Eine SPD-Karriere

Berufspolitik Nils Schmid mag vielen außerhalb Baden-Württembergs unbekannt sein. Er ist jedoch ein gutes Beispiel für heutige Parteikarrieren – und das nicht nur in der SPD

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Nils Schmids Karriere kennt nur eine Richtung
Nils Schmids Karriere kennt nur eine Richtung

Foto: ThomasS Kienzle/AFP/Getty Images

Wenn es um die deutsch-russischen Beziehungen geht, ist in letzter Zeit in verschieden Rundfunkinterviews Nils Schmid als außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion zu hören. Dort rechtfertigt er die Russland-Sanktionen der EU und mahnt die Umsetzung des Minsker Vertrages vornehmlich durch Russland an.

Dabei war mir Nils Schmid bisher gar nicht als außenpolitischer Fachmann aufgefallen, zumal er erst seit September 2017 Mitglied des Bundestages ist, was ich angesichts der Bilanz seines bisherigen landespolitischen Wirkens in Baden-Württemberg sehr erstaunlich finde.

1997 kam der studierte Jurist Nils Schmid zum ersten Mal in den Landtag und wurde dort 2001 finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Bei den Landtagswahlen 2011 holte er als Vorsitzender und Spitzenkandidat der SPD 23,1 Prozent der Stimmen – und damit das schlechteste Ergebnis für die SPD in der Geschichte dieses Bundeslandes. Doch es reichte, um als Juniorpartner eine Koalition mit den Grünen zu bilden.

Nils Schmidt stieg auf zum Superminister für Wirtschaft und Finanzen und zum Stellvertreter des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. In diesem neuen Amt leistete er auch im Hinblick auf Stuttgart 21 eine so herausragende Arbeit, dass er bei den Landtagswahlen 2016 noch ganze 12,7 Prozent für die SPD herausholte, also das bis dato schlechteste Ergebnis noch einmal halbierte und im Vergleich zur Landtagswahl 2001 (33,39 %) auf gut ein Drittel zurückfiel.

Jetzt konnte er zwar weder Minister noch stellvertretender Ministerpräsident – ja nicht einmal mehr Parteivorsitzender – bleiben, aber immerhin wurde er für wenige Monate kunstpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion. Dieses Amt schien ihn jedoch nicht auszufüllen, und so kandidierte er 2017 im Wahlkreis Nürtingen für den Bundestag. Zwar verlor er hier gegenüber seinem Vorgänger 6,3 Prozentpunkte bei den Erststimmen und 4,8 Prozentpunkte bei den Zweitstimmen, doch über die Landesliste konnte er dennoch in den Bundestag einziehen. Und daselbst wurde er gleich zum außenpolitischen Sprecher befördert.

Man sieht also, dass in der SPD der Grundwert der Solidarität noch immer groß geschrieben wird, zumindest wenn es darum geht, gescheitertes Führungspersonal sanft aufzufangen.

Als kleine Randnotiz sei noch angefügt, dass Nils Schmid am 13.09.2015 in der "Welt" einen Kommentar zur Wahl von Jeremy Corbyn zum Parteichef der Labour Party veröffentlichte. Der Titel lautete: "Corbyn führt britische Labour Party ins Nirwana". Darin prophezeit er, dass Corbyn Labour vom guten und richtigen Kurs von Blair, Schröder – und Nils Schmid – weg und direkt ins Verderben führen werde. Eben jener Jeremy Corbyn, der hunderttausende neue Mitglieder warb und bei den letzten Wahlen etwa 40 Prozent für Labour erreichte.

Was würde Nils Schmid für ein solches "Nirwana" wohl zu geben bereit sein?

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Geschrieben von

Engelbert Volks

Ehemaliger Lehrer, D,SW, Hobbydichter, Sprachhygieniker

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