Darth Trump und die dunkle Seite der Macht

US-Wahl Ultrarechte in den USA verspüren durch die Wahl Trumps Aufwind. Ein Mahnbeispiel für die Zukunft Europas?

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Trump bietet wenig Anlass für Optimismus
Trump bietet wenig Anlass für Optimismus

Bild: KENA BETANCUR/AFP/Getty Images

Donald Trump ist ein Faszinosum, ein Panoptikum par excellence, für uns hier in vermeintlich sicherer Entfernung. Seine Kür zum 45. Präsidenten des selbsternannten Greatest Country on Earth sowie der zuvorige Wahlkampf hat einige Dinge deutlicher zum Vorschein gebracht, als es andere Kandidaturen bewerkstelligt hätten.

Zunächst wäre da das amerikanische Wahlsystem. Hillary Clinton schickt sich in den letzten Tagen der Auszählungen an, etwa 2,5 Millionen mehr Stimmen bekommen zu haben und dennoch aufgrund der für uns absurden Wahlmänner-Regelung, die Kalifornien quantitativ genauso viel Stimmgewicht verleiht wie das massiv bevölkerungsärmere Wyoming oder Missouri, die Wahl "verloren" zu haben. Das ist bereits die zweite Wahl seit 2000, bei der der Kandidat mit den meisten Stimmen nicht Präsident wurde. Das amerikanische Volk ist das mehr gewohnt als wir. Dennoch rumort es mittlerweile, nicht zuletzt weil die Clinton-freundliche Presse mit Nachdruck darauf hinweist.

Was sich als Illusion entpuppt, ist, dass Amerika sich als multikulturelle offene Gesellschaft fühlt. Das ist offenbar nur zutreffend für die Ost- und Westküstenstaaten und einige Ausnahmen abseits der Strände. Trumps derzeitig vermutetes Schattenkabinett besteht ausschließlich aus älteren weißen Männern (Hallo, Frau Stokowskis Kolumne im Spiegel!), lediglich der Name einer einzigen Frau wird noch gehandelt. Und das ist ausgerechnet Sarah Palin. Dass weiße Frauen in den USA zu ca. 60% Trump gewählt haben, dass noch keine Frau Präsidentin war, das zeigt, wie weit dieses Land noch von echter Gleichberechtigung entfernt ist und wie sehr die männlichen WASPs noch an ihrer Hegemonie hängen.

Des Weiteren hat Trumps Wahl die extremistische Rechte in den USA quasi legitimiert. Der Auftritt des Alt-Right-Führers Richard B. Spencer in Washington, der mit "Hail Trump! [...] Hail victory!" und Hitlergrüßen aus dem Publikum endete, ist nur der medienwirksamste Fall dieser Art. Die Nominierung des Breitbart-Schreiberlings Stephen Bannon, über 700 landesweite rechtsextreme Vorfälle (Schmierereien, Vandalismus, Demonstrationen) seit dem Wahlabend, das offizielle Endorsement Trumps durch den KuKluxKlan, der sich zuvor aus solchen Endorsements herausgehalten hatte, da dieses dem Kandidaten eher geschadet hätte ... Das alles zeigt, dass die amerikanische Schatten-Rechte nun voller Stolz und gefühltem Rückhalt im Wahlergebnis ins Licht der Öffentlichkeit tritt.

Dass Trump lange wartete, bis er sich kritisch zu Spencer und der Alt-Right-Gruppe äußerte, aber per Twitter sofort empört reagierte, als die Schauspieler einer Broadwayaufführung des Stückes "Hamilton" den im Publikum sitzenden Mike Pence von der Bühne aus – höflich! – ansprachen und ihre Sorgen über eine Trump/Pence-Präsidentschaft zum Ausdruck brachten, zeigt auch wo Trump seine Prioritäten setzt: Wer gegen ihn ist, bekommt sofort seinen Zorn und seine Herablassung zu spüren, und wenn es nur per holprigem Tweet ist. Wenn sich unter Trump-Unterstützern Neonazis, gewalttätige Demonstranten und KKK-Führer finden, wiegelt er oft ab oder lässt sich Tage später eine halbherzige Abweisung abringen.

Dass er ebenso plant, viele der kleinen Schritte, die die USA unter Obama in eine bessere Zukunft gemacht haben (Krankenversicherung, Klimaschutz, der Friedensdeal mit Iran etc.), on day one wieder rückgängig zu machen, muss uns eine Mahnung sein, dass das, was wir erreichen, nie selbstverständlich werden darf, etwas, das immer und immer wieder verteidigt werden muss. Ob er all diese Drohungen tatsächlich wahrmachen wird/kann, steht auf einem anderen Blatt.

Doch wir sollten uns nichts vormachen: Die Rechten sind derzeit auf dem Vormarsch, in den USA wie auch in Europa. Wir haben jetzt die Gelegenheit, uns genau anzusehen, was passiert in den ersten Wochen und Monaten der Trump-Präsidentschaft, nicht nur von seiten seiner Regierung, sondern auch innerhalb der Bevölkerung. Denn uns blüht etwas ganz ähnliches, wenn es uns nicht gelingt, den rasanten Aufstieg der Rechten in Europa im Allgemeinen und der AfD in Deutschland im Speziellen einzudämmen.

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Geschrieben von

Ernstchen

Wortbürger. Musikmann. Mitmensch.

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