Ein Hund wäscht den anderen

Korruption Die WM in Brasilien beginnt und das Wort Korruption ist wieder in aller Munde. Was für ein Glück dass uns hier in Deutschland sowas nicht passieren kann. Haha.

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Im kleinen heißt es „eine Hand wäscht die andere“, im großen prangt das furchteinflößende Wort „Korruption“ über allen Vorgängen in denen Entscheidungen durch Vorteilnahme oder Geldfluss beeinflusst werden. Die heute beginnende Weltmeisterschaft und der Verband FIFA lösen wieder weltweit Protest und Empörung aus, das ganze Ausmaß der Korruption in diesem Schreckensverein erfahren die meisten Menschen merkwürdigerweise aus Internetvideos von Satiresendungen (John Olivers „Last Week Tonight“ auf HBO oder unsere ZDF-“Anstalt“). Die hauptberuflichen Informationsvermittler in den Medien halten sich im Großen und Ganzen zurück, immerhin ist Deutschland ein Fußballland und man möchte kein Spielverderber sein.

Gibt man bei Wikipedia „Korruption“ als Suchbegriff ein, erscheint eine lustige kleine Grafik, eine Weltkarte auf der die verschiedenen Länder je nach „gefühltem Korruptionsgrad“ (hellblau=gering, tiefrot=hoch). Als wäre diese statistische Bebilderung von der NATO in Auftrag gegeben worden, ist eigentlich die ganze Welt rot. Bis auf Mitteleuropa, Großbritannien, Skandinavien, Nordamerika, Japan und Australien. Man sieht klar, wer die Guten sind auf der Welt. Schwer vorzustellen, wie eine hellblaue Nation wie die USA, in der Präsidentschaftskandidaten sich ganz hochoffiziell ihre Wahlkämpfe von der Wirtschaft oder einzelnen Milliardären finanzieren lassen, den geringstmöglichen Korruptionsgrad haben kann. Es zeigt also, dass wohl die USA nicht die am wenigsten korrupten sind, sondern diejenigen die am geschicktesten ihr Volk verblödet haben, so dass ihnen SuperPACs und das Citizens United Ruling völlig normal vorkommen.

Es scheint also so, dass die ganze Welt bis zum Hals in Korruption steckt. Was sagt uns das? Dass der ursprüngliche Vorgang („eine Hand wäscht die andere“) eine der Spezies Mensch inhärente Logik beinhaltet, die sich kaum überwinden lässt. Der Mensch ist von Natur aus korrupt. Im neutralen Sinn. Allerdings hat die Erfindung von Geld eine neue Dimension hinzugefügt, wie zu allem anderen problematischen auch. Statt einem leckeren Kuchen geben wir dem Handwasch-Partner Geld. Er könnte sich damit einen Kuchen kaufen. Oder aber eine Waffe.

Als Angela Merkel kurz nachdem sie sich in Brüssel gegen schärfere Emissionsgrenzwerte eingesetzt hat, bekam die Union einen dicken Scheck von BMW. Das war so dermaßen offensichtlich dass man meinen hätte müssen, ein Raunen, wenn nicht gar ein Aufschrei hätte durchs Land gehen müssen. Nichts dergleichen. Es scheint so als würden die Menschen sich an diese Vorgänge gewöhnen, als würden sie systematisch behutsam herangeführt, zwar zu wissen dass es „irgendwie Unrecht“ darstellt, aber es hinzunehmen als gegeben. Die Menschen haben sich daran gewöhnt, dass Reality TV schon lange keine realen Personen mehr filmt und konsumieren nun schlecht geschauspielerten, billig produzierten Dreck, weil sie ihn als gegeben hinnehmen. So ist halt Fernsehen. Und so ist halt Politik.

Und irgendwie können wir auch nachvollziehen dass die politische Welt so funktioniert, man kennt es eben auch im Kleinen. Doch aus irgendeinem Grund nimmt im Großen das Gespür für Verantwortung sogar noch ab, wo es doch zunehmen müsste. Wenn ich in einem Auto sitze passe ich doch auch besser auf dass ich kein Kind überfahre als wenn ich mit dem Tretroller unterwegs bin. With great power comes great responsibility. (Voltaire, Roosevelt, Churchill, Spiderman)

Doch wenn ich „power“ bei Google eingebe, kommt nicht „responsibility“ als Vorschlag, so wie bei Bettina Wulff „Prostituierte“ kam. Nein, ich muss sogar von „responsibility“ die ersten vier Buchstaben eingeben damit er es mir als Wortpaar vorschlägt, dieser Google. Man darf das nicht überbewerten, „power“ heißt nunmal auch „Strom“, aber es spricht dennoch Bände. Die Paarung Macht und Verantwortung scheint nicht naheliegend zu sein. Und das ist der Grund warum Korruption auf hoher Ebene etwas ganz anderes ist als das „eine Hand wäscht die andere“ aus der Nachbarschaft.

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Geschrieben von

Ernstchen

Wortbürger. Musikmann. Mitmensch.

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