlichen Staaten mangelt. Nämlich den Mut ernsthafte Konsequenzen aus den Anschlägen zu ziehen. Diese vollstrecken sich für mich eben nicht auf das Heranziehen von aktionistischen, als Wunderheilmittel deklarierten Überwachungsmaßnahmen à la der fast schon „unwortartigen“ Vorratsdatenspeicherung. Vielmehr sehe ich die in den letzten Tagen doch allseits erklärte „westliche Wertegemeinschaft“ in der Pflicht, herauszufinden wie man westliche Werte mit westlichen Mitteln verteidigen kann. Zu diesen Mitteln können nicht grausame Kriege zählen, die wohl historisch als Angriffskriege definiert werden müssen. Wenn es erneut zu solch unrechtmäßiger Gewalt von westlicher Seite kommen wird wie im Kosovo oder dem Irak, schlägt der Westen sich mit seiner eigenen Doppelmoral. Terrorischt-religiöser Irrglauben kann nicht durch Waffen sondern nur durch breit angelegt Aufklärung und Bildung verhindert werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

enfantteRRible

Zu frühe Urteile sind Vorurteile, aus denen der Irrtum emporsteigt wie der Nebel aus dem Meere.

enfantteRRible

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