Donald Trump, verzogener kleiner Junge und leidenschaftlicher Twitter-Troll, möchte gern Präsident werden. Oder zumindest bei dem Zirkus mitmachen. So oft wie möglich sagen wie wahnsinnig toll er ist und wie sehr alle anderen doch Loser seien. Und er hat festgestellt, dass es da draußen in den weiten Prärien der Vereinigten Staaten von Amerika ein Menge Menschen gibt, die irgendwie mögen was er von sich gibt. Er redet frei von der Leber weg, verwendet keine der üblichen Phrasen der professionellen Washingtoner Phrasendrescherschmiede, er findet Ausländer doof und die Lügenpresse auch. Und hetzt gegen mexikanische und syrische Einwanderer, Schwarzafrikaner und zuletzt dann einfach mal gegen alle Muslime. Weil er es sich erlauben kann. Unter den verbliebenen 87 republikanischen Präsidentschaftskandidaten führt der kleine Donald derzeit landesweit mit etwa 35% unter republikanischen Wählern in einer Umfrage von CBS und der New York Times.
Dass er gewählt wird, daran glaubt man ja nicht. Trumps Kandidatur ist eine Show, das ist Klimbim, Schabernack, ein Streich der den US-Bürgern gespielt wird unter fleißiger Mitarbeit der dortigen (und sogar auch hiesigen) Medien.
Doch ist der das? Seit Trump ins Rennen eingestiegen ist, hält er sich hartnäckig auf Platz 1. Zwischenzeitig schlurfte mal der bibeltreue Schlafwandler Ben Carson an ihm vorbei, doch mittlerweile dümpelt selbst der wieder bei etwa 13%. Derzeitiger Aufholjäger ist der Tea Party Radikalpolemiker Ted Cruz, Trumps persönlicher Schoßhund, der stets darauf verzichtet, seinem Herrchen zu widersprechen, selbst als der den kompletten Einreisestopp für alle Muslime ins Land proklamierte. Cruz' Kommentar dazu war nur: „I like Donald Trump.“
Trump, Carson und Cruz unterscheiden sich kaum in den Inhalten, alle drei sind radikale Rechtsaußen, die sich permanent in ihrer Xenophobie paradoxerweise auf die Bibel berufen. Im Duktus unterscheiden sie sich: Trump ist der Polterer, Carson der Flüsterer und Cruz der Prediger. Gemeinsam kommt der Block der Wahnsinnigen derzeit auf deutlich über 50% in den nationalen Umfragen (durchschnittlich derzeit 59,7%). Zwei der bisher aussichtsreichsten Kandidaten des halbwegs moderaten republikanischen Establishments, Scott Walker und Jeb Bush, sind in der Bedeutungslosigkeit verschwunden, Walker gar ganz aus dem Rennen ausgeschieden. Der einzige Moderate unter den fünftausend Kandidaten, der noch bisweilen zweistellige Werte in den Polls einfährt, ist Marco Rubio, auf Platz drei oder vier, je nach Umfrage.
Die Trump/Carson/Cruz-Combo also stellt somit den Mainstream der republikanischen Wählerschaft dar: Rassistische, mit der Bibel wedelnde Hardliner – im Falle von Trump und Carson gar Quereinsteiger ohne Erfahrung im politischen Tagesgeschäft. Dass einer von ihnen zum Kandidaten gekürt wird, ist nicht nur sehr wahrscheinlich, es macht auch der Parteiführung der GOP sichtlich Angst. Dabei haben sie es selbst zu verschulden: Die Integrierung der Tea Party, die fürchterliche Blockadepolitik im Kongress, die Positionierung als Verhinderungspartei jeglicher Versuche Obamas, tatsächliche Politik zu machen und die Anbiederung an die rechtesten Ecken der Bevölkerung und deren Hass gegenüber allem "fremden" (=nicht-weißen) haben die einstige konservative Partei zu einem Auffangbecken für radikale Hetzprediger werden lassen und gleichzeitig den Hass in der Bevölkerung auf das politische Establishment so in die Höhe getrieben (der Kongress hat wiederholt einen Zustimmungswert in der Bevölkerung um etwa 15%), dass Außenstehende wie Trump und Carson als Wohltat empfunden werden.
Dass der „republikanische“ Kandidatenfindungsprozess so viel mehr Medienecho findet wie der demokratische, mag beinahe darüber hinwegtäuschen dass die USA durchaus auch eine andere Seite haben. Als die Times diese Woche Angela Merkel als person of the year auf ihr Titelbild setzte und Donald Trump gleich auf Twitter losätzte, dass es ja klar war dass die Times ihn links liegen lassen würden und lieber jemandem die „Auszeichnung“ geben würden der Deutschland ruiniere, führte die Bevölkerungsumfrage zur Times person of the year mit großem Abstand Bernie Sanders an. Der nette Sozialistenonkel, der der einzige in diesem Wahlkampf zu sein scheint, der über vernünftige Politik redet, keine Konzernspenden annimmt, keine politischen Gegner hart attackiert, sondern lieber über Inhalte spricht und damit auch der einzige ist, der auch nur den Hauch einer Chance gegen die beinahe unvermeidliche Wall-Street-Wachsfigur Hillary Clinton hat.
Die US-amerikanischen Medien strafen Bernie Sanders mit Ignoranz, da dieser den Wahlspendenwahnsinn der käuflichen Politiker in den USA beenden will, und diese Milliarden natürlich hauptsächlich in Werbekampagnen gesteckt werden, von denen besonders die großen Medienkonzerne profitieren. Der Präsident des Medienkonzerns CBS, Les Moonves, äußerte sich kürzlich zu dem Milliardengeschäft mit den Kandidatensponsoren: „Super PACs may be bad for America, but they're very good for CBS“ und feuerte unter anderem Donald Trump – der zwar ohne Super PAC arbeitet weil er reich genug ist, aber stets hohe Einschaltquoten garantiert – an, weiter Futter für die Berichterstattung zu liefern.
Donald Trump, der kleine Junge, der aufmüpfige Bully, der Milliardär, der Hardliner, der Showman, der unterhaltsame, gefährliche Spinner ist nicht das Problem. Er ist nur das glitzernde, leuchtende Symptom, die vereinfachte Personifizierung einer völlig ins Absurde verkehrten vorgeblichen Demokratie, deren Institutionen bis hin zur vierten Macht im Staat, längst alle „Moral“ und „Werte“ und verfassungsgemäße Pflichten abgelegt haben und um das goldene Kalb tanzen als gäbe es kein Morgen mehr. Und wenn sie so weitermachen, dann gibt es auch kein Morgen mehr. Daran kann dann selbst Bernie Sanders nichts mehr ändern.
Kommentare 12
Vergleichen wir mal mit diesem Land. Da kommen rund 600 Delegierte aus einer Partei zusammen und wählen Einen zum Vorsitzenden. Dieser hat nun das Recht zwei Jahre vor der nächsten Wahl selbst festzulegen, ob er der Kanzlerkandidat wird. Ist das demokratischer als das US-Modell? Dort muss man sich aus dem Fenster lehnen und Farbe bekennen, auch vor nachhakenden Journalisten in Konkurrenz zu den Mitbewerbern. Da kommt halt das Innere nach außen. Und das ist gut so. So wissen die Wähler, woran sie sind. Meinst du etwa die deutsche Mitte denkt wesentlich anders als Donald?
Vergleichen wir mal mit diesem Land.
Dass es ein primitiver, dummdreister Schreihals mit viel Geld zum Bundeskanzler bringen könnte, ist hierzulande wohl nicht zu befürchten. Eher schon, dass mäßig Begabte Bundespräsident werden. Letzteres ist zwar verdrießlich aber hinnehmbar.
"Er ist nur das glitzernde, leuchtende Symptom, die vereinfachte Personifizierung einer völlig ins Absurde verkehrten vorgeblichen Demokratie,..." Dass hier noch von 'vorgeblicher demokratie' gesprochen wird, ist selbst absurd.
Dieses spektakel hat weder sinn noch verstand - nur dass die welt mit dem resultat eine weile leben muss. Aber so ist das eben, wenn die wirtschaft ihr ding macht und die politik eigentlich nicht gebraucht wird, dann dürfen eben alle mal ran - und d-land ist davon nur einen katzensprung entfernt, was allerdings S.G schon wieder ausschliesst, denn der schafft nicht mal einen katzensprung...
Gut geschriebener Artikel, auch wenn mir drei Kommafehler aufgefallen sind.
klasse artikel , Ernstchen *****
Ja, die Redaktion hat auch meine inkorrekten Kandidatenanzahlen (87 und fünftausend) nicht korrigiert. Schlampig ist das. ;))
Dort muss man sich aus dem Fenster lehnen und Farbe bekennen, auch vor nachhakenden Journalisten in Konkurrenz zu den Mitbewerbern. Da kommt halt das Innere nach außen. Und das ist gut so.
In der Theorie ist das gut so, ja. Dass es nur zwei Parteien zur Auswahl gibt, ist da ein "kleiner" Dämpfer. Aber die Realität hat mit der Theorie in den USA quasi rein gar nichts zu tun. In den Kongresswahlen 2012 gewann zu 95% stets der Kandidat, der mehr Geld zur Verfügung hatte. Wenn das keine eindeutige Moneykratie ist, dann weiß ich es auch nicht.
Abgesehen davon dass ich finde dass langsam mal wirklich Schluss sein sollte mit Übergewichtswitzen, egal ob Gabriel (oder in den USA Chris Christie) generell Spott verdient haben oder nicht - Sie haben recht. Wir sind nicht weit davon entfernt. Und dass ich "vorgebliche Demokratie" schroob, liegt nun einmal daran, dass die Bevölkerung sowohl von der Politik als auch von den Medien als auch vom Bildungssystem, also in den Schulen und Universitäten, weiterhin uneingeschränkt darüber "informiert" werden, dass sie in der "world's greatest democracy" leben. Und mit "greatest" wird dabei nicht "größte", sondern "beste" gemeint. Klar gibt es ein paar Außenseiter wie Bernie Sanders und Intellektuelle wie Noam Chomsky, die diese Stockholmpropaganda nicht mitmachen und stattdessen Stockholm-Propaganda machen und auf die weit besser funktionierenden Demokratien und Gesellschaften in Skandinavien etc. hinweisen. Jedoch die überwiegende Mehrheit - und ich rede da von vermutlich um die 90% - der US-Bevölkerung ist davon überzeugt, in einer Demokratie zu leben ... und viele davon in der besten der Welt.
Dankeschön. :)
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Schöne Analyse zum Wahlkampf in den USA.
«Donald Trump, ... ist nicht das Problem. »
Das Problem sind auch nicht die 30% WählerInnen, die ihn wählen werden; das Problem sind auch nicht die 30% WählerInnen, die einen anderen Kandidaten oder eine andere Kandidatin wählen.
Das Problem sind die 40% NichtWählerInnen, denen das voll am Arsch vorbei geht.
tlacuache 17.12.2015 | 17:22
Gruss
Die Zeiten als Rubio noch als Moderater galt ... ^^