Conny Froboess und Renate Müller, Joseph G. und Billy Wilder kommen drin vor, Arthur Brauner und Regina Ziegler kommen auch drin vor. Überhaupt kommt fast alles drin vor, was in Berlin irgendwie mit Film und Kino zu tun hat. Also so ziemlich alles. Außer dass die Defa etwas zu kurz kommt. Babelsberg, Tempelhof, Steglitz oder Spandau, Mitte sowieso. Alle sind sie drin. Dreh-, Produktions- und Wohnorte von Stars. Berlin. Reisen - ein Film ist ein Reiseführer, den selbst Berliner sich kaufen könnten - und sei es nur für Reisen auf der Couch und im Liegestuhl. Ein verführerisches Buch zum Blättern, kunterbunt bebildert. Zwar chronologisch angelegt, aber doch mit so viel Seitensprüngen und Ausschweifungen, dass die Stadt zu einem schönen Filmlabyrinth aus Plakaten und Trailern wird.
Michaela Schubert/Wolfgang Bernschein: Berlin. Reisen- ein Film. Wolbern, Potsdam: 2007, 318 S., 22,80 EUR
Noch ein Bilderbuch. Die zwanziger Jahre und Berlin - eine niemals endende Liaison, wie es scheint. Bilder über Bilder. Bekannte und nicht so bekannte. Damen mit Monokeln, Zeppeline über und auf Damen (Kleidern), bestrumpfte und behoste Beine, Damen in Badeanzügen oder mit Akten, im Auto und auf Herrenschenkeln. Herren tätowiert oder als Piscator-Masse, mit Architekten-Bubikopf und Hornbrille, mit Boxernase oder Smoking, auf "Neger" geschminkt oder von John Heartfield Millionen in die Hand gedrückt bekommend, Revue und Büro, Wannsee und Hinterhof. Quer durch die Künste, Architektur und Reklame inbegriffen. Ein feistes Blätterbuch. Die Zwanziger in Berlin.
Rainer Metzger: Berlin. Die 20er Jahre. Kunst und Kultur 1918 - 1933, dtv München: 2007, 400 S., 29,50 EUR
Die Zwanziger, vor allem deren erste Jahre, waren Russen-Jahre. Die Emigrierten, denen Paris zu teuer wurde, wichen aus ins billigere Inflations-Berlin. Weit über Hunderttausend zählte die Gemeinde von "Charlottengrad", bekannte Köpfe darunter, Nabokov und Ehrenburg (Ja, der mit dem berüchtigten Aufruf), Andrej Bely ("Nacht! Tauentzien! Kokain! Das ist Berlin!") oder El Lissitzky. Das kann man schon länger wissen. Aber so klug, so intellektuell gespannt erzählt das wohl keiner wie Karl Schlögel. Bei ihm ist dieses Russenberlin der Zwanziger nur eine in einer Kette von Erzählungen, die immer wieder neu fesseln, weil sie ihr stupendes Wissen jeweils plastisch von Orten und ihren Bildern her ausbreiten. So entsteht zwischen Schlesischem Bahnhof, von dem aus man noch im Sommer 1939 in 38 Stunden Leningrad erreichen konnte, und Café Burger nach und nach ein Roman, der durch die Stadt wandert und zugleich vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute reicht, keine Romanze mit Russen, aber eine romance, eine epische Abenteuergeschichte, die sich in der Wirklichkeit fortsetzt.
Karl Schlögel: Das Russische Berlin. Ostbahnhof Europas. Pantheon, München 2007, 510 S., 15,95 EUR
Sven Felix Kellerhoff bleibt ganz in Mitte. Folgt man seinen Touren, muss man nicht lang laufen, aber einen langen Atem für eine lange Geschichte haben, denn historisch führen seine Erkundungen vom 15. bis ins 21. Jahrhundert. Kellerhoff ist Journalist und kann gut schreiben, vor allem ist er ein profunder Historiker. Ob er an den Kandelabern der Stalinallee eine historische Miniatur des Baupfuschs und der ästhetischen Konvergenzen der Regimes entwirft oder sich dem Alexanderplatz über das nicht gebaute Hochhaus von Peter Behrens nähert, er weiß der Mitte so viele historische Facetten abzugewinnen und an der Gegenwart anzubringen, dass daraus ein außerordentlich dichtes und vielfarbiges Mosaik entsteht, das auch notorisch Einheimischen noch Überraschungen zu bieten vermag.
Sven Felix Kellerhoff: Ortstermin Mitte. Auf Spurensuche in Berlins Innenstadt. Berlin Story Verlag, Berlin 2007, 249 S., 19,80 EUR
Auch wenn Eisbär Knut kein Angehöriger des Berliner Aquariums ist, so zählt es doch zu den beliebtesten Besucherzielen Berlins. Und das zurecht. Schön bunt, verlockend, so wie halt das richtige Aquarien-Leben ist der Umschlag der "schönsten Geschichten aus dem Aquarium Berlin. Leider sind die Bilder darin nur schwarz-weiß und zudem von meist mieser Qualität. Das stört zwar nicht, wenn es um die vernichtenden Bombentreffer vom November 1943, aber doch sehr, wenn es um die Komodowarane geht, die Helmut Kohl einst von der indonesischen Regierung geschenkt bekam, oder darum, wie Schlange Schlange frißt. Das hätte man schon gern farbig gesehen. Nun, die Geschichten, die Goetz Kronburger entlang der Geschichte des Aquariums seit Brehms Zeiten bis heute zu erzählen weiß, machen den Mangel wett. Das ist liebevoll, kundig und unterhaltsam. Der Leser fühlt sich damit wohl wie die Plötze, wenn sie im Aquarium mit Wasserflöhen an Gurkensalat gefüttert wird ...
Goetz Kronburger: Aquarium Berlin. Die schönsten Geschichten. be:bra Berlin: 2007, 125 S., 9,80 EUR
Wie fühlte sich der Mensch bei solch einem Bombenangriff, wie zum Beispiel dem vom 22./23. November 1943 auf Berlin? Genauso wenig wohl wie Fische in kochendem Wasser, vermutlich. "Angst, Angst. Wir alle haben Angst .... So muss es sein, wenn die Welt untergeht. Mit solchem Donnern, Fauchen, Prasseln, Heulen, Sausen, Krachen ... Die Bomben fallen und fallen." So liest man die Erinnerungen an den 22. 11. 1943 bei Hannelore Krollpfeiffer. Sie sind zuerst 1947 erschienen und nun wiederaufgelegt worden. Frische, lebhafte und immer noch lesenswerte Erinnerungen einer jungen Frau und ihrer Schwester an die zwiespältigen Erlebnisse und Gefühle im nicht alltäglichen Alltag im Berlin der letzten Kriegsjahre - bis dann die Russen kamen. Als Befreier und Vergewaltiger zugleich.
Hannelore Krollpfeiffer: Wir lebten in Berlin. Eine Geschichte vom Ende des Krieges. dtv, München 2007, 128 S. 7,50 EUR
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