Das Trumpeltier im Porzellanladen

Donald Trump Die erste Woche der Trump-Präsidentschaft ist vorbei. Sie war ein absolutes Desaster und lässt schlimmes erahnen für die Zukunft

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Winkend einer düsteren Zukunft entgegen. Trumps erste Woche war ein Desaster
Winkend einer düsteren Zukunft entgegen. Trumps erste Woche war ein Desaster

Foto: Drew Angerer/Getty Images

Seit einer Woche ist Donald Trump nun neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, und es war eine verstörende Woche. Während die allermeisten Journalisten und Kommentatoren sich einigermaßen sicher waren, dass Trump nie all die pompösen Drohungen seines Wahlkampfes umsetzen würde, macht der neue Präsident sofort Nägel mit Köpfen: Der erste Schritt zu Abschaffung des Affordable Care Act (Obamacare) ist gemacht, der Mexiko-Mauerbau ist beschlossene Sache, der Bau der beiden Großpipelines Dakota Access und Keystone XL, die Obama aufgrund lokaler und landesweiter Proteste stoppte, ist wieder ins Rollen gebracht, staatliche Gelder für Institutionen, die Abtreibung anbieten oder darüber aufklären, sind eingefroren, ein viermonatiges Moratorium wurde beschlossen, während dessen Bürgern aus sogenannten „hauptsächlich muslimischen Ländern“ (darunter Irak, Iran, Syrien etc.) die Einreise in die USA kategorisch untersagt ist und Flüchtlinge im Allgemeinen abgewiesen werden, Waterboarding und Folter sollen wieder auf die Agenda kommen, und – für manche ein Lichtblick im Duster dieser ersten Woche – das pazifische Freihandelsabkommen TPP ist gestoppt. Viele dieser Maßnahmen müssen zwar noch durch den Kongress, das sollte aber angesichts der klaren Mehrheit der Republikaner in beiden Häusern kein größeres Problem sein.

Dass am Tag seiner Amtseinführung die ersten Sachen, die von der Website des Weißen Hauses als erstes verschwanden, ein Link zur Klimawandelthematik und einer zur LGBTQ-Community waren, ist kein Zufall. Sein Gruselkabinett aus Milliardären, Klimawandelleugnern und Goldman-Sachs-Bankern steht für alles, nur nicht für „den kleinen Mann“, dessen Anwalt Trump noch bei seiner Amtseinführung zu sein vorgab. Die neue Bildungsministerin Betsy de Vos, der nun die staatlichen Schulen unterstehen, kommt aus einer Privatschule und hat ganz offenbar keinerlei Ahnung von ihrem Job, wie auch Ben Carson, der die Aufsicht über den städtischen Wohnbau bekommen hat, der neue Energieminister Rick Perry wollte noch 2012 als Präsidentschaftskandidat eben jenes Ministerium abschaffen, der neue Außenminister ist der nun Ex-CEO des Ölmagnaten Exxon Mobile, Rex Tillerson, und hat in dieser Funktion einen Multimilliarden-Öldeal mit Russland vorbereitet. Der neue CIA-Chef Mike Pompeo will Edward Snowden exekutieren lassen ...

Es ist wahrlich eine grauenhafte Riege, die sich hinter Trump versammelt hat. Was immer man von Barack Obamas gemischter Bilanz als Präsident halten mag, es sieht immer mehr danach aus als schickten sich die Republikaner unter ihrem entfesselten Narzissten Trump an, alle positiven Errungenschaften der Obama-Administration auf den Kopf zu stellen oder abzuschaffen. Die Begnadigung hunderter wegen Drogenmissbrauch oder -besitz inhaftierter Menschen und die spektakuläre Haftverkürzung für die Whistleblowerin Chelsea Manning in den letzten Tagen von Obamas Amtszeit könnten am Ende die einzigen Aktionen sein, die Trump nicht rückgängig machen kann.

Doch nicht nur die tatsächlich politischen Schritte Trumps jagen einem einen Schauder über den Rücken: Seine erste executive order seiner Amtszeit war, den Tag seiner Amtseinführung zum „Nationalen Tag der patriotischen Hingabe“ zu erklären. Im Weißen Haus ließ er sofort Bilder von seinem Amtsschwur aufhängen und behauptet weiterhin, die Menschenmenge vor dem Capitol wäre die größte in der Geschichte der USA gewesen. Die offiziellen Zahlen sagen, dass Trumps Inauguration etwa 250.000 Menschen beiwohnten. 2008 waren es bei Obama 1.8 Millionen. Aber das interessiert weder Trump, noch seinen Pressesprecher Spicer, noch seine Beraterin Kellyanne Conway, deren „alternative Fakten“ zur weltweiten Lachnummer wurden. Doch über Trumps kompletter Aversion gegen die Realität zu lachen, kann ein fataler Fehler sein, der sich womöglich noch rächen wird.

Dass Trump von seinem „Krieg gegen die Presse“ faucht, mag dem einen oder anderen eine gewisse Genugtuung bringen, haben sich die Medien im Großen und Ganzen doch bei dieser Wahl wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert, doch dass Trump unhinterfragt auf seinem Twitter-Account hanebüchene Stories von Fox News weiterverbreitet, macht nur deutlich: Er hat nichts gegen die Presse. Er hat etwas gegen Kritik und Gegenwind. Bei einem CNN-Interview polterte er jüngst dass seine Amtseinführungs-Rede ein „Homerun“ gewesen wäre, a thing of beauty, und dass alle Medien die dem widersprächen, falsch lägen, denn Fox News fand die Rede gut. Es klingt wie aus einem sehr sehr schlechten Drehbuch, aber es ist leider die überhaupt nicht alternative Realität, auch wenn sie einem sehr alternativ vorkommt. Als einer seiner Kontrahenten in der Vorwahl sich über Trumps angeblich kleinen Hände lustig machte und ganz außerordentlich niveaulos andeutete, das könnte Aufschluss über seine Penisgröße geben, war Trump sich nicht zu schade, das Thema bei seinem nächsten Wahlkampfauftritt aufzugreifen und dem Publikum zu versichern, „da unten“ sei alles völlig in Ordnung.

Eine Menge Leute sind vermutlich immernoch davon überzeugt dass Donald Trump nur spielen will und Hillary Clinton die außenpolitisch schlimmere Wahl gewesen wäre. Doch wenn man sich genau ansieht, was Trump jetzt gerade tut und sagt, dann kann ich diese Einschätzung nicht mehr teilen. Er schickt sich sogar an, es sich mit Vladimir Putin doch noch zu verscherzen, indem er von no-fly zones in Syrien spricht, etwas wofür Clinton im Wahlkampf immense Schelte bekam – nicht zuletzt auch von Trump selbst. Und im Irak will er offenbar auch wieder kriegerisch einsteigen. Immerhin, die Konfrontation mit China bleibt bisher rein verbal. Bei all den Aspekten seines Wahlkampfes, die man positiv verbuchen konnte - „Drain the Swamp!“, Offenheit gegenüber der LGBTQ-Community, u.a. - scheint Trump eine 180-Grad-Drehung hinzulegen, so dass außer der Aufkündigung von TPP kaum noch etwas zurückbleibt, das im Sinne des Volkes wäre. Donald Trump ist eine absolute Katastrophe für die USA, und vermutlich auch für den Rest der Welt.

Die Demokraten präsentieren sich als komplett unfähig, dem etwas entgegenzusetzen. Lediglich Bernie Sanders und – zu einem weit geringeren Maß – Keith Ellison und Elizabeth Warren geben öffentlich deutlich Kontra. Sanders allein wird es nicht schaffen, Trump zu stoppen, und wenn die Demokraten weiterhin die Schuld an ihrem Wahldesaster weit von sich weisen, wie sie es bisher getan haben, dann kann Trump 2020 locker wiedergewählt werden. Wenn er nicht über seine eigene Inkompetenz und seinen Narzissmus stolpert. Doch dann wäre Mike Pence Präsident. Und der wäre keinen Deut harmloser.

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Geschrieben von

Ernstchen

Wortbürger. Musikmann. Mitmensch.

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