Lesen macht Spaß! Für alle?

Sprachhürden Warum kompliziert schreiben, wenn es auch einfach geht? Besonders für viele Zugewanderte ist 'normales' Deutsch (noch) zu schwierig. Ihnen kann Einfache Sprache helfen.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

"...Ich bereite die Landung vor, beuge mich nach vorne. Der Schirm stürzt in die Tiefe. Mit großer Geschwindigkeit rase ich hinab. Ich fliege dreitausend Meter hoch. Zweitausend. Tausend. Ich habe alles unter Kontrolle.
Der Landeplatz kommt immer näher. Der Schirm öffnet sich weiter. Sanft lande ich auf dem Boden. Wie ein Schmetterling auf einer Blüte.
Dann kommt der Tag, an dem alles anders ist. Ich lande ohne zu bremsen im grünen Gras. Noch weiß ich nicht, dass sich mein Leben für immer ändern wird..."

Diesen Ausschnitt aus "Ziemlich beste Freunde"(*) können fast alle verstehen. Warum?

Eingebetteter Medieninhalt

Der Text ist in Einfacher Sprache geschrieben. Das heißt,

  • er vermeidet Fremdwörter und Fachbegriffe (oder erklärt sie),
  • er kommt ohne Sprachbilder (im übertragenen Sinne) oder Hüll- und Füllwörter aus, und
  • er verzichtet auf komplizierte Grammatik, lange und verschachtelte Sätze.

Damit fällt das meiste weg, was unsere Sprache oft unnötig schwierig macht.

Wer von uns ist nicht schon an unverständlichen Fachtexten, Formularen oder Gebrauchsanweisungen gescheitert? Zudem können sich viele Menschen zwar mündlich gut verständigen, aber selbst gewöhnliche Texte nicht oder kaum verstehen (sogenannte 'funktionale Analphabeten'). Und Zugewanderte, die erst wenig Deutsch sprechen, haben es besonders schwer. Ihr Hauptziel ist natürlich, richtig Deutsch zu lernen (vgl. "Geflüchtete auf Deutschkurs" ). Doch das dauert lange, und gerade auf diesem Weg kann Einfache Sprache hilfreich sein.

Dabei ist Einfache Sprache sehr weit gefasst, nicht geregelt. Sie reicht von Texten, die 'klar und verständlich' geschrieben sind, bis hin zu deutlich vereinfachten Texten, die der Leichten Sprache ähneln. Diese ist für Menschen gedacht, die Lernschwierigkeiten haben oder schwer lesen können (Legastheniker). Sie folgt genauen Regeln, die gemeinsam mit diesen Menschen entwickelt worden sind.

Natürlich kann weder Einfache noch Leichte Sprache unsere 'normale' Sprache in all ihrer Vielfalt ersetzen, doch als zusätzliche Angebote sind beide hilfreich. Mehr über diese Initiativen ist auf unserer Website Multisprech zu erfahren [Einfache Sprache]. Dort zeigen wir auch, wo es Lektüre in Einfacher oder Leichter Sprache gibt, wie man einfache Texte schreiben kann und wie Einfache Sprache für die Flüchtlingshilfe nutzbar ist.

Insbesondere bieten wir leicht lesbare Texte direkt für Geflüchtete und Zugewanderte an [Leicht zum Lesen]: Wo finden Menschen, die unsere Sprache erst lernen, aktuelle Nachrichten, Informationen für den Alltag und Lektüre zur Unterhaltung? Dieser Wegweiser durch das Internet ist selbst in Einfacher Sprache geschrieben - verständlich für alle, die schon etwas Deutsch können. Noch fehlen viele Themen, besonders für Jugendliche. Da hoffen wir auch auf Hinweise von Sprachfreunden und Lesern!

(*) Nachweis für Zitat:

Philippe Pozzo di Borgo: "Ziemlich beste Freunde". In Einfacher Sprache. Bearbeitung Sonja Markowski. Spaß am Lesen Verlag (Info zumBuch).Leseprobe , S. 9

Bild:

Berliner Büchertisch - Leseecke für Kinder 3.jpg (Flickr/ Creative Commons)

Anmerkung:

Eine ausführlichere Fassung dieses Beitrags ist unter dem Titel "Lesen - einfach für alle?!" im Blog Multisprech (14.07.2016) erschienen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Sabine Manning

Bin sprachkritisch, denke alternativ und europäisch, blogge auf anglilupe.org, multisprech.org und sprachkritik.org

Sabine Manning

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden