Neben dem Flughafen Tempelhof gehörte der Frankfurter Rhein-Main-Flughafen zu den legendären Orten der Luftfahrt. Nachdem sein Vorgänger am Rebstock zu klein geworden war, war er im Juli 1936 eingeweiht worden. Die damals sich rasant entwickelnde zivile Luftfahrt, ihre Orte wie Geräte, gehören zur helleren Seite der Faszination Fliegen.
Dagmar Stange legt nun eine geradezu frappierende historische Dokumentation vor, aus ungewohnter, auf den ersten Blick nahezu skurriler Perspektive: Es ist eine Sammlung des seinerzeitigen Zollwachtmeisters Hermann Benkowitz, der seinen Dienst mit Eröffnung des Flughafens antrat und ihn beendete, als mit Kriegsausbruch die zivile Luftfahrt eingestellt wurde. Benkowitz diente nicht nur dem Zoll, sondern auch als Werbefigur fü
, sondern auch als Werbefigur für Fluggesellschaften. Was man nun nachlesen und sich ansehen kann, ist eine Wunderkammer aus bürokratischen Dokumenten, Flugprospekten, historischen Aufnahmen, abgebildeten Gerätschaften. Daraus kann man Historie plastisch zusammensetzen – wie bei einem guten Puzzle nicht ohne intellektuelle Eigenleistung.Der einzige Vogel, der dort zu sehen ist, ist der Nazi-Adler. Was als eine nicht sonderlich elegante Überleitung zur wundersamen Vermehrung des verlegerischen und daher mutmaßlich auch Publikumsinteresses an der Welt der Vögel dient. Ein wenig schwant einem, dass sich das deutsche Interesse bislang weniger auf die reale Vogelwelt richtete, sondern auf nichts Geringeres als das große Ganze der Natur und ihrer Bedrohung.Peter Berthold, ehedem Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie, sorgt sich um unsere Vogelwelt. Vögel sind „Bioindikatoren“. Ihr Verschwinden ist ein Alarmzeichen. Aber Berthold ist kein Zwangs-Alarmist. Nüchtern dokumentiert er den Schwund seit Mitte des 19. Jahrhunderts, benennt die Ursachen – naturgemäß voran die industrialisierte Landwirtschaft, aber verblüffenderweise auch die industrialisierte Tiersentimentalität: Katzen. Und dann mustert er ebenso gelassen wie energisch die Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken.Das, was unsereins so tun könnte, etwa das Gärtlein so naturnah wie möglich zu gestalten, Nisthilfen anzubringen, Vögel ruhig rund ums Jahr zu füttern – und dann die Katzen … Aber man lese selbst!Vögelkritiker: Im Stil der Frankfurter Schule, der Neuen freilich, kommt Jürgen Roth daher, diesmal selbdritt mit Bruder Thomas und dem begnadeten F. W. Bernstein. Die Kritik verspricht klare Urteile über Kleiber, Adler, Spatz und Specht. Doch auch die Tauben, Rotkehlchen, Specht, Krähen, Graureiher und Turmfalke bekommen ihre Packung, ebenso wie Kormoran, Pinguin, Ortolan. Oder der – als „Selbstkritik der Natur“, unter Zuhilfenahme roherer Menschen – erfolgreich ausgestorbene Dodo. Gnadenlos nehmen die Roths die Vermenschlichung der Vögel ernst und zugleich auf die Schippe. Das ist – in Portionen – höchst unterhaltsam. Es hat aber auch eine feine, dezente Lehre: Nehmt die Vögel, wie sie sind, fragt nicht nach Nutz und Frommen, und lasst sie nicht verkommen. Auch wenn sie manchmal von oben auf uns schauen oder etwas fallen lassen.Womit wir wieder da wären, wo seit dem Beginn des motorisierten Flugs der Eifer, die Menschen von oben zu terrorisieren, exponentiell mit der technischen Entwicklung wuchs. Bücher über die Luftkriege gibt es unzählige, solche im Blick von oben und unten, vor allem unter den jeweiligen nationalstaatlichen Bedingungen. 17 Jahre nach Sven Lindqvists The History of Bombing legt der in Frankreich lehrende Historiker Thomas Hippler ein ähnlich schlankes, aber noch gewichtigeres Buch vor. Es fehlt zwar jede Referenz auf Lind-qvist wie auf Carl Schmitts geostrategische Konzeptionen. Diese sind aber über französische Theoretiker präsent. Das Buch ist ein Muss für den Blick auf die Zukunft heilloser Kriege und auf das Unheil solcher Kriege. Der Krieg aus der Luft hat noch nirgends Frieden geschaffen, immer nur den Krieg verschleppt. 1911 wird die erste Bombe abgeworfen – in Libyen. Hundert Jahre später geht ein Feuersturm über das Land.Es sind eher mediokre Kolonialstaaten wie Italien und Spanien, die Aufständische aus der Luft terrorisieren. Die Franzosen im Maghreb setzen das Police bombing ebenso ein wie die Engländer in Indien. Während im Ersten Weltkrieg die Flieger noch weitgehend miteinander beschäftigt sind, Ritter der Lüfte, denkt der Italiener Giulio Douhet den Luftkrieg weiter und wird zum internationalen Stichwortgeber. Ihm widmet Hippler ein besonders plastisches Kapitel. Arthur Harris lernt in Indien seine Lektion, die er als Bomber Harris im Zweiten Weltkrieg als moral oder terror bombing totalisieren wird. Die Amerikaner betreiben in Vietnam coercive bombing, das dem Gegner den eigenen Willen aufzwingen soll – und scheitern. Was sie nicht hindert, es mit Drohnen zu versuchen. Es folgt eine Molekularisierung des Krieges. Entschieden, gar beendet wird nichts. Der Krieg ernährt sich selbst – überall.Placeholder infobox-1