In der Filmkomödie "Idiocracy" (2006) von "Beavis and Butthead"-Schöpfer Mike Judge wacht ein amerikanischer Normalo 500 Jahre in der Zukunft auf und muss feststellen, dass in der vergangenen Zeit das intellektuelle Niveau in den USA drastisch gesunken ist und er mit Abstand der intelligenteste Mensch Amerikas ist. Der aktuelle Präsident hört auf den Namen Dwayne Elizondo Mountain Dew Herbert Camacho und ist ein halbwegs degenerierter Simpel.
2016 kandidiert Donald Trump für das Präsidentenamt, ein Mann der jüngst Belgien als "eine schöne Stadt" bezeichnete, die Environmental Protection Agency (EPA) in einer Rede "Department of Environmental" nannte und laut Sprachwissenschaftlern in seinen öffentlichen Auftritten den "Wortschatz eines Drittklässlers" verwende.
Ist Donald Trump ein dummer Mensch? War George W. Bush ein dummer Mensch? Ist eine solche Wertung überhaupt zulässig? Bush jr., da sind sich die meisten einig, war wohl ein eher naiver Normalo, kein Bösewicht, eher die Marionette von Vize Dick Cheney und dem Verteidigungsminister-Vize Paul Wolfowitz. Donald Trump scheint im Großen und Ganzen beratungsresistent zu sein, zu enorm ist sein Ego, um sich zu sehr von Interessengruppen instrumentalisieren zu lassen. Doch ist dieser Eindruck nicht doch nur das Ergebnis jahrzehntelanger cleverer Selbstdarstellung? Wenn Trump etwas kann, dann ist es Selfmarketing. Der fiktive Präsident Camacho hat mit "Montain Dew" einen Limonadenhersteller als Werbeträger im Namen, Trumps Name ist selbst der Werbeträger. Schon wird gewitzelt, dass im Falle Trumps Wahlsieges dessen Name in riesigen leuchtenden Lettern über dem Weißen Haus prangen werde.
Dass "The Donald" mit eher begrenztem Wissen über die Welt und die Politik aufwarten kann, hat er bewiesen. Ist das Desinteresse, fehlende Bildung? Im Gegensatz zu George W. Bush wirkt Trumps Unwissen weit gefährlicher, eben weil man ihm zutraut, sich nicht als Marionette durchs Amt leiten zu lassen. Seit seinen Kommentaren über einen Richter mit mexikanischen Wurzeln und seinem Vorschlag, Muslimen grundsätzlich die Einreise in die USA zu verwehren, was er nach dem Massaker in Orlando noch einmal unterstrich, bläst ihm aus der eigenen Partei wieder harter Gegenwind entgegen. Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, sprach ungewöhnlich klare Worte gegen Trumps Muslimepauschalurteil aus, und auch die Presse konfrontiert Trump unaufhörlich mit seinen eigenen Aussagen. Zuletzt verbannte Trump gar die Washington Post von seinen Wahlkampfauftritten und boykottiert das Blatt. Und seine Anhänger jubeln. Man kann sie förmlich "Lügenpresse!" rufen hören. Wie in Deutschland mit der AfD könnte es den Establishmentmedien gelingen, so jede Kritik an der Pressearbeit als Trump-Anhängerschaft umzudeuten und damit völlig zutreffende Pressekritik zu delegitimisieren.
Wie die Politik unter einem Präsident Trump wäre, ist ein Ratespiel. Just kündigte der leidenschaftliche Spätnachts-Twitternutzer an, mit der NRA über ein Verbot semiautomatischer Waffen, wie der Schütze von Orlando sie verwendete, zu reden. Undenkbar unter jedem anderen Republikaner. Er hatte jedoch vor einigen Monaten noch gepoltert, dass jegliche Regulierung beim Thema Waffenbesitz diktatorischer Verfassungsbruch sei und bei einem Wahlkampfauftritt nach dem Orlando-Massaker kristallgekugelt, dass weit weniger Menschen gestorben wären, wenn die Menschen im Club Pulse selbst bewaffnet gewesen wären. Ist Donald Trump ein politischer Flip-Flopper? Oder ist das gar zu weit gedacht und er sagt einfach grundsätzlich nur das, wovon er glaubt, dass seine Fans und die wütende Rechte es gerade in diesem Moment hören wollen?
Vielerorts, besonders unter Bernie Sanders nahestehenden Quellen, hört man, dass Hillary Clintons Politik potentiell gefährlicher (u.a. für den Weltfrieden) wäre als die von Donald Trump. Da Trump kaum etwas vorweisen kann, was den Namen "Wahlprogramm" verdienen würde, und Hillary Clinton ebenso mehr inhaltslose Allgemeinplätze von sich gibt denn konkrete Pläne (was daran liegen mag, dass sie an Obamas Politik kaum etwas ändern will), ist eine Abwägung darüber, wessen Politik gefährlicher wäre, ein Fischen im Trüben. Klar ist für viele nur: #NeverTrump
Ganz besonders rigoros arbeitet sich die progressive Senatorin Elizabeth Warren per Twitter an Trump ab. Bisweilen derart konzentriert, dass es den Eindruck macht, sie hielte sich für die einzige, die die Gefahr namens Trump in Worte fasse. Nun hat sie vor einigen Tagen auf MSNBC bei Rachel Maddow, einer der halbwegs integeren Journalistinnen der Mainstreampresse, Hillary Clinton ihre Unterstützung zugesagt und im gleichen Atemzug auch einigermaßen deutlich gemacht, dass sie starkes Interesse am Vizepräsidentinnenamt hat, was zunächst überrascht und auch etwas enttäuscht. Zumal Warren politisch Bernie Sanders weit näher steht als Hillary Clinton und sie auch eine eigene Präsidentschaftskandidatur letztes Jahr rigoros ablehnte. Laut eigener Aussage weil sie sich als Senatorin berufen fühle und nicht als Präsidentin. Nun also Vize?
Das müsste erstmal Hillary Clinton selbst wollen. Doch der schneidende Wind, der ihr von Seiten des progressiven Sanders-Lagers (wo #NeverHillary momentan eine Mehrheit hat) entgegenbläst, legt eine andere Strategie nahe: Clinton könnte es wagen, einen moderaten Republikaner vom Schlage eines Jeb Bush oder John Kasich als "Running Mate" zu nominieren. Auf der Seite der von Trump angewiderten Republikaner wird es womöglich einfacher sein, Stimmen zu fischen als im progressiven Lager, nicht zuletzt weil Hillary gemeinhin als moderate Republikanerin in der Demokratischen Partei gilt. Sie könnte somit eine breite Mitte für sich gewinnen, gegen die extreme rechte Ecke von Trump und das linke Lager, das sich schwer tut, sich damit anzufreunden, Clinton zu wählen und derzeit eher zur Grünen Jill Stein, Protest-Trump oder gar Wahlenthaltung neigt.
So unglaublich es scheinen mag, diese Wahl ist offen. Alles kann passieren. Auch Präsident "Mountain Dew" Trump, der Vorbote der Idiokratie.
Kommentare 10
Die Überschrift ist zutreffend.
Vor kurzem habe ich ein Statement eines Trump-Anhängers aufgeschnappt - ich zitiere:
" Trump ist zwar ein Arschloch, aber ich wähle ihn trotzdem"
Es gibt keine Mitte mehr in den USA. Sie wurde wirtschaftlich ausradiert. Die Skepsis, ja sogar der Hass gegnüber dem politischen Establishment tritt nun offen zu Tage und hat in Trump ihr Sprachrohr gefunden. Argumente und Sachkenntnis zählen da nur wenig bis gar nicht.
Trump verkörpert zweierlei. Es ist wirrschaftlich erfolgreich und hat sich nach oben geboxt. Er ist ein Siegertyp, der nichts mehr hasst als zu verlieren. Auf der anderen Seite gehört er nicht zum verhassten politischen Establishment. Ich halte ihn nicht für dumm, sondern seine Sprache erreicht die Leute, die er ereichen will. Er provoziert und beschimpft seine Gegner und ändert seine Meinung, wie es ihm gefällt. Das alles kommt bei seinen Anhängern gut an, weil sie in ihm jemand gefunden haben, der an ihrer statt Dampf ablässt. Trumpt erfüllt sozusagen eine Ventilfunktion für den Frust der weißen, politisch ungebildeten Bevölkerung, die mehr und mehr in die Defensive gedrängt wird.
Das könnte eng werden, wobei ich glaube. dass Clinton auch im republikanischen Lager punkten wird. Abgestimmt wird ja nach Staaten, insofern reicht eine knappe Mehrheit aus, um die Wahlmänner - und -frauen dieses Staates für sich zu gewinnen
Clinton ist mit Sicherheit die besssere von zwei (schlechten) Alternativen. Wenn sie Präsidentin wird, wird die USA eine altivere Rolle in der geostrategischen Ausrichtung der USA, auch militärisch betrachtet, einnehmen. Obama gilt als zögerlich und führungsschwach. Ich bin gespannt, wohin der Zug mit Clinton fahren wird.
Vielen lieben Dank für den Beitrag.
»Der Vorbote der Idiokratie«
Muß es nicht eigentlich »Idiotokratie« heißen ;-)?
>>Dass "The Donald" mit eher begrenztem Wissen über die Welt und die Politik aufwarten kann, hat er bewiesen. Ist das Desinteresse, fehlende Bildung?<<
Gottchen, der Dagobert Trump er erklärt halt seinen Leuten die Welt so, wie er will, dass die sie sehen.
>>...Dagobert Trump...<<
Donald heisst der
er erklärt
Die Selbst-Kastration der USA durch DT ist doch nur folgerichtig. Die Amis haben ohnhin keine Lust mehr, weltweit den Polizisten zu spielen. Verstaendlich, nach rundgerechnet 20 Jahren Krieg und immer verloren.
Darum geht's im naechsten Jahrzehnt nur noch um Innenpolitik, sprich weitere Verdummung (=Verarmung) der Bevoelkerung. Dafuer ist der DT doch genau richtig, oder?
Hillary und ihr Mann sind Fossile. Selbst wenn die gewaehlt werden, aendern wird sich nichts. Der Senat kann jede Entscheidung der Praesidentin verhindern. Wie in den letzten beiden Jahren.
Und ob DT diesmal oder in vier Jahren Praesident wird, ist doch eigentlich egal.
Hillary und ihr Mann sind Fossile. Selbst wenn die gewaehlt werden, aendern wird sich nichts.
Sicher. Wie zum Beweis berichtet der Spiegel von millionenschweren Gagen für die Clintons, bezahlt von der Deutschen Bank: "Zuletzt kassierte Hillary Clinton im Oktober 2014 für einen Auftritt bei der Deutschen Bank in New York 260.000 Dollar, ein halbes Jahr später gab sie ihre Kandidatur für die US-Präsidentschaft bekannt." Nichts spricht dafür, politische Sympathien für die Clintons zu hegen, wenn man sich zum demokratischen Spektrum rechnet.
"Ist Donald Trump ein politischer Flip-Flopper?" - was bzw. wer ist ein politischer flip-flopper? Ein politiker in vietnamesischen badelatschen?
Ein Flip-Flopper im amerikanischen Englisch ist auf Deutsch wohl soetwas wie ein Wendehals, der seine Meinung oder Position dauernd ändert.
Dass die Amis in Geoggraphie (und auch der Geschichte usw. usw.) nicht brillieren, sieht hört man an allen Ecken und Enden, wenn man durchs Land reist. Ich war ca. 8x da ... da überrascht mich nix mehr!
Elizabeth Warren - habs auch gelesesn und war, so wie Sie auch, von ihrer "Kehrtwendung" - viele aus dem ehem. Obamalager wollte sie stark für eine eigene Kandidatur stark machen und überzeugen - überrascht. Bim im Zweifel welches Kalkül dahinterstecken ma - ob sie nur auf das Amt spitzt oder auch sich große Chancen ausrechnet, ihre Politik, die mit Hillarys wenig gemein hat, durchsetzen zu können?
Es gibt einige "Drohungen" - ich meine eher Hinweise - dass man Hillary mit ihrem Engangement in Libyen klat stellen will. So weit ich darüber informiert bin, könnte dies damit leicht gelingen - aber was dann?
Sanders wird von den Demokraten bewusst verhindert - und Eilzabeth hat das Manko, dass sie nicht antreten wollte.
(Fast) allen US-Politikern ist gemein, dass sie kaum über den "Mid-West_Corn-Belt" hinausdenken können und somit als Weltpolizisten ziemlich ungeeignet sind: das schliesst Bush + Obama mit ein. Nicht nur deswegen sind sie Putin in vielen Belangen unterlegen.