Das bleibt ihm und dem Leser nicht erspart: der Grenzübertritt. Dafür ist der Wiederaustritt umso billiger: Für ganze 65 Cent kommt er nach Mexiko. Dazwischen aber liegt eine lange, lange Strecke. Von Nord nach Süd oder auf der beigegebenen Karte ungeschickterweise immer dem Falz entlang. „Ich ging den roten Süd-Nord-Weg – wenn auch in entgegengesetzte Richtung, das musste ich zugeben. Und kreuzte dabei alle paar Meilen den schwarzen Weg, all die schwarzen Wege westwärts, die Trecks der Mühsal, der Härten, der Eroberung, aus ihnen war Amerika gemacht.“
Mühsal, Härten und Eroberungen, wenngleich nur imaginäre, geistige – das ist das Programm der Wanderung, eine Ahnung vom Büscher-Sound. Dem würde man überall hin folgen, auch wenn es durch Wittstock oder Metzingen ginge.
Der Grenzübertritt, paranoide Beamte: ein Alptraum vorm amerikanischen Traum. „Get yourself a fucking car!“, brüllt ihn unterwegs ein Vorüberfahrender an. Eine Ausnahme. „Need a ride?“ indes allenthalben. Nicht immer winkt er ab. Und jedesmal entwickeln sich daraus spannende Geschichten und Straßenabschnittsfreundschaften. Unheimliche, schräge und aufrechte, wundersame und wunderbare Menschen. Unter ihnen leben müssen, das möchte man vielleicht eher nicht, aber davon lesen, davon bekommt man nicht genug. Orte heißen Muenster, Rosebud oder El Dorado – und sind alles andere als das, aber im Blick durch Büschers Augen doch immer Menschensiedlungen.
Wer irgend Interesse an den USA hat, daran, wie die Menschen jenseits von New York und San Francisco sind, dort, wo man als Tourist kaum je hinkommt, dort, wo Omaha ist, Oklahoma, aber auch Waco, der muss Büschers Buch lesen. Dafür wird er nicht nur durch den Sang von dessen Melancholie belohnt, sondern auch mit Lebenserfahrung.
Das Vorurteil gegen die amerikanische Scheinhöflichkeit wie Paranoia etwa, bei Büscher wird ein solides Paar Schuhe daraus. Ein Sheriff hält an und durchsucht ihn, nimmt ihn dann mit, bringt ihn zur County-Grenze, weiter darf er nicht. „Nach ein paar Meilen hielt er, ließ mich weitergehen und wünschte mir Glück. Ein vorsichtiger, aber hilfsbereiter Mann, ein freundlicher Handschlag.“
Hartland. Zu Fuß durch AmerikaWolfgang Büscher Rowohlt Berlin 2011, 303 S., 19,95
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