Showdown bei der VG Wort

Medien Ob die Verwertungsgesellschaft den Streit ums Geld übersteht? Am Samstag geht es um die Zukunft der Institution – und um die vieler Verlage
Ausgabe 20/2017
It's all about the Kopierentgelte
It's all about the Kopierentgelte

Foto: Westend61/Imago

Wenn sich die Mitglieder der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) an diesem Samstag in München treffen, geht es nicht nur um die Zukunft dieser Institution, sondern auch um die Zukunft vieler Klein- und Kleinstverlage. Ziel der Versammlung am 20. Mai ist es, einen verbindlichen neuen Verteilungsplan zu verabschieden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie Einnahmen zwischen Autoren auf der einen und Verlagen auf der anderen Seite aufgeteilt werden sollen.

Der Etat, den die VG Wort alljährlich zu verteilen hat, geht auf Verträge mit der Geräteindustrie zurück, er basiert im Wesentlichen auf pauschalierten Kopierentgelten. Damit Autoren und Verlage bei der Vervielfältigung ihrer Texte nicht leer ausgehen, müssen die Gerätehersteller einen Obulus entrichten, der unter Autoren und Verlegern aufgeteilt wird – je nach Sparte bislang nach unterschiedlichen Schlüsseln. Freie Journalisten und Wissenschaftsautoren hatten die bisher für sie geltende Quote von 50:50 angefochten. Ein BGH-Urteil aus dem Mai 2016 hatte es dann für unrechtmäßig erklärt, dass Verlage überhaupt an den Tantiemen beteiligt werden. Da dieses Urteil auch rückwirkend für die Jahre 2012 bis 2015 gilt, würden für die Verlage beträchtliche Rückzahlungen anstehen. Die VG Wort hatte ihre Auszahlungen an die Verlage daraufhin eingefroren und ringt seither um eine Neuregelung, die alle Beteiligten zufriedenstellt. Ein erster Vorschlag wurde 2016 abgeschmettert – durch eine Sperrminorität von freien Journalisten in einer der sechs Berufsgruppen in der VG Wort.

Nach langem Ringen, so Gerlinde Schermer-Rauwolf, Sprecherin der Berufsgruppe 1 (Autoren und Übersetzer belletristischer Literatur), liege ein neuer Vorschlag zur Abstimmung vor: Für Journalisten und Autoren von Wissenschaftszeitschriften soll die Regelung dem belletristischen Bereich angepasst werden, 70 Prozent für die Urheber und 30 Prozent für die Verlage. Jeder Autor kann demnach auch 100 Prozent der Tantiemen in Anspruch nehmen – wenn er nicht mit einer ausdrücklichen Erklärung zugunsten der Verlage auf die höhere Ausschüttung verzichtet.

Genau dafür haben Anfang des Jahres einige Buch-Autoren, vor allem aus dem Maro- und dem Verbrecher-Verlag geworben. Mit einem offenen Brief im Börsenblatt appellierten sie an ihre Kollegen, die Verzichtserklärung zu leisten, um die einzigartige deutsche Verlagslandschaft mit ihren kleinen, unabhängigen Editionen zu erhalten. Denn die vom Gericht angemahnten hohen Rückzahlungen brächten viele dieser Verlage in existenzielle Bedrängnis.

Ob der neue 70-30-Vorschlag des Verwaltungsrats jetzt angenommen wird, hängt auch davon ab, wie viele Autoren nach München reisen können, um dort mit abzustimmen. Schermer-Rauwolf sieht einige Mitglieder, speziell im Umfeld des journalistischen Verbands Freischreiber, in „Fundamentalopposition“, angestachelt durch eine „Grundwut“ gegen die Zeitungsverleger – von denen viele ihren freien Autoren mittlerweile ein Honorardumping aufzwingen.

Die Konsequenzen einer Ablehnung könnten freilich verheerend sein: Kommt es zu keiner Einigung, erfolgt dieses Jahr gar keine Ausschüttung. Und es besteht die Gefahr, dass sich die Verleger ganz aus der VG Wort zurückziehen. Die Geräteindustrie könnte das als Einladung verstehen, die alten Verträge grundsätzlich anzufechten. Was dann für die Autoren am Ende übrig bliebe – ob überhaupt noch etwas –, das steht in den Sternen.

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