Donald Trump hat die Wahl gewonnen. Für das Washingtoner Establishment sind diese Worte in etwa so schockierend und überraschend wie es 1980 der Satz „Nein, ich bin dein Vater“ für Luke Skywalker und das weltweite Kinopublikum war. Die Blase der „Politik wie eh und je“ ist tief erschüttert vom gestrigen Wahlausgang und man möchte es ihnen zunächst nicht übelnehmen. Doch niemand hat den Sieg von Donald Trump so zu verschulden wie die Demokratische Partei und ihre wohlgesinnte Presse. Gegen alle Wahrscheinlichkeiten, Umfragen und Entwicklungen im politischen Bewusstsein der Bevölkerung haben sie die unbeliebteste Demokratin im Land, Hillary Clinton, gepusht, ihr den Weg freigeräumt, in jeder erdenklichen Weise. Dabei war sie eine stark beschädigte Kandidatin mit immenser Angriffsfläche, ihr völlig harmloser Emailskandal war hier nur ein Tropfen im Fass ihrer Unpopularität. Und, was ihr größtes Problem war, sie repräsentierte das Establishment und die „legal“ korrupte Washingtoner Politik wie keine andere.
Donald Trump erreichte all die Wähler, die genau von alldem die Schnauze voll hatten, nicht unbedingt weil diese genau gewusst hätten weswegen sie die Schnauze voll haben, aber dennoch. Trump präsentierte sich als Mann des Volkes (was er natürlich auch nicht war) mit seiner für viele Amerikaner erfrischenden „I don't give a fuck“-Attitüde gegenüber jeglicher Political Correctness, fischte am rechten Rand mit seinen unsäglichen Bemerkungen über Mexikaner, Frauen und Muslime, die sich kein nationaler Politiker zuvor hätte trauen wollen. Clinton dagegen wirkte stets wie ein Wahlkampfroboter, unauthentisch, eingeprobt, leidenschaftslos und eingekauft.
Allerspätestens nach dem knappen Vorwahlkampf gegen Bernie Sanders, der genau die gegenteilige Wirkung hatte und in Windeseile der beliebteste Politiker im Land wurde, hätte den Demokraten klar werden müssen dass Trump und Sanders so populär waren weil sie eben nicht für politics as usual standen und damit die Chancen eines reinen Weiter-so-Wahlkampfes sehr schlecht stehen würden. Hätte das Team Clinton (das, wie man den Wikileaks entnehmen kann, synonym mit der demokratischen Parteiführung ist) eine progressive Vizepräsidentschaftskandidatin wie Elizabeth Warren aufgestellt und nicht den harmlosen Standard-Kumpelpolitiker Tim Kaine, sie hätte wohl mehr erreichen können. Hätte sie offen und laut und überzeugend große Teile von Bernie Sanders' Wahlprogramm (das bei über 70% der Bevölkerung Zuspruch fand!!) übernommen und ehrlich für progressive Politik gekämpft, sie hätte die Wahl gewinnen können.
Doch das alles ist irrelevant, denn die Demokratische Partei wird die Schuld öffentlich an anderswo verorten. Sie wird sagen, dass das Volk wohl noch nicht bereit war für eine Frau im höchsten Amt. Sie wird sagen, dass die Wähler von Bernie Sanders mit ihrer Protestwelle gegen Clinton ihrer Wahl geschadet haben. (Jill Stein, die Anlaufstelle für enttäuschte Bernie-Wähler, die auf keinen Fall Clinton wählen wollten, landete landesweit bei gerade mal einem Prozentpunkt. Just saying.) Sie wird sagen dass Julien Assange (natürlich in Verschwörung mit Russland) persönlich mit seinen Wikileaks zu Hillarys Wahlkampfemails schuld an ihrer Niederlage ist. Und wenn der DNC dies nicht so ausspricht, so werden es die Medien, die sich auf einen Shitstorm vorbereiten können. Sie haben Trumps Grimassen und Clintons Emails zum alleinigen Inhalt ihrer Berichterstattung gemacht und so ihren Auftrag komplett vernachlässigt.
Die politische und mediale Elite des Landes hat versagt auf ganzer Linie. Und es steht zu bezweifeln ob sie daraus lernen oder schlichtweg untergehen werden. Klar ist, 2020, nach vier Jahren Trump, werden sie das flammendste Plädoyer ihrer Existenz für das Establishment halten. Ob ihnen dann noch zugehört wird ...
Kommentare 9
»Die politische und mediale Elite des Landes hat versagt auf ganzer Linie.«
Damit akzeptierst du, daß diese Klugscheißer als "selbst ernannte Elite" eine Klasse für sich sind und auch bleiben wollen.
Diese Klassengesellschaft geht aus der USAmerikanischen Verfassung nicht hervor, auch nicht aus den Zusatzartikeln.
Gute Überschrift. Und dann auch noch Star Wars. Beide Daumen hoch. :D
Wenn Sie der rechten Propaganda nicht auf den Leim gingen, wäre Ihnen leichter nachvollziehbar, weshalb die Leitmedien der Bildungsbürgerschaft und die Demokratische Partei auf Clinton setzten. Sie dürfte die derzeit fähigste Spitzenpolitikerin der USA sein und sie ist seit ca. 25 Jahren einem unfassbaren Shitstorm ausgesetzt.
Außerdem stand dahinter natürlich die panische Angst, ein Trump könnte das Rennen machen. Dass diese Einheitsfront gegen Trump dessen Anhänger erst recht mobilisierte, ist ein klassisches Eigentor. Und zeigt - ein zentraler Fehler - dass dieses Bildungsbürgertum längst jeglichen Kontakt zum eigenen Kleinbürgertum verloren hat.
Dass Clinton Sanders nicht zu ihrem Vize machte, kann ich nicht nachvollziehen. Aber ich bin kein Insider. Auch dass man ausgerechnet bei ihr mit Frauenthemen auftrumpfen wollte, verstehe ich nicht. Ein zentrales Ziel des Shitstorms gegen sie war das rechts verhasste Frauenbild, für das sie stand.
Ich habe Clinton in diesem Forum verteidigt, weil sie für mich ein politisches Mobbingopfer ist, das vernichtet werden sollte, weil es höchste Kompetenz mit Intelligenz und Engagement in sich vereinte.
Im Nachhinein denke ich, sie hätte sich nach Aufgabe ihres Außenministerpostens zurückziehen und ihre Redenhonorare kassieren sollen. Sie und ihr Mann haben jede nur erdenkiche Möglichkeit, als Privatleute jetzt mehr zu bewirken als in der Politik.
Möglicherweise meinten sie und die Demokraten, sie müsse ran, um Obamas Erbe zu verteidigen. In Wahrheit wäre es ihr doch so ergangen wie Obama: sie wäre von Anfang bis Ende in der Blockadefalle der Republikaner gesessen. Den Stillstand aber hätten die Wähler ihr angelastet.
Jedenfalls der Stammtisch und das tumbe Publikum des Trash-TV, die Trump ganz gezielt mobilisierte. Und umso mehr mobilisieren konnte, weil die herrschenden Kasten meinten, sie ebendort entsorgen zu können, anstatt ihnen Bildung und Arbeit zu bieten.
Das eigentliche Thema ist denn auch die neoliberale Auferstehung der Klassengesellschaft, die von den herrschenden Kasten als vernachlässigbarer Kollateralschaden der eigenen Profitgier betrachtet wurde.
Dagegen aber hätten weder Clinton noch Sanders etwas tun können. Selbst wenn Teile des Kapitals sie unterstützt hätten, die Republikaner, die nun hinter Trump stehen, hätten es verhindert und wären damit auch noch mit Wählerstimmen belohnt worden.
Im Nachhinein - also nach dem Schock - ist der totale Sieg des Trump entweder eine Katastrophe für und alle. Oder für die Republikaner. An jetzt sind sie und Trump allein verantwortlich für die Zustände. Clinton und Obama stehen als Sündenböcke nicht mehr zur Verfügung.
Wenn das nicht das Ende ist, kömmte es die Lösung sein.
Siehe auch:
https://www.freitag.de/autoren/seriousguy47/die-bombe-tickt-ein-kommentar
>>Wenn das nicht das Ende ist, könnte es die Lösung sein.<<
Die USA haben auch Reagan und G. W. Bush überstanden, ohne dass sich Grundlegendes geändert hätte.
Wir werden wohl lernen, dass ein Trump gar nicht so schlimm ist. Ob die Demokraten auch dazu gelernt haben, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Wenn Sie der rechten Propaganda nicht auf den Leim gingen, wäre Ihnen leichter nachvollziehbar, weshalb die Leitmedien der Bildungsbürgerschaft und die Demokratische Partei auf Clinton setzten.
Interessant, Sie glauben also ich wäre "rechter Propaganda auf den Leim gegangen". Wie kommen Sie denn auf diese Idee?
Sie dürfte die derzeit fähigste Spitzenpolitikerin der USA sein und sie ist seit ca. 25 Jahren einem unfassbaren Shitstorm ausgesetzt.
Und warum glauben Sie, dass es ein kluger Schachzug der Demokraten gewesen sein soll, eine Politikerin aufzustellen die seit Jahrzehnten einem Shitstorm ausgesetzt ist? Man kann ja von Hillary halten was man will - und ich stimme zu dass sie wohl eine der "qualifiziertesten" Politiker der USA ist - aber einen derart "beschädigten" Kandidaten ins Rennen zu schicken ist hochgradig risikoreich. Alles was man den Wikileaks so entnehmen kann spricht dafür dass das der Partei zwar sogar in gewissem Ausmaß bewusst war, dass jedoch "US-Präsidentin Hillary Clinton" das unausweichliche oberste Ziel der Partei war. Das war es schon 2008, damals klappte es nicht und man stellte sich um auf Barack Obama. Um Hillary Clinton besteht innerhalb der Demokraten ein Personenkult.
Den Stillstand aber hätten die Wähler ihr angelastet.
Jedenfalls der Stammtisch und das tumbe Publikum des Trash-TV, die Trump ganz gezielt mobilisierte. Und umso mehr mobilisieren konnte, weil die herrschenden Kasten meinten, sie ebendort entsorgen zu können, anstatt ihnen Bildung und Arbeit zu bieten.
Wer meinen Sie den repräsentiert die herrschenden Kasten?! Hillary fucking Clinton. Ich verstehe wirklich nicht warum Sie meinen ich wäre rechter Propaganda auf den Leim gegangen und die Demokraten hätten keine Schuld am Wahlsieg Trumps und dann listen Sie lauter Sachen auf, wo die Demokraten Schuld an Trumps Wahlsieg sind.
Im übrigen bewegen sich die Republikaner bereits seit George W. Bush zielstrebig in eine Richtung, deren zwischenzeitlicher Höhepunkt das Team Trump/Pence darstellen. Der DNC hätte nur seine Augen aufmachen müssen und die richtigen Schlüsse ziehen. Aber nein, die Demokraten dachten nicht "wir wollen unbedingt die Wahl gewinnen" sondern sie dachten "so, können wir jetzt endlich Hillary ins Weiße Haus bringen?"
Das war ein Fehler. Mehr sog i ned. ;)
Das entscheidende Wort, das meinen Verdacht gegen Sie entkräftet, ist das Wort Shitstorm (gegen Clinton). Das vermisse ich regelmäßig beim allgemeinen Clinton-Bashing.
Eine Kritik an der Taktik ist eine sachliche Kritik. Vieles andere im allgemeinen Bashing ist der Versuch menschlicher Vernichtung und fusst zumindest teilweise auf dem republikanischen geführten Shitstorm seit 25 Jahren.
Nach derzeitigem Stand der Stimmauszählung zeigt sich im Übrigen, dass die Demokraten gar nicht so daneben lagen. Der schlechteste Wert bei der Stimmauszählung könnte für Clinton ein Gleichstand sein. Derzeit liegt sie in Führung. Das potentielle Sandersergebnis ist nichts weiter als Spekulation.
Clinton liegt lt. Analysen auch bei den Jungen Wähler vorn, Trump bei den Alten. So arg daneben lagen die Demokraten also nicht.
Mein ganz subjektiver Eindruck ist, dass die Amerikaner die Wahl hatten zwischen einem Kandidaten, der sich offen als A...loch zeigte und einer aalglatten, aber keineswegs sympatischeren Kandidatin.
Offensichtlich hatten sie die Verlogenheit der saturierten Politikerkaste satt. Eine vielleicht entscheidende Rolle kann die Tatsache gespielt haben, dass Clinton, die einzige echte Alternative zum Status Quo verhindert hat, und zwar mit Mitteln für die sich womöglich sogar Trump geschämt hätte.
“Donald Trump erreichte all die Wähler, die genau von alldem die Schnauze voll hatten, nicht unbedingt weil diese genau gewusst hätten weswegen sie die Schnauze voll haben, aber dennoch.“
Warum sollten sie Lehren ziehen? Seit der Gründung der Vereinigten Staaten waren alle Regierungen die Regierungen der amerikanischen Bourgeoisie. Heute der Monopol- und Finanzbourgeoisie. Die Vereinigten Staaten waren niemals die Vereinigten Staaten der Mehrheit der werktätigen und relativ eigentumslosen Bevölkerungen. Die Volksmassen waren lediglich Spielball der Fraktionen der Bourgeoisie und ihrer Sonderinteressen. So wie auch in der Gegenwart und Zukunft! (?) Die Volksmassen werden auch weiterhin erfolgreich am ideologischen Nasenring der gesellschaftspolitischen Administration der nordamerikanischen Bourgeoissozialisten geführt.
Nur ein erfolgreich organisierter Bürgerkrieg in den Vereinigten Staaten könnte langfristig die bestehenden kapitalistischen Macht- und Herrschaftsverhältnisse umwälzen und aufheben. Dafür fehlt aber jede Organisation und historische Ansätze wurden vom staatlichen Gewaltapparat nachhaltig kriminalisiert und liquidiert. Für die Mehrheit gibt es keine sozioökonomische und gesellschaftspolitische Interessenvertretung in den Vereinigten Staaten von Amerika.